Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0098 - Im Labyrinth der grünen Henker

0098 - Im Labyrinth der grünen Henker

Titel: 0098 - Im Labyrinth der grünen Henker
Autoren: Walter Appel
Vom Netzwerk:
Sektenveranstaltung.
    Gewiß wurden auch alle möglichen Zaubertränke verhökert. Doch im Grunde genommen konnte Zamorra nichts Böses darin sehen, solange der Aberglaube der Menge nicht verbrecherisch ausgenutzt wurde. Die Trommeln dröhnten lauter. Die Macumba-Priesterin schrie immer wieder die Namen Oguns, Baras und Jaras ins Mikrophon.
    Die Menge auf den Stehplätzen und Tribünen stimmte in die Litanei ein.
    »Ogun!« hallte es im Chor hinauf in den Nachthimmel. »Bara und Jara! Ihr Götter der Macumba, hört uns, erhört uns! Ogun, Bara und Jara, hört uns, erhört uns, Ogun, Bara und Jara!« Die monotonen Wiederholungen hatten etwas Zwingendes. Die Menge wurde in einen Bann geschlagen, den sie nicht mehr abschütteln konnte. Nicole Duval brachte ihren kirschrot geschminkten Mund nahe an Zamorras Ohr und rief laut, um sich verständlich zu machen: »Wenn die Macumba-Götter das nicht hören, müssen sie aber taub sein.«
    Bill Fleming, der junge blonde Historiker, schaute sich fasziniert um. Die Rufe brausten gen Himmel. Die Flammen loderten, der Trommelklang wurde wilder und hektischer. Ein paar Tänzerinnen taumelten schon und standen dicht vorm Zusammenbruch.
    »Was ist?« schrie Zamorra Kubitschek zu. »Warum tut sich nichts?«
    »Seltsam!« brüllte der durch den Lärm zurück. »Jetzt müßten schon die ersten den Geist der Götter spüren.« Zamorras Blick fiel auf eine dicke Frau direkt hinter der Absperrung am Rand des Spielfelds. Sie verdrehte die Augen, ballte die Fäuste, und dann schrie sie los wie am Spieß.
    »Cumbacho! Cumbacho! Es lebe der Drache der Finsternis! Ogun, Bara und Jara sind besiegt!«
    Sie schlug und trat um sich. Ihre Schreie wären im Stadion untergegangen, in dem sich Tausende von Menschen befanden. Doch jetzt wurde der verhaßte Name auch von anderen geschrien.
    »Cumbacho! Es lebe Cumbacho!«
    Eine barbusige Tänzerin warf sich auf dem Spielfeld nieder und schüttelte den Kopf ruckartig hin und her.
    »Cumbacho!« kreischte sie. »CuuummmbaaachoDooo!«
    Tumulte brachen los. Dutzende von Menschen drehten plötzlich durch und griffen alle in ihrer Nähe Befindlichen an. Mit Fäusten und Füßen, mit Zähnen und Fingernägeln, Messern und Flaschen wüteten sie wie Besessene.
    Joao da Costa hatte die Tribüne erstiegen. Er riß der Macumba-Priesterin mit dem gelben Kleid das Mikrophon aus der Hand und schrie um Ruhe. Er fuchtelte mit seinem silbernen Stab und bot seine ganze Autorität als oberster Macumba-Priester von Rio de Janeiro auf.
    Vergebens.
    Die Trommler kamen aus dem Rhythmus. Die Trommeln verstummten, und dann gellten nur noch wüste, ekstatische Schreie und wildes Gebrüll über das weite Rund.
    »Cumbacho!« schrie jetzt eine ganze Gruppe von über hundert Menschen. »Drache der Finsternis, du bist unser Herr!«
    Fünf Männer bemühten sich, die dicke Frau in Zamorras Nähe zu bändigen. Im Stadion von Iraja ging es drunter und drüber. Joao da Costa konnte sich nicht mehr verständlich machen.
    »Lyncht die Cumbacho-Anhänger!« wurde gebrüllt. »Sie sind Frevler, sie lästern Ogun, Bara und Jara! Schlagt sie tot!«
    Es kam zu Ausschreitungen, zu Panik und Schlägereien. Die Menschen waren kopflos. Der Hexenkessel konnte etliche Tote fordern. Die Brasilianer waren nicht umsonst für ihre Heißblütigkeit bekannt.
    »Chef!« schrie Nicole Zamorra ins Ohr. »Was tun wir jetzt?«
    Zamorra schaute sich um. Es war wie im Tollhaus oder im Bürgerkrieg. Angst hatte Zamorra keine. Aber er fragte sich, wer dieses Tohuwabohu verursacht hatte und wie. Ein Mann flankte über die Barriere. Er war besessen. Die Augen vorquellend, den Mund weit aufgerissen, stürzte er brüllend auf Zamorra, Bill und Nicole zu, eine Flaschenscherbe in der erhobenen Rechten.
    »Cumbacho!« brüllte er aus Leibeskräften.
    Castelo Kubitschek zog den 38er. Doch Bill Fleming stieß ihn zur Seite.
    »Nicht schießen, Mann!«
    Bill trat dem Tollwütigen entgegen und versetzte ihm einen Bilderbuch-Kinnhaken. Der Mann stürzte, und jeder Ringrichter hätte bis Hundert und weiter zählen können, ohne daß er wieder aufgestanden wäre. Bill massierte die Knöchel.
    »Für ihn hat es sich aus-cumbachot!« sagte er sarkastisch.
    Die meisten der dreißig Tänzerinnen wanden sich am Boden. Die Besessenheit sprang auch auf die Trommler über, die sich über ihren Trommeln krümmten. Sie hämmerten darauf los und schrien Cumbachos Namen.
    Eins der vier brennenden Ölfässer stürzte um, und die feurige Brühe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher