Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0078 - Im Geisterreich der Wikinger

0078 - Im Geisterreich der Wikinger

Titel: 0078 - Im Geisterreich der Wikinger
Autoren: Hans Wolf Sommer
Vom Netzwerk:
Gegenangriff über.
    Seine Schulter schwang zurück, der Bizeps spannte sich atemberaubend, die Hand schnellte nach vorne.
    Der schwere eiserne Hammer sauste durch die Luft – blaue Blitze versprühend und schneller als eine Gewehrkugel. Mit Urgewalt krachte er gegen den Rolladen, durchschlug ihn wie Glas…
    Im gleichen Sekundenbruchteil passierte Unglaubliches.
    Col streckte die Hand vor – mit einer gebieterischen Gebärde, schneller als das Auge zu folgen vermochte.
    Millimeter vor der Stirn eines der Fischer, der hinter dem durchlöcherten Rolladen kauerte, blieb der Hammer jäh mitten in der Luft stehen, schwankte hin und her wie eine noch nicht ganz zur Ruhe gekommene Waage, drehte sich dann um die eigene Achse und raste mit der gleichen wahnsinnigen Geschwindigkeit, mit der er angeflogen gekommen war, zurück durch das Loch im Rolladen, über die Straße und schließlich in die Hand des rotbärtigen Riesen.
    Dieser brüllte wie hundert Stiere gleichzeitig, schleuderte den Hammer erneut.
    Der gleiche Vorgang wiederholte sich. Der Hammer schlug ein zweites Loch in den eisernen Rolladen, wurde durch eine Handbewegung Cols gestoppt und kehrte wie ein Bumerang zurück in die Hand des Werfers.
    Wieder brüllte der mächtige Wikinger etwas. Diesmal war es jedoch kein unartikuliertes Wutgebrüll. Worte wurden hörbar, Worte, die allerdings nie jemand der Verteidiger im Lager verstand.
    Mit einer Ausnahme: Col schien sie zu verstehen.
    Der Mann im eleganten Maßanzug hob den Kopf ein bißchen und rief etwas zurück. Obwohl er sich beim Rufen kaum anstrengte, hallte seine Stimme doch laut über die Straße. Nicht so donnernd laut wie die des Rotbärtigen, aber doch von nahezu übermenschlicher Tonfülle getragen.
    Und seine Worte wurden verstanden. Der Nordmann dort auf der Straße ließ seinen gewaltigen Hammer sinken und steckte ihn in eine Schlaufe an seinem Gürtel. Dann lachte er röhrend, drehte sich um und zog sich in den Schutz eines gegenüberliegenden Hauseingangs zurück.
    Die Männer hinter dem Rolladen waren zu verblüfft, um weiterhin auf ihn zu schießen. Entgeistert starrten sie Col an.
    »Sie… Sie können sich mit diesen Mordgesellen verständigen?« stieß der Fischer hervor, der Nicole hereingeholt hatte.
    Nicole lachte bitter auf. »Verständigen?« wiederholte sie. »Ich habe doch gesagt, daß dieser Mann mit den Mördern unter einer Decke steckt. Dieser Kraftprotz mit dem Hammer – das war der Kerl, mit dem er sich vorhin unterhalten hat.«
    Halluzinationen, Einbildungen? Nein! Ihre letzten Zweifel waren dahingeschwunden. Sie hatte sich nichts eingebildet!
    Ihre Worte stießen jetzt nicht mehr auf das Mißtrauen, das man ihnen vorhin noch entgegengebracht hatte. Dieses Mißtrauen der Männer richtete sich jetzt ganz gegen Col.
    »Monsieur! Vielleicht sollten Sie etwas sagen!«
    Harte Augen richteten sich auf den Mann im Maßanzug. Col sagte jedoch nichts. Er lächelte nur, lächelte dieses gleichzeitig arrogante und wissende Lächeln.
    Die Männer mit den Gewehren fanden nicht mehr die Zeit, weiter in ihn zu dringen. Draußen auf der Straße brach wieder die Hölle los. Kampfesgeschrei gellte auf.
    Die Wikinger kamen. Von allen Seiten – aus Hauseingängen, hinter geparkten Autos hervor…
    Speere wurden geschleudert, Pfeile abgeschossen. Schwerter und Äxte blitzten in sehnigen Fäusten. Die rotbärtigen Teufel hatten sich zum letzten entschlossen.
    Sturmangriff!
    Ohne Rücksicht auf Verluste stürmten sie vor. Blindwütige Berserker, Kamikaze-Kämpfer…
    Und Verluste waren es, die sie hinnehmen mußten. Die Verteidiger hatten sich schnell gefaßt, feuerten aus allen Rohren. Die Angreifer fielen wie die Fliegen. Verletzte und Tote blieben auf der Strecke.
    Col jedoch schoß nicht. Zwar hielten seine Hände das Gewehr umklammert, aber sein Zeigefinger lag nicht am Abzughahn. Col lächelte nur.
    Aber auch ohne ihn sah es gut aus für die Eingeschlossenen. Der Ansturm der Nordmänner geriet wieder ins Stocken. Zu hoch war der Blutzoll, den sie zahlen mußten.
    Dann kam die große Wende.
    Der Wikinger mit dem Hammer erschien wieder auf der Bildfläche. Seine dröhnende Stimme übertönte mit Leichtigkeit das Kampfgebrüll der anderen, das Hallen der Gewehrschüsse.
    Das, was er schrie, schien Col schwer zu beeindrucken. Das Lächeln im Gesicht des rätselhaften Mannes war plötzlich wie weggewischt. Ein nachdenklicher, düsterer Zug trat in sein Gesicht. Dann wölbte sich das Kinn entschlossen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher