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0078 - Im Geisterreich der Wikinger

0078 - Im Geisterreich der Wikinger

Titel: 0078 - Im Geisterreich der Wikinger
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Unterschied.
    Wikinger…
    Wikinger waren Germanen.
    Wie Schuppen fiel es ihm plötzlich von den Augen.
    Der Wolf!
    Er wußte jetzt, wer der Wolf gewesen war: Der Fenriswolf der germanischen Mythologie, jenes furchtbare Ungeheuer, das Loki gezeugt hatte und das eines Tages in der geweissagten Götterdämmerung eine tragende Rolle spielen würde.
    Loki…
    Loki, der Scharlatan, der Ränkeschmied, der Intrigant im nordischen Götterpantheon, der Freundschaft zu den anderen Göttern heuchelte, ihnen aber bei der Götterdämmerung schmählich in den Rücken fallen würde.
    Götter?
    Ja, damals in den alten Zeiten hatte man sie Götter genannt. Sie waren Wesen aus der Welt des Jenseits. Götter, Geister oder Dämonen…
    Es spielte keine Rolle, wie man sie nannte. Es kam nur darauf an, was sie waren – zwiespältige, schillernde Gestalten aus einer anderen Dimension.
    Und in den meisten von ihnen – nicht in allen – loderte der Funke des Bösen.
    Jean Marres plötzlicher Schrei schreckte Zamorra aus seinen Gedankengängen hoch. Das Gesicht des Fischers war verzerrt. Seine Rechte zeigte zum Himmel.
    Zamorra hob die Augen. Und sofort sah er, was Marre so entsetzt hatte.
    Genau dort, wo St. Briand liegen mußte, leuchtete der Himmel blutrot.
    Feuer! durchfuhr es den Professor. Das waren die Zeichen einer gewaltigen Feuersbrunst. Die ganze Ortschaft schien in hellen Flammen zu stehen.
    »Mein Gott!« stieß Roger Legrand hervor, der die Zeichen des Himmels gleichfalls richtig gedeutet hatte. »Jean, hast du da nicht gerade etwas von Wikingern erzählt, die das Dorf dieser Menschen hier überfallen haben?«
    Jean Marre nickte nur.
    Professor Zamorra war wie vor den Kopf geschlagen.
    Nicole!
    Seine Gedanken waren ein einziger Aufschrei.
    ***
    Noch mehr steigerte sich Nicoles Entsetzen, als ihr Blick nicht nur auf Cols Gesicht, sondern auch auf seine Gestalt fiel.
    Der Mann trug nicht mehr seinen eleganten Anzug. Er steckte in der Tracht eines Wikingers!
    Nicole schloß die Augen.
    Col ein Wikinger! Sie verstand es nicht. Sie verstand gar nichts mehr. Dies alles war zu viel für sie.
    Schlafen, dachte sie, ich möchte schlafen, oder sterben. Dieser ganze Wahnsinn mußte ein Ende haben.
    Aber noch war es nicht so weit.
    Schüsse drangen an Nicoles Ohr. Eine ganze Serie von Schüssen.
    Und die Schmerzens- und Todesschreie aus rauhen Männerkehlen, aus Wikingerkehlen.
    Sie hörte eine Stimme: »Mademoiselle, hier! Kommen Sie! Kommen sie schnell!«
    Nicole schlug die Augen wieder auf. Die beiden Männer, die sich über sie gebeugt hatten, waren weg – Col und dieser rotbärtige Riese.
    Statt dessen fielen ihre Augen auf einen anderen Mann, einen der Fischer von St. Briand. Der Mann stand in der nur handbreit geöffneten Tür eines wenige Meter entfernten Hauses und winkte ihr heftig zu.
    Jetzt schloß er die Tür blitzartig, gerade noch zur rechten Zeit. Ein Wurfspeer krachte dagegen, blieb zitternd im Holz stecken. Dann öffnete sich die Tür wieder. Erneutes heftiges Winken.
    Jetzt zögerte Nicole nicht länger. Der Lebensmut, der sie vorübergehend verlassen hatte, ergriff wieder Besitz von ihr. Sie sprang auf die Füße und rannte schnell wie eine vom Löwen gejagte Gazelle zu der rettenden Tür hinüber. Der Fischer trat zur Seite, als sie hindurchlief, und warf sie anschließend ins Schloß. Mit Hilfe eines Schlüssels, der bereits steckte, sicherte er die Tür. Anschließend legte er noch einen Riegel vor.
    »Das war knapp, Mademoiselle«, sagte er.
    Nicole sah, daß er ein Gewehr in der Hand hielt. Ein Jagd- oder Sportgewehr – so genau kannte sie sich da nicht aus.
    »Danke!« keuchte Nicole. »Vielen Dank!«
    »Versteht sich von selbst, Mademoiselle. Wir sahen Sie da auf der Straße liegen und… na ja. Kommen Sie, gehen wir zu den anderen.«
    Er schritt etwa fünf Meter den Hausflur entlang und wandte sich dann nach links. Dort befand sich eine andere Tür, die er öffnete. Sofort drang murmelndes Stimmengewirr in den Flur. Und das Echo von Schüssen.
    Nicole folgte dem Fischer durch die Tür.
    Sie kam in einen Raum, bei dem es sich ganz offensichtlich um irgendein Lager handelte. An allen Wänden standen große Regale, bis zur Decke vollgepackt mit Kisten, Kästen, Säcken und anderen Lagergütern.
    Ein ungewöhnliches Bild bot sich ihr.
    Der Raum lag im Halbdunkel. Der Rolladen war bis kurz über die Fensterbank hinuntergelassen worden. Eine ganze Anzahl von Menschen bevölkerte das Zimmer. Nicole sah mehrere
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