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01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut

Titel: 01 Das Hotel im Moor 02 Alles wird gut
Autoren: Deborah Crombie
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deren Bronzetöne sich mit dem Scharlachrot des gemusterten Teppichs bissen. In der stillen Luft hing ein Geruch nach Möbelpolitur.
      Durch eine halboffene Tür zu seiner Linken konnte er die Stimme einer Frau hören. Sie sprach abgehackt, mit einer Art wütender Präzision. »Jetzt hören Sie mal, Sie widerlicher kleiner Schnüffler. Ich sag’s Ihnen zum letzten Mal, hören Sie endlich auf, mich zu bespitzeln. Ich hab’s satt, Sie dauernd dabei zu erwischen, wie Sie rumschnüffeln, wenn Sie meinen, keiner merkt’s.« Kincaid hörte die Frau nach Luft schnappen. »Was ich in meiner Freizeit tue, geht niemanden etwas an. Sie können von Glück reden, daß Sie’s bis dahin gebracht haben, wo Sie jetzt sind, bei Ihrer Ausbildung und Ihren besonderen Eigenschaften!« Sie legte Nachdruck auf die beiden letzten Worte. »Aber verlassen Sie sich drauf, ich werde dafür sorgen, daß Sie auch nicht einen Schritt weiterkommen. Sie haben sich getäuscht, wenn Sie sich eingebildet haben, Sie könnten einfach über mich hinwegsteigen.«
      »Das ist nun wirklich das letzte, was ich will!« Kincaid mußte unwillkürlich lächeln über das Innuendo in der Erwiderung des Mannes. »Hören Sie doch auf, Cassie. Was soll der Quatsch, hm? Nur weil Sie mit List und Tücke den Posten als Geschäftsführerin ergattert haben, sind Sie noch lange nicht der Scharfrichter. Außerdem«, fügte der Mann, der Stimme nach noch jung, mit einem Anflug von Bosheit hinzu, »würden Sie es gar nicht wagen, sich über mich zu beschweren. Mir persönlich ist schnurzegal, was Sie mit den Gästen treiben, aber ich glaube nicht, daß es sich unbedingt mit den Vorstellungen der Geschäftsleitung von einem gepflegten Landurlaub deckt. Ich bin schon echt gespannt, wie Sie das diese Woche hinkriegen wollen. Bäumchen Wechsel dich, hm?« Die Stimme war hell und hatte einen leichten nasalen Ton, mit einem Anklang des örtlichen Dialekts.
      Lautlos kehrte Kincaid zur Haustür zurück, öffnete sie und schlug sie kräftig zu, ehe er mit raschem Schritt durch den Flur ging, an die halb geöffnete Tür klopfte und sie öffnete.
      Die Frau stand mit dem Rücken zum Fenster hinter einem zierlichen Queen-Anne-Tisch, der offensichtlich als Empfang diente. Der junge Mann, mit dem sie gesprochen hatte, lehnte am Pfosten der gegenüberliegenden Tür, die Hände in den Hosentaschen, einen Ausdruck leichter Belustigung auf dem Gesicht.
      »Guten Tag. Kann ich Ihnen behilflich sein?« fragte die Frau und lächelte Kincaid mit einer Gelassenheit an, die nichts von der Wut verriet, die sich zuvor noch in ihrer Stimme manifestiert hatte.
      »Bin ich hier überhaupt richtig?« fragte Kincaid unsicher.
      »Wenn Sie Followdale House suchen, ja. Ich bin Cassie Whitlake, die Geschäftsführerin. Und Sie müssen Mr. Kincaid sein.«
      Mit einem Lächeln trat er ins Zimmer und stellte seinen Koffer ab. »Wie haben Sie das erraten?«
      »Schlichte Elimination. Der Sonntag ist unser üblicher Anreisetag, und alle anderen Gäste sind entweder schon da oder entsprechen nicht dem, was Ihr Vetter uns über Sie gesagt hat.«
      »Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn einem ein Ruf vorauseilt. Ich hoffe nur, was Sie gehört haben, war nicht allzu negativ.« Kincaid war erleichtert. Sie hatte ihn nicht mit seinem Titel angesprochen. Vielleicht hatte Jack es ausnahmsweise einmal geschafft, Diskretion walten zu lassen, und er würde seinen Urlaub als ganz gewöhnlicher britischer Bürger genießen können.
      »Im Gegenteil.« Sie zog die Augenbrauen hoch. Ihre höfliche Antwort erhielt dadurch einen Hauch von Koketterie, bei dem Kincaid sich mit Unbehagen fragte, was genau Jack über ihn erzählt hatte.
      Er musterte Cassie Whitlake mit Interesse. Hätte es jemand wirklich wissen wollen, hätte er auf Anfang Dreißig getippt, aber sie war ein Typ, bei dem es schwer war, das Alter zu schätzen. Sie war groß und feingliedrig, eine auf monochromatische Art aparte Frau. Ihr Haar und ihre Augen hatten die Farbe herbstlichen Eichenlaubs, ihre Haut war milchig hell, ihr einfaches Wollkleid hatte einen etwas intensiveren Farbton als ihr Haar. Ihm schoß der Gedanke durch den Kopf, daß sie die Chrysanthemen im Flur ausgesucht haben mußte - sie paßten vollkommen zu ihr.
      Der junge Mann hatte während des kurzen Wortwechsels seine lässige Pose beibehalten und das Gespräch mit raschen Kopfbewegungen, die an die eines Vogels erinnerten, verfolgt. Jetzt zog er die
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