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0086 - Kreuzfahrt der Skelette

0086 - Kreuzfahrt der Skelette

Titel: 0086 - Kreuzfahrt der Skelette
Autoren: Friedrich Tenkrat
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dazu da, um ihm eine Freude zu machen. Wir haben schließlich noch nicht Weihnachten.«
    »Darf ich etwas sagen?«
    »Nur zu, Glenda.«
    »Sie arbeiten zuviel, John.«
    »Ach, bitte, könnten Sie das nicht einmal bei passender Gelegenheit während einer Unterhaltung mit dem Chef einfließen lassen.«
    »Wenn die Rede darauf kommt, stellt sich Sir Powell doch taub.«
    »Man muß ihm aber zugute halten, daß er von seinen Leuten niemals mehr als von sich selbst verlangt.«
    »Das ist richtig, John. Aber es gibt nicht viele Beamte, die das aushalten.«
    »Ich weiß, ich bin einer der wenigen…«
    »Wann haben Sie sich zum letztenmal im Spiegel gesehen, John.«
    »Heute morgen. Beim Rasieren. Warum?«
    »Haben Sie sich gefallen?«
    »Es geht.«
    »Sie sehen müde aus, John. Sie sollten ein paar Tage Urlaub nehmen.«
    »Ich werde es mir überlegen.«
    »Ich meine es gut mit Ihnen, John.«
    »Das weiß ich, Glenda.«
    Das Telefon schlug an. Glenda Perkins griff mit ihrer schlanken Hand nach dem Hörer. Sie mochte mich. Ich hätte vieles von ihr haben können. Auch ich hatte Glenda gern. Aber da gab es noch Jane Collins. Sie hätte mir die Augen ausgekratzt, wenn ich Glenda… Naja, vergessen wir das.
    Glenda sprach nur ein paar Worte. Als sie den Hörer in die Gabel zurücklegte, sagte sie achselzuckend: »Aus Ihrem Urlaub scheint nichts zu werden, John.«
    »Wieso nicht?«
    »Der Chef hat Sehnsucht nach Ihnen.«
    »Aufgeschoben ist nicht aufgehoben«, meinte ich und verließ Glendas Vorzimmer.
    Kurze Zeit später betrat ich das Büro des Superintendenten. Sir Powell – leicht übergewichtig, mittelgroß, braunes dünnes Haar und Brillenträger – erhob sich und kam hinter seinem Schreibtisch hervor.
    »Hallo, John.«
    »Sir Powell.«
    »Sie sehen blendend aus.«
    »Meine Sekretärin ist da ganz anderer Meinung.«
    Der Superintendent winkte unwillig ab. »Glenda Perkins sieht Sie nicht mit meinen Augen.«
    »Da haben Sie allerdings recht, Sir.«
    »Sie strahlen Tatendrang und Vitalität aus.«
    »Mit anderen Worten, Sie haben einen neuen Auftrag für mich, Sir.«
    Mein Vorgesetzter stockte kurz. Dann nickte er und sagte: »So ist es, John.«
    »Was liegt an?« erkundigte ich mich.
    »Wie würde Ihnen ein Ausflug nach Harwich gefallen?«
    »Kommt darauf an, was mich in Harwich erwartet, Sir.«
    Powell schob mit dem Zeigefinger die Brille mit den dicken Gläsern zurück. »Was Sie in dem kleinen Ort erwartet, weiß ich selbst noch nicht so genau, John. Ich finde lediglich, man sollte einem Gerücht nachgehen, wenn es sich so hartnäckig hält wie dieses.«
    »Wie welches, Sir?«
    »Vor der englischen Küste – genauer: in der Nähe von Harwich – soll ein altes Kauffahrteischiff kreuzen. Ein Schiff, das schon lange nicht mehr in unsere Zeit paßt. Ein Museumsstück. Besetzt von skelettierten Piraten…«
    Ich horchte auf. Bisher hatte mich Sir Powells Geschichte nicht angesprochen.
    Seine Story war mir nicht unter die Haut gegangen.
    Doch als der Superintendent die skelettierten Piraten erwähnte, änderte sich dies schlagartig. Ich war begierig, mehr zu erfahren.
    »Einige Zeitungen haben dieses Gerücht bereits aufgegriffen«, fuhr Sir Powell fort.
    »Und es wohnen Seeleute in Harwich, die Stein und Bein darauf schwören, diesem Totenschiff begegnet zu sein. Seemannsgarn, John? Ich kann es nicht glauben. Ich finde, wir sollten uns um dieses Gerücht rechtzeitig kümmern. Es wäre schlimm, wenn wir uns irgendwann einmal Vorwürfe machen müßten, sich dieser rätselhaften Geschichte nicht rechtzeitig angenommen zu haben.«
    Sir Powell hatte recht.
    Man konnte nicht vorsichtig genug sein. Oft schon hatten Menschen die Vorzeichen drohenden Unheils ignoriert und mußten für diesen Leichtsinn teuer bezahlen.
    »Ich werde mich nach Harwich begeben und da mal nach dem rechten sehen, Sir«, versprach ich.
    »Unterhalten Sie sich mit den Seeleuten. Finden Sie heraus, was es mit diesem Piratenschiff auf sich hat, John. Und schicken Sie die Skelette zur Hölle, falls es sie wirklich geben sollte.«
    Das war ein klar umrissener Auftrag. Der Superintendent und ich wußten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie schwierig es werden würde, ihn auszuführen.
    Sir Powell drückte mir zum Abschied die Hand. Er wünschte mir gutes Gelingen und entließ mich.
    Zehn Minuten später verließ ich das Yard Building. Ich fuhr nach Hause, stoppte meinen silbergrauen Bentley vor dem Apartmenthaus, in dem ich wohnte, fuhr mit dem Lift nach oben
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