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0078 - Im Geisterreich der Wikinger

0078 - Im Geisterreich der Wikinger

Titel: 0078 - Im Geisterreich der Wikinger
Autoren: Hans Wolf Sommer
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vor.
    Col ließ das Gewehr fallen. Seine Hand fuhr durch die Luft, machte eine seltsame Handbewegung.
    Blitze zuckten durch das Lager, feurige Zungen, die die Gewehre der Männer beleckten.
    Die Verteidiger schrien auf. Nicole sah, wie sich die Gewehrläufe verbogen, als seien sie von einem geheimnisvollen Schmelzprozeß erfaßt worden. Die Männer waren nicht in der Lage, sie noch länger zu halten. Wie heiße Eisen fielen die Gewehre auf den Fußboden.
    Kein Schuß fiel mehr. Das merkten schnell auch die Nordmänner dort draußen. Sie waren bereits im Begriff gewesen, ihren Angriff abzublasen, den Rückzug anzutreten. Jetzt stutzten sie. Einige Mutige gingen bereits wieder vorwärts, zögernd zuerst, dann aber, als ihnen immer noch kein tödlicher Kugelhagel entgegenschlug, entschlossener, zielstrebiger, schließlich wieder so ungestüm wie zu Beginn ihrer Attacke. Schon waren sie am Haus. Axthiebe donnerten gegen den Rolladen und gegen die Tür nebenan.
    Mit Entsetzen nahmen es die Verteidiger wahr. Hilflos starrten sie auf ihre grotesk verbogenen Gewehre.
    »Er war es!« schrie Nicole und zeigte anklagend auf Col. »Ich habe es genau gesehen. Die Blitze kamen von seinen Fingerspitzen!«
    Der Geistliche stimmte ihr zu. »Ja, ja«, ächzte er, »auch ich habe es gesehen. Der Teufel! Dieser Mann ist der Teufel!« Er wich zurück, brachte Abstand zwischen sich und Col. Seine Hände falteten sich, und er fing an, vor sich hinzumurmeln. Gebete…
    Die anderen verließen sich weniger auf das Geistige. Drohend näherten sie sich dem Beschuldigten.
    »Lump, Verräter…«
    Col lächelte wieder. Und er lächelte noch, als wütende Fäuste nach ihm griffen. Nach ihm greifen wollten! Die ausgestreckten Hände der Männer kamen nicht durch. Da schien plötzlich eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen und Col zu sein, die ihnen Einhalt gebot.
    Nebel wallte auf, hüllte Col ein.
    Dann lösten sich die Schwaden wieder auf, wie Zigarettenrauch, der zur Decke geschwebt war.
    Col war spurlos verschwunden.
    In die Schreckensrufe der Anwesenden mischten sich die Geräusche splitternden Holzes. Die Wikinger hatten die Haustür erbrochen. Schwere, polternde Schritte kamen näher. Auch die Tür des Lagerraums zerbrach unter wuchtigen Axthieben.
    Sie stürmten herein, ihre blitzenden Mordwerkzeuge erhoben, die Gesichter voller Triumph.
    Die Männer aus St. Briand wehrten sich mit dem Mute der Verzweiflung. Ihre Gewehre waren als Schußwaffen nicht zu gebrauchen, wohl aber als Knüppel. Sie rissen die verbogenen Schießprügel an sich, warfen sich den Killern aus dem Norden entgegen.
    Sie hatten keine Chancen. Die Wikinger waren die erfahreneren Kämpfer. Und sie hatten die besseren Waffen. In wenigen Sekunden waren die Fischer tot – erschlagen, erstochen…
    Noch einmal flackerte Widerstand auf. Aus dem Hintergrund tauchte Armand Desmet auf, der den rückwärtigen Eingang bewacht hatte. Der Bürgermeister hielt ein Gewehr in den Händen, ein noch funktionstüchtiges Gewehr.
    Der metallene Lauf spuckte Feuer und Tod. Zwei, drei Wikinger wurden getroffen, brachen stöhnend zusammen. Dann waren die anderen über ihm. Ein Schwertstoß durchbohrte den tapferen Mann, der bis zuletzt für den Ort gekämpft hatte, an dessen Spitze er gewählt worden war. Armand Desmet hauchte sein Leben aus.
    Der Bürgermeister war nicht der letzte, der sterben mußte. Die jetzt siegreichen Nordmänner rächten sich für die Verluste, die sie beim Angriff auf diese Bastion erlitten hatten. Grausam machten sie die Anwesenden nieder. Jules Matteaux entging seinem Schicksal ebenfalls nicht. Ein Axthieb streckte ihn zu Boden, während er noch betete.
    Nur Nicole und zwei der Mädchen, hübsche Schwarzhaarige mit gutgewachsenen Figuren, entgingen dem Massaker.
    Der Tod wäre allerdings auch für sie das gnädigere Schicksal gewesen.
    Rohe Hände zerrten sie hoch, wobei ihre Kleider zerrissen. Das gellende Lachen der rotbärtigen Gesellen verriet, daß dies nur ein Vorgeschmack auf die Dinge war, die sie noch zu erwarten hatten.
    Verzweifelt versuchte Nicole, sich zu befreien. Sie konnte jedoch gegen die stählernen Fäuste, die sie umklammerten, nicht das geringste ausrichten.
    Die Nordmänner schleppten sie mit sich fort.
    ***
    Bill Fleming bemühte sich, die helllodernde Wut zu zügeln, die der selbstherrliche Korporal in ihm entfacht hatte. Erstens löste Wut keine Probleme, und zweitens wollte er nicht den Spott der Leute herausfordern, die im Gastraum saßen und
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