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0063 - Der Hüter des Bösen

0063 - Der Hüter des Bösen

Titel: 0063 - Der Hüter des Bösen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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seelenruhig weiter.
    Giraudoux zitterte vor Wut. »Du primitiver Typ! Das kannst du ja mal versuchen.«
    Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde Mouslin seine Drohung wahr machen. Er packte die Tasse bereits fester und winkelte den Arm leicht ab, besann sich dann aber doch eines Besseren. Er dachte wohl an die anderen Gäste im Frühstücksraum des Luxushotels, die auf ein solches Verhalten sicherlich befremdet reagiert hätten.
    Feige ist er auch noch , dachte Giraudoux bedauernd. Er hatte seine Hand schon nach dem Konfitüreglas ausgestreckt, um Gleiches mit Gleichem vergelten zu können.
    In eisigem Schweigen frühstückten die beiden weiter. Giraudoux beschäftigte sich mit einer Scheibe Toast und belegte sie dünn mit Kaviar. Dabei fühlte er sich von Mouslin beobachtet.
    »Ist was?«
    »Lang nur kräftig hin«, sagte der Staatssekretär. »Schmiere es dir fingerbreit drauf. Ist ja umsonst. Das musst du natürlich gebührend ausnutzen.«
    Giraudoux fiel das Messer aus der Hand. »Was willst du damit sagen?«
    »Dass du ein ganz unverschämter Fresser bist«, antwortete Mouslin. »Nun ja, wenn man sich so deine Herkunft betrachtet, sollte man sich eigentlich gar nicht wundern. Hast wohl einiges nachzuholen.«
    Wellen eines übermächtigen Zornes durchfuhren Giraudoux. Er kam aus kleinbürgerlichen Verhältnissen und war immer besonders stolz darauf gewesen, es zu etwas gebracht zu haben.
    Und nun ging dieser Sohn eines reichen Vaters, der nur durch Protektion den Aufstieg geschafft hatte, hin und erkühnte sich, seinen Werdegang in den Schmutz zu ziehen. Er kämpfte schwer mit der Versuchung, das Messer wieder in die Hand zu nehmen und es seinem Gegenüber in den Bauch zu stoßen.
    Die Vernunft siegte. Kommentarlos stand er auf und verließ den Frühstücksraum. Er brauchte längere Zeit, um sich wieder einigermaßen zu beruhigen.
    Den nächsten Zusammenstoß mit Mouslin gab es bei der nachmittäglichen Konferenz mit den iranischen Verhandlungspartnern.
    Es ging gerade um Zahlungsmodalitäten, ein Gebiet, auf dem Giraudoux der Experte der französischen Delegation war. Abrechnungsbasis sollte der mexikanische Dollar sein. Giraudoux plädierte dafür, den Kurs bereits jetzt festzulegen, die Iraner, auf die anhaltende Schwäche des Dollars spekulierend, wollten dies erst später tun.
    Plötzlich redete Mouslin dazwischen: »Lassen Sie ihn ruhig reden, meine Herren. Er hat sowieso keine Ahnung. Alles kompletter Unsinn, was er da so erzählt.«
    Giraudoux und die anderen Mitglieder der französischen Delegation saßen da wie vom Donner gerührt. Und auch die Iraner zogen verwundert die Augenbrauen hoch. Nur einer von ihnen lächelte befriedigt.
    Am liebsten hätte Giraudoux Mouslin am Kragen gepackt und seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Dieses Bedürfnis verspürte er Irrationalerweise nicht, weil er die Verhandlungsposition seiner Seite gefährdet sah, sondern ganz einfach deshalb, weil ihn Mouslin wiederum in seiner persönlichen Ehre gekränkt hatte.
    »Mistkerl!«, sagte er laut. »Verdammter Mistkerl!« Hasserfüllt blickte er den Staatssekretär an.
    In den nächsten Minuten lieferten sich die beiden Diplomaten ein Schimpfduell, ohne die geringsten Rücksichten darauf zu nehmen, dass sie dies auf einer höchst offiziellen Ebene taten. Es war erschreckend und peinlich zugleich. Da an einen sinnvollen Fortgang der Verhandlungen nicht zu denken war, vertagte man sich.
    Am selben Abend verkündete Mouslin, dass er die Gegenwart Giraudouxs nicht länger ertragen könne. Er ließ Verhandlungen Verhandlungen sein und erklärte, dass er kurzfristig nach Paris zurückkehren würde.
    ***
    Die Montpelliers lebten in einer Penthouse-Wohnung im Herzen Marseilles. Wenn er es nicht schon vorher gewusst hätte, wäre Professor Zamorra spätestens jetzt klar geworden, dass er es mit schwerreichen Leuten zu tun hatte. Die Wohnung war ein Traum.
    Die Lage, das Interieur – schwellender Luxus überall.
    Überraschenderweise war die Frau des Mörders eher ein Fremdkörper in dieser Atmosphäre. Sie war der Typ des sprichwörtlichen Hausmütterchens, den auch Geld und Gut nicht mondän und attraktiv machten.
    Sie empfing den Professor in ihrem Salon und gab bereitwillig auf seine Fragen Antwort.
    Nein, sie hatte Henry seit dem Mordabend nicht wieder gesehen, abgesehen von zwei Besuchen im Untersuchungsgefängnis. Auch gehört hatte sie nichts mehr von ihm.
    Ob ihr in den Tagen vor dem Mord irgend etwas an ihrem Mann
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