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006 - Der lebende Leichnam

006 - Der lebende Leichnam

Titel: 006 - Der lebende Leichnam
Autoren: Peter Randa
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gelingt, sie zu beeinflussen. Ich will es unbedingt wissen. Je eher, desto besser.
    »Ich sage ihnen Bescheid«, erklärt Mireille, aber ihre Stimme klingt enttäuscht.
    Sie sind zu dritt. Der Untersuchungsrichter Jules Fautrier, Kommissar Dutoit und ein Gerichtsschreiber. Marlat führt sie herein, verlässt aber, nachdem er mich kurz untersucht hat, rasch das Zimmer.
    »Ermüden Sie ihn nicht zu sehr!«
    Fautrier ist noch verhältnismäßig jung. Stirnglatze. Kleines bartloses Gesicht mit weit vorspringender Nase. Er trägt einen gut geschnittenen blauen Anzug und legt beim Eintreten seine schwarze lederne Aktentasche auf mein Bett.
    Mireille bringt Stühle herbei. Der Kommissar ist korpulent und blickt genauso streng wie bei seinem ersten Besuch. Das war mir sofort aufgefallen. Streng und misstrauisch. Sein Haar ist grau und kurz geschnitten. Er rückt seinen Stuhl ein wenig zur Seite, während der Gerichtsschreiber vor dem Tisch Platz nimmt. Ein alter Mann, ganz in Schwarz und voller Würde.
    Der Untersuchungsrichter bleibt stehen und beginnt, vor meinem Bett auf und ab zu gehen.
    »Name. Vornamen. Beruf.«
    »Man sagte mir, dass ich Jean Morel heiße.«
    »Wie?«
    »Der Doktor hat Ihnen doch bestimmt mitgeteilt, dass ich das Gedächtnis verloren habe.«
    »Bequem.«
    Ich mache eine hilflose Bewegung und greife nach der Zigarettenpackung auf meinem Nachttisch. Der Gerichtsschreiber hat begonnen, das Gespräch mit zu stenographieren. Ich fixiere den Untersuchungsrichter und weiß sofort, dass er sich seiner Sache gar nicht sicher ist.
    Der Hausmeister des Zentrums für wissenschaftliche Forschung ist vor einem halben Jahr gestorben. Der einzige Zeuge, der mich hätte identifizieren können. Außerdem hat er in seiner Aussage nur von drei Einbrechern gesprochen. In seiner Aufregung muss er damals Riley oder Antoine übersehen haben. Ich habe wirklich unverschämtes Glück.
    Mit einem leicht ironischen Lächeln sage ich: »Der Doktor behauptet auch, dass man mich im Zentrum für wissenschaftliche Forschung gefunden hat. Ich frage mich, wie ich da hingekommen bin.«
    Dutoit mischt sich ein:»Wenn man sich dein Vorstrafenregister ansieht, Morel, ist das ohne weiteres erklärlich.«
    Ich spiele den Ahnungslosen.
    »Ich und Vorstrafenregister? Was soll ich denn getan haben? Und überhaupt – wie komme ich eigentlich dazu, mich duzen zu lassen?«
    Sofort spüre ich eine wütende Reaktion in den Gedanken des Kommissars. Er ist wütend und fühlt sich hilflos. Man hat im Flügel F nicht viel gefunden. Fast vollständig verkohlte Leichen, die nicht mehr identifiziert werden konnten. Ohne die Spuren der Geschosse auf einigen Mauertrümmern und Geräten, von denen bestimmte Teile wie durch ein Wunder nicht zerstört wurden, wäre die Polizei vor einem Rätsel gestanden. Nur, außer den Spuren der Kugeln haben sie mein Vorstrafenregister, wie Dutoit sagt.
    Und man hat herausbekommen, dass ich seinerzeit beim Einbau des Panzerraums mitgearbeitet habe. Dutoit sieht mich unverwandt an, und ich lese den Zweifel in seinem Blick. Aber ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen und sage kühl: »Seit der Doktor mit mir gesprochen hat, habe ich viel nachgedacht. Wie Sie ja selbst wissen, hat man mich ziemlich weit vom Zentrum der Explosion entfernt aufgefunden. Nur deshalb bin ich ja noch am Leben. Ich frage mich, ob ich nicht gerade in der Nähe war, als die Katastrophe geschah, und diese Verletzungen davontrug, als ich versuchte, eventuellen Opfern zu Hilfe zu kommen.«
    Gleichzeitig konzentrierte ich mich mit aller Kraft und versuchte, ihn von meiner Erklärung zu überzeugen. Zunächst wehrt er sich dagegen, mir zu glauben, aber das dauert nicht lange. Er wendet sich dem Richter zu.
    »Das ist eine Möglichkeit, an die wir gar nicht gedacht haben.«
    »So ein Unsinn! Lassen Sie sich nicht von ihm einwickeln«, erwidert Fautrier ärgerlich. »Der gestohlene Wagen stand direkt vor dem Gebäude. Wer anders als die Bande, die den Hausmeister überfiel, soll ihn dort hingestellt haben?«
    »Sie haben keinen Beweis dafür, dass ich mit diesem Wagen dorthin gekommen bin.«
    Jetzt ist er dran. Ich suggeriere ihm Zweifel ein. Vielleicht habe ich ein wenig übertrieben, denn plötzlich presst er die Hand an die Stirn und verzieht das Gesicht, als verspüre er einen Schmerz. Dann sagt er, nun schon etwas weniger überzeugt:
    »Wenn Ihre Behauptung stimmt, wäre das wirklich ein ganz seltsamer Zufall.«
    Ich juble innerlich. Aber noch ist die
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