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0086 - Das Floß der Verdammten

0086 - Das Floß der Verdammten

Titel: 0086 - Das Floß der Verdammten
Autoren: Dieter Saupe
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er den Küstenstreifen vor sich. Da stieß er einen Schrei aus, dass alle anderen auffuhren und ihn umringten.
    »Was ist?«, fragten die Männer durcheinander.
    »Land, da vom!«, schrie Barber erleichtert aus.
    »Kennst du die Küste?«, fragte Benson.
    »Wie die Hosentasche in meinem Seemannsanzug«, gab Barber zurück. »Es ist die Insel Anegada. Sie gehört zu den Jungferninseln.«
    »Also doch«, stieß Simba genüsslich hervor. »Macht euch fertig, Männer, die kleinen Mädchen warten schon.«
    Die anderen hörten nicht auf ihn.
    Moreno Garcera hockte sich am Rand des Floßes nieder und begann, kräftig mit dem rechten Arm im Wasser zu rudern.
    »Was soll das?«, fragte Henk Barber verärgert. »Lass den Blödsinn, Kleiner!«
    »Wir könnten die Arme wie Ruder gebrauchen«, verteidigte sich der junge Mulatte. »Dann kämen wir schneller voran.«
    »Unsinn, lass das sein! Es sind noch einige Meilen bis zu der Insel. Wir wären fertig, wenn wir so vorankommen wollten. Wir treiben nur langsam darauf zu, aber wir wissen, wohin wir kommen.«
    »Wenn der Wind nicht dreht«, gab Benson zu bedenken.
    Henk Barber nickte stumm. Auch er hatte schon daran gedacht.
    »Am Tage dreht der Wind hier selten«, versuchte er die anderen zu beruhigen.
    Im gleichen Augenblick spürten sie die heftige Bewegung unter dem Floß. Und gleich darauf wurde das schwache Brettergerüst hochgehoben, klatschte anschließend wieder aufs Wasser.
    »Was ist das?«, fragte Jean Delay erschrocken. »Kann das ein Wal gewesen sein?«
    »Hier gibt es keine Wale«, sagte Henk Barber, und seine Stimme klang rau und belegt.
    »Und was war es dann?«, fragte Moreno Garcera.
    »Entweder der Teufel, oder seine Großmutter«, gab Simba Simba trocken zurück.
    Aber jeder ahnte, dass etwas anderes ihr Floß fast zum Kentern gebracht hatten. Sie sollten nur noch wenige Stunden warten…
    ***
    Minutenlang schwiegen die sechs Männer. Sehnsüchtig sahen sie nach vom, wo der Küstenstreifen der Insel zu erkennen war. Ein dünner Strich nur, aber er verhieß ihnen Rettung. Die Insel war bewohnt. Dort würde es Wasser und Proviant geben. Und eines Tages würde ein Schiff sie mitnehmen. Jeder von ihnen würde in seine Heimat zurückkommen. Auf einem neuen Schiff anheuern. Auf einem richtigen Schiff und nicht auf einem alten gefährlichen Kasten wie der Gran Caribe.
    Die Nachmittagshitze ließ die Augen der Männer fiebrig aufleuchten. Es war das Fieber der Vorfreude.
    Aber da war noch etwas anderes in ihren Blicken.
    Die Angst. Die nackte, blanke Angst.
    Wer hatte vorhin das Floß angehoben und aufs Wasser zurückfallen lassen? Wer, wenn es nicht einer der mächtigen Wale war, verfügte über solche Kräfte?
    Gab es hier Seeungeheuer? Wie sie sonst nur in den alten Erzählungen der Seeleute herumspukten?
    Niemand stellte die Frage offen. Jeder der Männer hing seinen eigenen Gedanken nach.
    Das Fieber in den Blicken nahm zu. Die Lider brannten unter der gnadenlosen Hitze des Sonnenlichts. Wie gebannt starrten die Augen nach vom.
    Aber die Brise ging langsam über dem Floß hinweg und berührte das notdürftige Fahrzeug kaum. Sie würden Stunden brauchen, bis sie die Insel Anegada erreichen konnten.
    Stunden, viele Stunden in ihrer Angst.
    Aber vorläufig geschah nichts mehr.
    Sie ahnten nicht, dass dieses gefährliche Wesen weiterhin unter ihnen dahinschwamm. Es lauerte auf seine Stunde, und es hatte keine Eile. Das Floß mit den Männern war in seiner Gewalt, solange es in Sicht blieb.
    Nur Jean Delay hatte einen Verdacht, eine leise Ahnung. Aber er sprach sie nicht aus. Er sah auf den Seesack Henk Barbers. Zu gern hätte er gewusst, wie der Inhalt dieses Seesacks aussah.
    Sobald er Klarheit darüber haben könnte, würde er auch sagen können, wer das unheimliche Wesen aus der See war.
    Denn er kannte die Zusammenhänge. Es war nicht das erstemal, dass dieses riesenhafte Ungeheuer zugeschlagen hatte. Es war ein Klumpen aus Scheußlichkeit und Gewalt, halb Mensch, halb Tier oder Riese. Und Delay kannte seinen Namen. Und er wusste auch, was das Ungeheuer aus der Tiefe wollte.
    Wenn sich das in Barbers Seesack verbarg, was Delay vermutete, dann müsste man diesen Seesack mit seinem Inhalt dem Meer übergeben.
    Jean Delay, der Mann aus Martinique, sah auf den Funker. Er war versucht, ihn zu fragen. Aber noch zögerte er.
    Noch teilte er die Hoffnung der anderen, die rettende Insel zu erreichen.
    Deshalb ließ er seine Frage unausgesprochen.
    Die Zeit, wo er sie
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