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0083 - Als die Knochenreiter kamen

0083 - Als die Knochenreiter kamen

Titel: 0083 - Als die Knochenreiter kamen
Autoren: A.F. Morland
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verbeißen, doch als er mit dem gebrochenen Bein gegen das Wagenblech stieß, entfuhr ihm ein gepreßter Schrei, den er nicht unterdrücken konnte.
    Parandeh schloß die Zündung kurz.
    Der Jeepmotor knurrte los.
    »Mach schnell!« ächzte Hamad, während er versuchte, sein Bein in eine Lage zu bringen, in der die Schmerzen wenigstens einigermaßen zu ertragen waren.
    »Wohin?« fragte Parandeh, während er den Jeep anfahren ließ. Sie hatten noch keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken, wohin ihre Flucht gehen sollte. Das Geschenk der Freiheit war ihnen so unverhofft in den Schoß gefallen, daß sie von den Ereignissen einfach überrollt worden waren.
    »Egal!« keuchte Hamad. »Nur mal fort von hier und raus aus der Stadt. Halte einfach auf das Gebirge zu.«
    Und Hamad hatte diesen Rat befolgt.
    Irgendwann war Hamad plötzlich ein Name eingefallen: »Chana!« rief er erfreut aus.
    »Was ist?« fragte Parandeh verwirrt. Der Jeep hatte die ersten Steigungen genommen. Sie hatten inzwischen die Ausläufer des Elbursgebirges erreicht. Die Straße war schlecht. Der Wagen tanzte auf den vielen Buckeln, und Hamad brüllte immer wieder vor Schmerz laut auf.
    »Verdammt noch mal, fahr doch vorsichtiger! Mein Bein…!«
    »Wenn dir meine Fahrweise nicht zusagt, kannst ja du dich ans Steuer setzen!« fauchte Parandeh ärgerlich.
    Und nun hatte Hamad plötzlich diesen Namen herausgeplärrt, mit dem Parandeh nichts anzufangen wußte. Chana. Was sollte das sein? Der Name eines Dorfes? Ein Fluß? Ein Landstrich?
    Hamad lieferte die Erklärung: »Erinnerst du dich noch an das, was ich dir in der Zelle erzählt habe, Tehar?«
    »Du hast mir so vieles erzählt.«
    »Ich sprach auch von meinen Jahren in Teheran.«
    »Ja.«
    Hamad wischte sich den Schweiß, der sich mit dem Staub der unbefestigten Straße vermengt hatte, ab. Er war ein häßlicher Mann.
    Seine Augen standen weit auseinander. Die Nase war viel zu groß.
    Der Mund hatte eine harte, grausam gekrümmte Form.
    »Ich hatte in Teheran einen Freund. Und dieser Freund hatte eine Schwester. Du erinnerst dich?«
    »Ja. Jetzt dämmert es.«
    »Ich habe sie ein bißchen… verwöhnt«, sagte Hamad selbstgefällig. »Sie hatte es verdammt gern.« Hamad lachte, und für einen Moment vergaß er die schlimmen Schmerzen. »Ganz verrückt war sie nach dem, was ich ihr gab. Sie betete mich deswegen abgöttisch an.«
    Parandeh dachte: Aufschneider. Du siehst aus wie ein Kinderschreck und gibst an, als wärest du der tollste Weiberheld von ganz Persien. Wohin du kommst, fallen die Mädchen reihenweise in Ohnmacht. Daß ich nicht lache. Hier kann doch wohl nur der Wunsch der Vater des Gedankens sein.
    »Der Name, dieses Mädchens«, sagte Hamad, »war Chana.«
    »Und wieso fällt er dir gerade jetzt ein?« wollte Parandeh wissen.
    »Weil sie irgendwo dort oben zu Hause ist.« Hamad wies auf die hohen Gipfel des Elbursgebirges.
    »Ich dachte, sie wäre in Teheran.«
    »Sie war in Teheran. Aber sie konnte die Großstadt nicht verkraften. Deshalb kehrte sie in ihr kleines Dorf zurück. Zu ihr fahren wir. Chana wird uns in ihrem Haus verstecken. Wir können bei ihr wohnen bleiben, solange wir wollen. Chana wird nicht das geringste dagegen haben. Im Gegenteil.« Hamad lachte dreckig. »Sie wird froh sein, daß ich mich mal wieder um ihr heißes Seelchen kümmere.«
    Eingebildeter Idiot! dachte Parandeh. Er sagte: »Was ist, wenn sie inzwischen geheiratet hat?«
    Hamad verzog verächtlich das Gesicht. »Ich bitte dich, was kann es in dieser Wildnis schon für Männer geben.«
    Die desolate Straße wand sich in Serpentinen den Berg hinauf.
    Plötzlich ruckte der Motor. Er hustete. Der Jeep machte zwei, drei Bocksprünge. Dann blieb er stehen.
    Hamad riß die Augen auf.
    »Kein Benzin mehr!« sagte Parandeh.
    »Verdammt, das darf doch nicht wahr sein!« schrie Hamad wütend. Er hieb mit der Faust auf das Wagenblech.
    Parandeh stieg aus. »Ich seh mal nach, ob was im Reservekanister ist.« Er ging nach hinten, löste die Metallklammern vom am Wagendeck befestigten Kanister und rief: »Schwein muß der Mensch haben.«
    Hamad wandte sich mit einem schnellen Ruck um. »Ist Treibstoff da?«
    »Bestimmt genug, um zweimal über das Gebirge zu kommen«, lachte Parandeh.
    »Das nennt man Glück.«
    Parandeh füllte den Treibstoff in den Tank. »Heiß!« stöhnte Hamad. Die Sonne stand wie ein glühender Ball über ihnen und versuchte ihre Haut zu versengen. »Wirf doch mal die Feldflasche vor.«
    »Mit dem
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