Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
009 - Der Folterknecht

009 - Der Folterknecht

Titel: 009 - Der Folterknecht
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
setzte. »Hast du irgend etwas Verdächtiges entdeckt? Ist dir etwas aufgefallen, was du mir mitteilen möchtest?«
    Phillip machte eine fahrige Handbewegung und legte Dorian einen Finger auf den Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen. Er schien zu lauschen.
    »Viele Stimmen«, sagte er schließlich entrückt.
    »Was für Stimmen sind das, Phillip?«
    Der Hermaphrodit verzog das Gesicht und breitete die Arme aus, als wollte er mit dieser Geste die gesamte Bibliothek umfassen.
    »Die Stimmen sind überall?« fragte Dorian.
    Phillips Lippen bewegten sich, aber kein Laut kam darüber. Er wandelte zum Bücherregal, und plötzlich zuckten seine Hände vor, und er stieß wie in Ekstase die Bücher reihenweise aus dem Regal. Da es sich durchwegs um wertvolle, Hunderte von Jahren alte Werke handelte, die kaum mehr zu beschaffen waren, packte Dorian Phillip von hinten an den Armen. Wenn er ihn nicht gewaltsam zurückgehalten hätte, hätte der Hermaphrodit womöglich noch die gesamte Bibliothek verwüstet. Obgleich Dorian ungleich stärker als der zierlich gebaute Phillip war, kostete es ihn doch einige Anstrengung, Phillip zu einem Sessel zu schleppen und dort hineinzudrücken.
    In diesem Augenblick ertönte in Dorians Rücken ein Schrei. Gleich darauf zerrte jemand von hinten an ihm, und etwas wurde ihm in schneller Folge auf den Kopf geschlagen. Es war Miß Pickford, die sich in einem hysterischen Anfall auf Dorian gestürzt hatte und ihn mit ihrem Schirm traktierte. Dorian konnte sich nur durch einen Rückzug vor weiteren Schlägen retten.
    Während sie sich fürsorglich um Philipp kümmerte, der schwer atmend in dem Sessel saß und sich erst bei Miß Pickfords Erscheinen beruhigte, herrschte sie Dorian an: »Was fällt Ihnen ein, sich an dem wehrlosen Jungen zu vergreifen, Mr. Hunter? Wenn sich Aggressionen in Ihnen angestaut haben, dann reagieren Sie sich an den Dämonen ab! Aber lassen Sie die Finger von Phillip! Wenn ich noch einmal erlebe, daß Sie ihn psychisch und physisch quälen, dann werde ich dafür sorgen, daß Ihnen die Vormundschaft entzogen wird.«
    »Ach, halten Sie den Mund!« sagte Dorian ärgerlich. »Sie stürmen da wie eine Furie herein und haben überhaupt keine Ahnung, worum es eigentlich geht. Ich glaube, Phillip war gerade dabei, mir einen Hinweis zu geben.«
    »Sie wollten wohl Informationen aus ihm herausprügeln?«
    »Dorian wollte nur verhindern, daß …«, versuchte Chapman zu vermitteln, aber Miß Pickford schnitt ihm das Wort ab.
    »Sie! Sie stecken doch mit diesem Folterknecht unter einer Decke!« Miß Pickford wandte sich wieder Phillip zu, der sich im Sessel wand. »Was wolltest du uns mitteilen, Phillip? Du brauchst dich nicht mehr zu fürchten. Ich bin jetzt bei dir. Hast du uns etwas mitzuteilen?«
    »Lassen Sie ihn doch in Ruhe!« herrschte Dorian sie an. »Sehen Sie denn nicht, daß Ihre Anwesenheit ihn hemmt? Ihre Betulichkeit schadet ihm mehr, als wenn ich ihn hart anfasse.«
    »Solange ich bei Phillip bin, werde ich nicht zulassen, daß Sie bei ihm Ihre mittelalterlichen Methoden anwenden«, entgegnete sie würdevoll.
    Sie hatte kaum ausgesprochen, als Phillip aus dem Sessel hochsprang, Miß Pickford zur Seite stieß und sich auf den Berg von Büchern stürzte. Er bekam ein kleines, in Leder gebundenes Büchlein zu fassen und wollte es in Stücke reißen. Dorian konnte gerade noch hinzuspringen und ihm den Lederband entwinden. Phillip gebärdete sich daraufhin wie verrückt; erst als sich Miß Pickford einschaltete, beruhigte sich der Hermaphrodit wieder.
    »Komm, Phillip!« Sie sprach begütigend auf ihn ein. »Wir verlassen am besten dieses schreckliche Haus.« Sie sah Dorian angriffslustig an. »Sie haben hoffentlich nichts dagegen, wenn ich Phillip in die Sicherheit der Jugendstilvilla zurückbringe, Mr. Hunter.«
    »Gehen Sie nur ruhig«, seufzte er. Und als sie außer Hörweite war, fügte er grimmig hinzu: »Hoffentlich wird sie einmal von einem Vampir gebissen, damit ich sie pfählen kann.«
    »Na, na«, sagte Donald Chapman besänftigend. »So schlimm ist sie nun auch wieder nicht. Gerechterweise muß man sagen, daß sie auch ihre guten Seiten hat. Du bist heute aber besonders gereizt, Dorian. Ist wohl besser, dich allein zu lassen. Ich melde mich wieder.« Er stieg behende von der Leiter herunter und verließ die Bibliothek.
    Als Dorian allein war, entsann er sich wieder des schmalen Buches in seinen Händen. Er schlug die erste Seite auf und starrte auf das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher