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009 - Der Folterknecht

009 - Der Folterknecht

Titel: 009 - Der Folterknecht
Autoren: Dämonenkiller
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unbeschriebene, vergilbte Pergament. Auf der zweiten Seite fand er dann eine handschriftliche Notiz. Er mußte sie zweimal lesen. Sie war in frühem Neuhochdeutsch abgefaßt.
    Wie ich mich dem Teifel verschrieben habe und von ihm gedaufft worden, und warumben ich nach Konstanz gefahren.
    Unterzeichnet war der Text mit Baron Nicolas de Conde.
    Dorian überflog die Seiten und erkannte, daß er die Tagebuchaufzeichnungen dieses Barons vor sich hatte. Die erste Eintragung stammte vom 21. Januar 1485 und schilderte die Erlebnisse des Barons von der Mitte des vergangenen Dezembers an. Dorian fand es merkwürdig, daß ein französischer Baron sein Tagebuch in deutscher Sprache schrieb; doch nach einer oberflächlichen Sichtung des Textes war ihm klar, daß der Baron hatte verhindern wollen, daß seine Aufzeichnungen von jedermann verstanden werden konnten.
    Der Dämonenkiller konnte sich nicht erinnern, schon jemals dieses Dokument gelesen zu haben. Warum war ihm ausgerechnet dieses Tagebuch in die Hände gefallen? Wollte ihm der Hermaphrodit damit einen Hinweis geben?
    Dorian hatte sich in sein Haus zurückgezogen, um mit Hilfe der alten Schriften die Vergangenheit zu durchforschen. Bisher war er dem Fürsten der Finsternis noch nicht besonders lästig geworden, doch durch die Ermordung der Hexe Reuchlin und die Geschehnisse in Hongkong war Asmodi persönlich herausgefordert worden; jetzt konnte er dem Treiben des Dämonenkillers nicht mehr gelassen zusehen. Wenn Dorian auch nur die geringste Überlebenschance haben wollte, mußte er Asmodi zuvorkommen. Doch kam man an den Fürst der Finsternis nicht so leicht heran. Das Oberhaupt der Schwarzen Familie hatte einen fast undurchdringlichen Schutzwall um sich gezogen, um sich vor Angriffen von außen wie vor Anschlägen aus den eigenen Reihen zu schützen. Es gab nur einen Weg, Asmodi, der wahrscheinlich schon einige Jahrhunderte an der Macht war, beizukommen: Man mußte seine Identität herausfinden, seinen wahren Namen, seinen Geburtsort und sich so viele Daten wie nur möglich über seine Person beschaffen. Und diese hoffte Dorian in den Unterlagen über die Hexenprozesse und in anderen Dokumenten seiner Sammlung zu finden. Vielleicht half ihm auch das Tagebuch des Barons de Conde weiter, in dem schon auf den ersten Seiten ein Hexensabbat beschrieben wurde, den Asmodi geleitet hatte.
    Dorian kam immer mehr zu der Überzeugung, daß der Hermaphrodit ihm einen seiner orakelhaften Hinweise gegeben hatte. Unverständlich blieb nur, warum Phillip versucht hatte, das Tagebuch zu zerreißen.
    Der Bericht über den Hexensabbat auf dem Eulenberg nahe von Nancy unterschied sich grundlegend von anderen zeitgenössischen Schilderungen. Dorian hatte schon viele Aufzeichnungen über Hexensabbate aus der Zeit der Inquisition gelesen, doch enthielten sie durchwegs der Phantasie entsprungene Ausschmückungen, so daß sie im Endeffekt nichts als märchenhafter Unsinn waren. Was er jedoch hier las, war authentisch, das erkannte er sofort. Baron de Conde hielt sich an Tatsachen. Dorian sah das wilde Treiben auf dem Eulenberg bildhaft vor sich.
    Ihm wurde kalt, und er drehte die Heizung auf. Als er sich wieder niedersetzen wollte, läutete das Telefon. Verärgert über die Störung wollte er sich zuerst nicht darum kümmern; er hatte seinen Leuten ausdrücklich gesagt, daß er nicht gestört werden wolle, und sonst wußte niemand etwas von seinem Aufenthalt. Nach dem sechsten Läuten verstummte das Telefon, doch schon nach wenigen Sekunden versuchte der Anrufer es erneut.
    Dorian hob den Hörer ab und wollte dem Störenfried gehörig die Meinung sagen, doch seine Stimmung schlug sofort um, als sich der Anrufer mit Namen meldete: »Hier ist Olivaro. Ich muß Sie sofort sprechen, Mr. Hunter.«
    »Was ist geschehen?« fragte Dorian irritiert. »Wo sind Sie jetzt?«
    »In London. Ich bin vor einer Stunde angekommen. Ich hatte letzte Nacht einen Traum, der mich veranlaßt hat, mich sofort mit Ihnen in Verbindung zu setzen.«
    »Einen Traum?« wunderte sich Dorian. »Welchen Traum?«
    »Beantworten Sie mir zuerst eine Frage. Womit beschäftigen Sie sich gerade?«
    »Ich durchstöbere gerade meine Bibliothek nach Unterlagen über Asmodi«, antwortete Dorian verständnislos.
    »Habe ich es mir doch gedacht«, unterbrach Olivaro ihn. »Lassen Sie die Vergangenheit ruhen, Mr. Hunter! Versprechen Sie mir, daß Sie in dieser Richtung nichts mehr unternehmen – zumindest so lange nicht, bis ich mit Ihnen
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