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0086 - Das Floß der Verdammten

0086 - Das Floß der Verdammten

Titel: 0086 - Das Floß der Verdammten
Autoren: Dieter Saupe
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stellen konnte, würde bald kommen.
    Dann sah er, wie Barber sich müde über Stirn und Augen fuhr. Die Wache auf dem eintönigen Meer, die Mittagshitze hatten ihm zugesetzt.
    Delay sah, wie Barber halb aufs Floß sank und halb sich niederließ. Schwäche, dachte er. Der Durst und die Schwäche.
    Da erhob sich Ben Benson.
    »Ich habe die Wache, Henk«, hörte Jean Delay ihn sagen.
    In diesem Augenblick stöhnte Barber auf. Er streckte alle viere von sich und blieb regungslos liegen.
    Benson deckte ein Taschentuch über das Gesicht des Funkers. Ein wenig würde es die Sonnenglut abhalten.
    Aber nur ein wenig. Alle spürten, dass sie nicht mehr lange aushalten würden.
    ***
    Henk Barber fiel in einen tiefen, alptraumartigen Schlaf.
    Eine Stunde verging, ohne dass jemand ein Wort sprach. Hin und wieder stand einer der Männer auf, sah nach vom.
    Die Insel schien kein Stück näher zu kommen. Leise fluchend ließen sich die Männer wieder nieder, manchmal hockten sie sich hin, dann wieder nahmen sie eine sitzende Stellung ein, und dann wieder warfen sie sich längs auf die Planken und Bohlen des rohen Floßes.
    Dann aber hielt es Jean Delay nicht mehr aus. Er stand auf, trat neben Ben Benson.
    »Was denkst du über den Fisch?«, fragte er ihn.
    Benson sah fragend auf den Mechaniker aus Martinique.
    »Fisch?«, brummte er nur. »Was für’n Fisch?«
    »Vorhin, vor einer Stunde. War das ein Fisch, der das Floß hochgehoben hat?«
    Forschend sah Delay auf den Engländer. Er wusste, wie wortkarg der war. Aber er hoffte, ihn aus der Reserve zu locken.
    »Es war kein Fisch, nicht wahr?«, bohrte Delay weiter.
    Benson brummte nur etwas Unverständliches.
    »Kennst du den Namen Ukupa?«, fragte Jean Delay.
    Ben Benson gab keine Antwort. Er schüttelte nur den Kopf.
    »Ukupa Lupa«, sagte Delay. »Schon mal gehört von ihm?«
    Wieder das Kopfschütteln Ben Bensons.
    »Weißt du zufällig, was Barber in seinem Seesack hat?«, fragte Delay weiter.
    Benson ließ sich endlich zu einer Antwort herab. Aber sie klang sehr zurechtweisend.
    »Ist seine Sache, Jean. Geht mich nichts an. Und dich auch nicht.«
    »Er ist auf die Insel gefahren, als wir vor den Caicos-Inseln lagen. Er hat ein Boot genommen und ist hinübergefahren. Zu der kleinen Insel, Ben. Du weißt es auch, du hast ihn beobachtet.«
    lien Benson gab keine Antwort. Aber Jean Delay gab nicht auf.
    »Der Sack war leer, als er im Beiboot wegfuhr, Ben. Und als er wiederkam, war der Sack voll. Voll, und ziemlich schwer. Ich habe so eine Vermutung, Ben.«
    Der Engländer von den Bahamas reagierte nicht. Starr und unverwandt sah er nach vom. Es kam Delay so vor, als wollte der andere Meer und Insel hypnotisieren. Er wollte die Entfernung verkürzen, die Insel sozusagen heranholen.
    »Eine Meile etwa«, sagte Delay. »Eine Meile in zwei Stunden. Mehr haben wir nicht zurückgelegt. Und wenn die Sonne so weiterbrennt, sind wir verdurstet, bevor wir dort ankommen. Und wenn Ukupa Lupa uns beobachtet, kommen wir niemals dort drüben an.«
    »Halt die Schnauze!«, zischte Ben Benson plötzlich.
    »Du glaubst wohl nicht an Ukupa?«
    Benson schwieg sich wieder aus.
    »Er wird uns fressen. Einen nach dem anderen. Er holt uns ins Wasser und zermalmt uns. Und was Henk in seinem Sack hat, das holt er sich zurück.«
    Lauernd sah Jean Delay auf den Engländer. Aber der blieb wieder stumm und gelassen.
    »Es interessiert dich nicht, was?«, versuchte es Jean Delay wieder.
    Als Ben Benson schwieg, schoss er seinen Triumph ab.
    »Gold«, presste er zwischen den Zähnen hervor. »Es ist Gold, Ben. Inkagold. Hier, vor den Antillen, sind viele hundert großer und kleiner Schiffe untergegangen. Alle mit Gold beladen. Keiner weiß, wie viele es sind. Ein paar davon hat man gefunden. Und der Kapitän der Gran Caribe kannte eine Insel, wo man Gold gefunden und versteckt hat. Henk Barber hat sich etwas davon geholt. Aber Ukupa Lupa ist auf der Wacht. Er ist der Wächter über das Inkagold. Du glaubst mir nicht, Ben, nicht wahr?«
    »Halt die Schnauze, Delay!«, war Bensons bissige Antwort.
    Da gab Jean Delay auf.
    Er versuchte nicht mehr, den Engländer zu überzeugen.
    Aber er blieb neben ihm stehen. Er beobachtete den anderen aus den Augenwinkeln.
    »Ganz schön heiß, was?«, stichelte er, als er sah, wie der Schweiß über Bensons Gesicht lief. Immer wieder musste Ben Benson die heißen, feuchten Spuren beseitigen, um klare Sicht zu behalten.
    »Ich löse dich ab, Benson, wenn du nicht mehr sehen
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