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0069 - Das Gericht der Toten

0069 - Das Gericht der Toten

Titel: 0069 - Das Gericht der Toten
Autoren: Hans Wolf Sommer
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Wahrscheinlichkeit einen Pharao darstellte. Krummstab und Peitsche, die Insignien der Königswürde, ließen eigentlich gar keinen anderen Schluß zu.
    Der Sarkophag eines Pharaos!
    Bill wußte, daß schon viele Königsgräber geöffnet und die toten Herrscher aus ihrer letzten Ruhe gerissen worden waren.
    Wer mochte in diesem steinernen Sarg liegen?
    Am Fuße der Deckelplatte befand sich eine Hieroglypheninschrift, die er zu entziffern vermochte.
    Neferptah!
    »Hm«, machte Bill.
    »Was heißt ›hm‹ Mr. Fleming? Haben Sie ein Haar in der Suppe gefunden?«
    »Ich weiß nicht«, antwortete Bill.
    »Allem Anschein nach handelt es sich hier um den Sarkophag eines Königs. Nur…«
    »Nur?«
    »Neferptah! Es hat nie einen Pharao dieses Namens gegeben.«
    Die Röte trat in das Gesicht des Millionärs.
    »Schwindel also?« bellte er.
    Bill antwortete nicht. Er ging in die Hocke und studierte die an den Seitenwänden angebrachten Hieroglyphen.
    Zu seiner Verwunderung stellte er fest, daß die Inschriften nicht wie gewohnt eine Art Rechenschaftsbericht über das Wirken des Verstorbenen zu seinen Lebzeiten beinhalteten. Und auch der übliche Segen der Götter für eine sichere Überfahrt ins Totenreich des Osiris wurde nicht erfleht. Statt dessen las er einen ungewöhnlichen Spruch, der eigentlich nur als Warnung verstanden werden konnte: Du, Unwissender, der du das Gefängnis des verfluchten Königs findest, laß ab von deinem törichten Beginnen, sein Antlitz zu schauen.
    Nie wird es dir gelingen, den Bann zu brechen, der auf ewig ihn bindet.
    Du aber, der du eingeweiht bist in das Geheimnis der Magie, sei gewarnt, das Siegel des Schutzes zu erbrechen.
    Ausfahren wird er, der Kaa des verfluchten Pharao und verschlingen dich mit Haut und Haar.
    »Ist was, Mr. Fleming?« fragte Seymour. »Sie sehen ja auf einmal ganz komisch aus.«
    Bill richtete sich auf.
    »Sagen Sie, Mr. Seymour, haben Sie bereits versucht, den Sarkophag zu öffnen?«
    »Seltsam, daß Sie mich das fragen«, antwortete Seymour.
    »Wieso?«
    Der Industrielle lächelte etwas schief. Er machte eine weitausholende Handbewegung und wies auf die überall aufgestellten archäologischen Schätze. Statuen, fast ausschließlich in »angeschlagenem« Zustand, Vasen, Krüge, Masken, Kultgegenstände aus Stein und Metall…
    »Sehen Sie sich um, Mr. Fleming. Jedes dieser Stücke hat ein kleines Vermögen gekostet. Und jedes Stück habe ich einzeln erworben. Die Schwarzhändler lieben es nicht, ihre Funde in kompakter Form unter die Leute zu bringen. Einzelobjekte bringen einen viel höheren Preis. Können Sie mir folgen?«
    Bill nickte stumm.
    Seymour sprach weiter: »Sie wissen so gut wie ich, daß die wahren Schätze eines Pharaonensarges in seinem Inneren verborgen sind. Gold und Edelsteine im Überfluß. Denken Sie nur an Tutench-Amon. Mit Sicherheit lassen sich auch im Inneren dieses Sarkophags unermeßliche Schätze finden. Und dennoch war mein Zwischenhändler froh, mir das Ding so verkauft zu haben, wie Sie es da sehen. Zu einem Preis, der zwar hoch, aber doch nicht gerade phantastisch war. Und wissen Sie auch, warum das so ist? Weil bisher niemand in der Lage war, das Ding aufzubekommen und die verborgenen Schätze zu heben. Sagen Sie mir, Mr. Fleming, wie kommt es, daß Sie direkt auf den richtigen Trichter gekommen sind?«
    Bill übersetzte ihm die Hieroglypheninschrift. Anschließend wiederholte er seine Frage, ob auch Seymour selbst schon Öffnungsversuche unternommen habe.
    »Ja, habe ich«, bejahte der Millionär. »Allerdings ohne jeden Erfolg. Versuchen Sie es doch selbst mal, Mr. Fleming.«
    Der Kulturhistoriker beugte sich abermals über den Sarkophag.
    Deutlich war die Rille zu erkennen, an der Deckel und Seitenwände zusammengefügt worden waren. Er versuchte den Deckel anzuheben, aber der gab nicht den Bruchteil eines einzigen Millimeters nach. Und sicherlich war es nicht das schiere Eigengewicht des Deckels, der hieran die Schuld trug.
    Elefantenkleber? fragte sich Bill, der kein sonstiges mechanisches Hemmnis entdecken konnte. Durchaus möglich, daß die alten Ägypter über einen äußerst leistungsfähigen Steinkleber verfügt hatten. So recht wollte er an diese Möglichkeit aber nicht glauben.
    »Hammer oder Säge gefällig?« erkundigte sich Seymour.
    Bill war regelrecht geschockt. Wie konnte man nur auf den Gedanken kommen, einem solchen unschätzbaren Wertstück mit zerstörerischer Gewalt zu Leibe zu rücken. Seymour war ein
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