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0072 - Das Höllentor

0072 - Das Höllentor

Titel: 0072 - Das Höllentor
Autoren: Richard Wunderer
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Ungläubige hatte überzeugen müssen.
    Blitzschnell drückte ich Charly Catfields Leiche die Gemme gegen die Stirn.
    Die Lichter im Bungalow flackerten. Vor dem Fenster heulte plötzlich ein wütender Sturm und rüttelte an den Scheiben. Die Tür sprang auf und krachte gegen die Wand.
    Ein eisiger Windstoß fegte in den Raum und warf uns fast um. Im letzten Moment konnte ich mich am Tisch abstützen. Suko hielt Jane fest.
    Bengtson schrie auf, als Millionen feiner Eiskristalle auf uns niederprasselten und wie glühende Nadeln stachen. Er riß schützend die Arme vor das Gesicht und starrte aus schreckgeweiteten Augen auf den Toten.
    Beziehungsweise auf die Reste des Toten!
    Von der Leiche war nicht mehr viel übrig. Unter der Kraft der Gemme schmolz das dämonische Trugbild. Das Gesicht fiel ein, die Augen sanken tiefer und tiefer in die Höhlen. Innerhalb weniger Sekunden mumifizierte der Tote. Auch seine Kleider zerfielen.
    Als sich nach einer Minute die Leiche vollständig auflöste, blieb nicht einmal Staub zurück. Der Sturm verwehte sämtliche Spuren.
    Kaum war auch der letzte Faden der Kleidung in die Dimension der Dämonen zurückgekehrt, als die Nebeneffekte aufhörten. Der Kampf zwischen meiner Gnostischen Gemme und den bösen Mächten war beendet. Diesmal hatte die Gemme gesiegt.
    Das Licht brannte wieder mit voller Stärke, der Sturm legte sich. Wir konnten ungehindert atmen. Weder mörderische Kälte noch Eiskristalle hinderten uns daran.
    »Das… das ist…«, stotterte Lieutenant Bengtson. »Mr. Sinclair, das kann ich nicht glauben!«
    Ich erwiderte nichts, da er es ja mit eigenen Augen gesehen hatte. Jane schüttelte die Eiskristalle aus ihren Haaren und wischte sich das Gesicht trocken.
    »Das hier war nicht Catfields Leiche«, erklärte sie den beiden Polizisten. »Es war eine Nachbildung, eine Erscheinung.«
    »Wer sie geschaffen hat, wissen wir noch nicht«, ergänzte Suko. »Entweder ein Mensch mit übersinnlichen Fähigkeiten oder ein Dämon. Aber wir werden es herausfinden.«
    Bengtson blickte fassungslos von einem zum anderen. Er widersprach uns nicht mehr. Dazu war der Beweis zu eindeutig gewesen.
    Er griff nur nach dem Telefon, wählte und stellte ein paar Fragen. »Catfields Leiche in der Gerichtsmedizin hat sich nicht verändert«, meldete er, nachdem er wieder aufgelegt hatte. »Ich habe eigens einen Wächter aufgestellt.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Jane mit einem bezaubernden Lächeln. »Dann möchte der hübsche und charmante Besuch auf Ihrer Insel ins Hotel gebracht werden.«
    Bengtson starrte sie verblüfft an und gab endlich seinem Begleiter einen Wink. Während uns sein Mitarbeiter mit dem Pplizeiwagen zum Hotel fuhr, blieb der Lieutenant zurück.
    Ich konnte mir schon denken, was ihn an den Bungalow fesselte. Er suchte nach Spuren.
    Er würde keine finden. Dämonische Kräfte hinterließen in den seltensten Fällen Hinweise, die in ein nüchternes Polizeiprotokoll paßten.
    ***
    Als Angel Pollock den Anruf seines Vertrauensmannes aus London erhielt, war sein erster Gedanke: Serapho hat versagt.
    Es konnte nicht anders sein, sein Vertrauensmann hatte einen Fehler gemacht. Deshalb war die Bombe zu früh oder zu spät hochgegangen. Eine andere Erklärung kam für Angel Pollock nicht in Frage. Er konnte sich nicht vorstellen, daß jemand ein Mittel gegen die übersinnlichen, dämonischen Kräfte besaß, deren sich seine kleine Organisation bediente.
    Pollock war selbst zum Flughafen gefahren, um sich die drei Neuankömmlinge anzusehen. Er wußte nicht, wen er erwartete, aber irgendwie war er enttäuscht. Er stand so nahe, daß er die Begrüßung zwischen den isländischen Polizisten und den Londoner Besuchern hörte. Dieser Oberinspektor John Sinclair mit den blonden Haaren und den blauen Augen sah nicht so gefährlich aus, wie Pollock sich das vorgestellt hatte. Daran änderte auch die sichelförmige Narbe auf der rechten Wange nichts.
    Die Frau war ausgesprochen hübsch und hatte eine tolle Figur. Ihre blonden Haare gefielen Angel Pollock ebenfalls, doch auch diese Miß Collins sah nicht so aus, als wäre sie eine große Gefahr.
    Den Chinesen mit den Muskelpaketen, die sich sogar unter dem Wintermantel abzeichneten, und dem gutmütigen Gesicht streifte Pollock überhaupt nur mit einem flüchtigen Blick. Er hielt alle Menschen, die besonders sportlich durchtrainiert waren, für geistig beschränkt.
    Daß er seine Gegner gewaltig unterschätzte, sollte ihm erst viel später aufgehen.
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