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0059 - Wir und das Goldene Pferd

0059 - Wir und das Goldene Pferd

Titel: 0059 - Wir und das Goldene Pferd
Autoren: Karl Theodor Horschelt
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noch antreffen. Mr. Gould hat seine gesamte Habe und sein Vermögen einem Hundeasyl hinterlassen, und ich bin hier überflüssig. Morgen kommen die Herren' vom Vorstand, übernehmen hier alles, und ich muss mir eine neue Stellung suchen. Hätte ich auch nie gedacht!«
    Mrs. Ferguson ließ mich in eine Diele eintreten, deren altmodische Einrichtung in sonderbarem Gegensatz zu dem supermodernen Haus stand, und bot mir Platz an.
    An den Wänden erkannte ich einige altersdunkle Gemälde, die emstblickende Männer darstellten.
    »Wohl Vorfahren von Mr. Gould?«, fragte ich.
    Die Haushälterin lächelte dünn. »Nein. Die Männer auf den Bildern sind Luther, Zwingli und Calvin. Mr. Gould war strenger Protestant und verehrte die Gründer der drei protestantischen Hauptrichtungen ganz besonders.«
    »Dann war er also ein guter Christ?«
    Die Frau verzog säuerlich den Mund. »Sicher, Mr. Cotton. Er war die Güte in Person.« Die Stimme der Frau klang fast herzlich, »dass er ein solch entsetzliches Ende nehmen musste, könnte einen an der Gerechtigkeit Gottes zweifeln lassen!«
    »Ich weiß nicht, ob Ihnen bekannt ist, dass man in seiner Kleidung eine winzige goldene Figur fand. Sie stellt ein Pferd dar…«
    »Danach hat mich schon die Staatspolizei gefragt, aber ich kann nur sagen, ich habe diese Figur bei Mr. Gould nie gesehen.«
    »Gehörte er einer Freimaurerloge oder sonst einer Geheimgesellschaft an?«
    Mrs. Ferguson schüttelte den Kopf. »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    »War Mr. Gould leichtgläubig? - Ich meine, ließ er sich ohne weiteres ein X für ein U vormachen?«
    Sie lachte. »Gould wurde als achter Sohn eines armen Arbeiters geboren und starb als reicher Mann. Solchen Leuten kann man nicht leicht Sand in die Augen streuen.«
    »Sie können sich also das Vorhandensein der Figur auch nicht erklären?«
    »Nein.«
    »Fiel Ihnen in den letzten Wochen oder Monaten irgendeine Veränderung in seinem Wesen auf?«
    Die Frau musterte mich erstaunt. »Ich kenne ihn seit zehn Jahren. Und in diesen zehn Jahren hat er sich nicht verändert. Er war immer gleich bleibend gütig, hilfsbereit und dabei doch so energisch.«
    »Welche Absicht verfolgte er mit seiner letzten Reise? Ich meine die, auf der er ermordet wurde.«
    Nun kamen der guten Frau doch die Tränen. Sie schluchzte einige Male auf, dann beherrschte sie sich mühsam.
    »Das habe ich mich auch immer wieder gefragt«, sagte sie leise. »Er muss die Reise schon lange vorher geplant haben, sagte mir aber gar nichts. Ich fragte ihn noch, als er am Nachmittag wegfuhr, ob ich mit dem Abendessen auf ihn warten solle. Er erwiderte, er wolle unter Umständen drei oder vier Tage fortbleiben.«
    Ich erhob mich. Hier war für mich nichts zu gewinnen.
    Am frühen Abend traf ich in meiner Wohnung ein, und wenig später hörte ich auch das verabredete Klingelzeichen Phil Deckers.
    Schon an seiner missmutigen Miene sah ich ihm an, dass er nicht mehr Erfolg gehabt hatte als ich.
    Ich goss ihm einen Whisky ein und berichtete von meinem Besuch bei Mrs. Ferguson.
    »Mir ist es ähnlich gegangen«, bekannte Phil seufzend. »Bulitt scheint ein ähnlicher Mann gewesen zu sein wie Gould. Kinderloser Witwer, einigermaßen wohlhabend. Das goldene Pferdchen hat von seiner Umgebung noch niemand gesehen.«
    Es kam, wie es meist kommt. Es blieb nicht bei dem einen Whisky, und wir gerieten ins Fachsimpeln.
    »Wie wollen wir weitermachen?«, fragte Phil.
    Ich zuckte die Achseln. »Mein sechster Sinn sagt mir, dass wir einmal den Highway 206 abfahren sollten. Wir haben ja in unserem Vorgehen vollkommen freie Hand. Ich schlage vor, wir setzen uns gleich morgen in unseren Jaguar und brausen los. Und zwar von Sommerville bis Branchville. Anschließend sehen wir uns in Newton um.«
    »Das wären alles in allem etwa hundertdreißig Meilen Fahrt«, murmelte Phil. »Na schön, ist ja egal, wie wir die Zeit totschlagen.«
    Das Telefon läutete, und ich meldete mich. Jim Myer war am Apparat, ein pensionierter Kollege, der jetzt eine gut gehende Privatagentur betreibt. Er fragte mich, ob ich zu einem Schnaps und zu einer Partie Schach zu ihm kommen wolle.
    »Okay«, erwiderte ich. »Phil sitzt gerade bei mir. Darf ich ihn mitbringen?«
    Myer antwortete, er empfinde diese Frage fast als Beleidigung.
    Fünfzehn Minuten später trafen wir bei ihm mit dem festen Vorsatz ein, unter seinem Alkoholbestand ein wenig aufzuräumen.
    Jim, ein verwitterter Bursche mit einem wahren Fuchsgesicht und trotz seines Alters
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