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0055 - Die Nacht der gelben Kutten

0055 - Die Nacht der gelben Kutten

Titel: 0055 - Die Nacht der gelben Kutten
Autoren: Dieter Saupe
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Gefangene nach der anderen ließ er in ihr Zimmer ein.
    Es gab, wie Nicole beim Gang durch den langen, prunkreichen Korridor bemerkte, zwei Arten von Räumen für die Gefangenen. Einige der Räume hatten Geheimtüren, die sich unter Bataks Berührung mit dem Handballen wie von selbst öffneten und schlossen.
    Andere waren mit kleinen Schlössern versehen. Diese Schlösser mußten sich alle gleichen, denn Batak benutzte nur einen und denselben goldenen Schlüssel dafür.
    Da fühlte sich Nicole leicht am Rücken berührt. Es war nur die flüchtige Berührung von Fingerspitzen. Nicole spürte, daß eine der Tänzerinnen auf sich aufmerksam machen wollte.
    »Bist du Nicole?« flüsterte eine Stimme hinter ihr.
    »Ja. Und du bist Sita?«
    »Ja. Ich muß wissen, wo der Hebel ist.«
    Nicole verstand, was die schöne junge Tamilin meinte. Also war sie entschlossen, unter allen Umständen die Flucht zu versuchen.
    »Ich zeige ihn dir«, sagte Nicole leise.
    »Was habt ihr da zu tuscheln?« brummte Batak hinter ihnen.
    »Schweigt, oder ihr lernt meine Peitsche kennen!«
    Fürs erste wagten die Mädchen nicht, sich weiter zu unterhalten.
    Sie wußten, daß Batak in seinem Ingrim und seiner Wut seine Drohung sofort wahr machen würde.
    Aber bevor Sita und Nicole vor ihren Behausungen angekommen waren, preßte Zamorras Freundin ganz schnell zwei Worte durch die Zähne.
    »Mein Fuß!« sagte sie nur und begann zu stöhnen.
    Sofort war Batak neben ihr. »Ihr sollt aufhören zu reden!« donnerte er los. »Was ist mit dir, Fremde? Willst du die Peitsche kosten?«
    »Dann werde ich dich erwürgen, wie ich deinen Kumpan umgebracht habe, den Fleischsack Bahili.«
    Batak zuckte zusammen.
    Er ließ es nicht darauf ankommen, Bekanntschaft mit den zarten Fäusten Nicoles zu machen, die mit ungeheuerlichen Kräften ausgestattet waren.
    Zum Glück wußte er nicht, daß die Kraftströme von Zamorras Amulett Nicole im Augenblick nicht zuflossen.
    »Ich will nur wissen, was ihr zu flüstern habt«, forderte er.
    »Ich habe das Mädchen nach seinem Namen gefragt«, sagte Nicole. »Und dann habe ich ihr gesagt, daß ich in drei Tagen den Tempel durch die Mauer verlassen werde.«
    Batak starrte sie an. Dann brach er in ein dröhnendes Gelächter aus.
    »Ein guter Scherz, fremdes Mädchen«, sagte er belustigt. »Du willst also durch die Mauer gehen?«
    »Ja«, sagte Nicole. »Ich werde den Felsen einfach auseinanderbiegen, wie ich Bahilis Hals umgebogen habe.«
    Batak wandte sich ab von Nicole. Er wurde nicht schlau aus ihr.
    Da hielt er es viel lieber mit Sita. Sie war eine Tamilin, und er kannte ihre Mentalität und ihre Gefühle.
    Er ließ die beiden Mädchen vor ihre Türen treten und warten.
    Dann ging er ganz dicht auf Sita zu und stützte sich mit einer Hand an der goldenen Fläche der Korridorwand.
    »Hast du dir’s überlegt?« fragte er begierig. »Du wirst es besser haben, wenn du mir gehörst. Der Große Shuri hat dich in meine Gewalt gegeben. Aber ich will, daß ich in einer Beziehung keine Gewalt anwenden muß. Es wird zu deinem Nutzen sein, Sita.«
    »Du kannst viel versprechen, Batak«, sagte die Tamilin. »Und du brauchst nichts zu halten, weil ich in deiner Gewalt bin.«
    »Ich werde dich zur Königin im Tempel machen«, sagte Batak.
    »Du wirst mehr Gold und Edelsteine haben als jede Frau dieser Welt.«
    »Und mehr Prügel als alle Frauen der Welt zusammen«, sagte Sita.
    »Du mußt mir glauben, Sita«, sagte Batak mit weicher, schmeichelnder Stimme. »Ich begehre dich nicht nur. Ich brenne nach dir und mag dich gern. Der Große Shuri wird mir einen Teil des Tempels abtreten. Dann herrschen wir allein.«
    »Ich will mit meinen Schwestern zurück zu meiner Familie«, sagte Sita.
    »Gut, wie du willst. Aber dann wirst du mir vorher gehören.«
    »Und bin frei?« fragte Sita ungläubig.
    »Einmal gehört Sita dem Anführer Batak, und dann ist sie frei.«
    Sita überlegte. Dieser Wüstling von Anführer würde alles andere tun als sie freilassen, dachte sie. Er würde beim Großen Shuri für immer in Ungnade fallen. Nein, dachte die Tamilin weiter. Dir werde ich nicht auf den Leim gehen. Aber du wirst dich in deinem eigenen Netz fangen.
    Sitas Plan stand fest. Sie mußte Batak überlisten.
    Jetzt mußte sie nur noch wissen, wo der geheime Mechanismus angebracht war, der das Tor ihres Gefängnisses öffnen würde.
    Sie sah hinüber zu Nicole. Die Französin hatte sich an die Wand gelehnt. Sie tat so, als sei sie vom ungewohnten
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