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0063 - Der Hüter des Bösen

0063 - Der Hüter des Bösen

Titel: 0063 - Der Hüter des Bösen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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können.
    Na ja, was nicht ging, das ging nicht. Außerdem hatte er das Amulett sowieso auf Château Montagne zurückgelassen. Wenn er allerdings…
    Lepines Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen.
    »Was sagen Sie nun dazu, Professor?«
    Zamorra blickte hoch. »Ein interessanter Fall, zweifellos«, sagte er.
    »Schade dass Montpellier nicht griffbereit ist.«
    »Das Bedauern ist ganz unsererseits«, antwortete der Präfekt, und Laroche nickte dazu. »Und so können Sie gar nichts sagen, Professor?«
    Zamorra zuckte die Achseln. »Mit Spekulationen wäre Ihnen nicht gedient«, sagte er. »Und mehr könnte ich Ihnen zur Zeit nicht anbieten. Man müsste noch einige Hintergrundinformationen haben.«
    Ein Ruck ging durch seinen Körper. »Sagen Sie, Monsieur Lepine, ist es in Ihrem Sinne, wenn ich persönlich mit den Tatzeugen spreche? Und auch mit den Angehörigen der Beteiligten?«
    »Wenn Sie glauben, uns auf diesem Wege weiterhelfen zu können… Ich wäre Ihnen sehr dankbar, Professor. Selbstverständlich würde ich das Honorar für Ihr Gutachten entsprechend erhöhen.«
    Lächelnd winkte Zamorra ab. »Nicht nötig, Monsieur Lepine. Ich interessiere mich persönlich für den Fall.«
    Und das stimmte vollauf. Wenn Dämonen im Spiel waren, was nicht ausgeschlossen werden konnte, dann sah er es als seine Pflicht an, der Sache weiter nachzugehen.
    Schließlich hatte er sein Leben dem Kampf gegen das Böse geweiht.
    ***
    Wider Erwarten sah Jacques Giraudoux das Licht der Sonne doch noch wieder.
    Er fühlte sich äußerst merkwürdig. Die Schrecken der vergangenen Stunde, soeben noch entsetzliche Realität, begannen, kaum dass er den Tempel verlassen hatte, in Windeseile zu verblassen. Götzenbilder, unirdischer Gesang, geheimnisvolles Zeremoniell – hatte er das wirklich erlebt? Sicherlich, da waren der Oberpriester und die Einheimischen. Hatten sie mit den verschwommenen Erinnerungsfetzen, die vor seinem geistigen Auge einher gaukelten, irgend etwas zu tun? Er war sich nicht sicher. Und wenig später wusste er nicht einmal mehr genau, ob er überhaupt jemals das Innere des Tempels betreten hatte. Wenn die anderen Diplomaten, die ja gesehen hatten, wie er und Mouslin in den Tempel hineingingen, ihn nicht nach seinen Erlebnissen gefragt hätten, wäre er glatt geneigt gewesen, alles zu bestreiten. So sah er sich genötigt, die Fragenden mit einer Reihe von Ausflüchten abzuspeisen.
    Georges Mouslin schien es ähnlich wie ihm zu ergehen. Auch der Staatssekretär machte ganz den Eindruck, als sei er soeben aus einem furchtbaren Alptraum erwacht, habe aber sämtliche Einzelheiten des Traums bereits vergessen.
    Nach einer ausgiebigen Besichtigung der für die Errichtung des Kernkraftwerks in Aussicht genommenen Örtlichkeit kehrte die Reisegesellschaft nach Teheran zurück.
    Giraudoux bemühte sich, gar nicht mehr an den Tempelbesuch zu denken. Und da auch Mouslin die Angelegenheit mit keinem Wort erwähnte, breitete sich bald der Mantel der totalen Vergessenheit über den Geschehnissen aus.
    Die Verhandlungen mit den Iranern wurden fortgesetzt. Grundlage der Errichtung des Kraftwerks war ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Frankreich würde das Kraftwerk bauen, und der Iran würde mit Öllieferungen bezahlen. Auf dieser Basis hatte es bereits vorher Besprechungen zwischen iranischer Regierung und interessierten französischen Finnen gegeben. Die Verhandlungen waren weiterhin freundschaftlich und von einem guten Geist geprägt.
    Dennoch wurden sie, je weiter sie sich hinzogen, mehr und mehr zu einer Strapaze für Giraudoux. Die Schuld hieran trugen jedoch keineswegs die Iraner. Nein, es war Georges Mouslin, sein Freund und Vorgesetzter, der ihm zusehends den Nerv tötete.
    Er begann sich ernsthaft zu fragen, wie er diesen Menschen die ganzen Jahre über als einen Freund angesehen hatte. Einen unsympathischeren Kerl konnte er sich kaum vorstellen. Alles, was Mouslin tat, war ihm zuwider.
    An einem Morgen, beim gemeinsamen Frühstück, wäre ihm beinahe der Kragen geplatzt.
    Mouslin setzte die Kaffeetasse an den Mund und entwickelte beim Trinken Geräusche, die ihm durch Mark und Bein gingen.
    »Musst du eigentlich so schlürfen, Georges?«, fragte er missbilligend. »Man sollte meinen, du bist in einem Schweinestall groß geworden.«
    Der Staatssekretär blickte ihn über den Rand der Tasse tückisch an. »Noch ein Wort und ich schütte dir die Brühe ins Gesicht. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?« Dann schlürfte er
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