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0049 - Ich und der Teufel MAM

0049 - Ich und der Teufel MAM

Titel: 0049 - Ich und der Teufel MAM
Autoren: Ich und der Teufel MAM
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blasphemisch klingt. Wir leben hier weder in den Vereinigten Staaten noch in der Weltstadt London, wir leben hier in den Wäldern von Yukatan. Und Chichen Itza liegt mitten im Gebiet der von allen Indiostämmen den weißen Mann am meisten hassenden Icaiches, die noch heimlich ihren alten Götzen huldigen und an die Wiederkehr eines großen Mayareiches glauben. Trauen Sie dem tagsüber totenstill daliegenden Urwald rund um Chichen Itza nicht, der von seinen Rätseln und Geheimnissen nichts preisgibt und nur vor Sonnenuntergang einen winzigen Einblick in sein verstecktes Leben gewährt, wenn die Papageien schimpfend von den Futterplätzen zurückkehren, der Campanero sein glockenklares Nachtlied singt und die Brüllaffen in den hohen Wipfeln der Cocabolabäume ihr Nachtlager aufschlagen!«
    »Sie deuteten vorher an, daß es sich nicht um den Urwald, sondern um eine Person handelt, die mich verhexen könnte. Jedenfalls habe ich es so aufgefaßt, Mr. Labastida«, erwiderte ich belustigt.
    Er beugte sich über den Tisch und sagte mit warnender Stimme: »Hüten Sie sich vor einer Frau, deren Blut im Rhythmus des atmenden Urwaldes pulst, deren Lächeln brennend und heftig lockt — so wie die Flamme nächtens umherschwirrende Käfer und Insekten in den Tod lockt! — Sie erlauben, daß ich mich nunmehr verabschiede. Vergessen - Sie nicht, morgen meinem Vorgesetzten, dem Polizeichef, Ihre Aufwartung zu machen. Was die Höflichkeit betrifft, so können Sie einem Mexikaner nicht genug davon zeigen. Im übrigen stehe ich Ihnen immer mit Rat und Tat zur Verfügung.«
    Er erhob sich leise schwankend, ich stand ebenfalls auf. Noch einen Vorstoß wagte ich.
    »Ist diese dämonische Frau das Motiv, Mr. Labastida?«
    Er sah mich durch seine funkelnden Brillengläser mehrere Sekunden an, ohne etwas zu sagen. Schweigend schritt er, seine goldverbrämte Mütze aufsetzend, um die Veranda herum zur Treppe und zu seinem Wagen. Erst als er im Begriff stand, Gas zu geben, rief er mir durchs heruntergekurbelte Fenster zu:
    »Sie ist böse wie der Mayateufel Mam, giftig und einmalig schön wie die Orchidee Ufilex — und dabei doch unschuldig wie ein Kind!«
    Gedankenverloren kehrte ich auf die Veranda zurück, goß mir einen handfesten Gin ein, rauchte noch eine Zigarette und beobachtete, wie draußen Tausende von Mücken und Käfern vom Licht angelockt, an der Gaze herumkrabbelten, um vielleicht doch einen Einschlupf zu finden.
    Dieser sympathische und dabei bedauernswerte Cesai'e Labastida hatte sein Bestes getan, um mir ein Fundament zu bauen. Noch mehr hatte er getan: mir einen Tip gegeben. Aber stimmte der Tip auch?
    Beweisführung und Motiv eines Verbrechens müssen aus Glas und Beton sein — auch mitten in der Wildnis Yukatans. In meiner bisherigen Praxis gab es keinen Fall, bei dem nicht bald die Richtung feststand, wo der Schuldige zu suchen war. Irgendwie ließ sich ein Kettenglied rekonstruieren, wo sich das Böse auftat und das Gute verschwand.
    Auch das geschickteste Täuschungsmanöver half den Sündern nichts. Noch nie hatte ich es erlebt, daß ein Mörder erst am Ende wie ein Blitz der Erleuchtung durch die Wolken fiel. So etwas gibt es nur in Kriminalromanen. In Wirklichkeit bedarf es eines mit Geduld und Zähigkeit fortschreitenden Emporhebens von scheinbaren Nebensächlichkeiten und Hintergründen aus dem Wust der Möglichkeiten ans Licht einer nüchternen und logisch denkenden Vernunft.
    Und doch… ich kam von der Warnung und dem gleichzeitigen Tip des in Scotland Yard geschulten und mit dem mystischen, geheimnisvollen und romantischen Fluidum dieses Landes vertrauten Kriminalisten nicht los.
    Ich ziehe, gleichgültig ob beruflich oder privat, das Reale der Romantik vor. Dafür bin ich zu sehr Nordamerikaner und vor allem G-man. Realistik ist nicht nur ehrlicher, sondern auch erfolgversprechender, denn das Denken bewegt sich dabei in einem geordneten Koordinationssystem und läßt sich im Raum der Wirklichkeit erproben, ob es stimmt oder nicht.
    Und hier?
    Romantik in Großformat. Ich konnte mich eines mitleidigen Lächelns nicht erwehren. Der sonst so nette, sympathische Comissario war ein Alkoholiker. Und als solcher verlor er wohl mitunter — nach dem zehnten Glas Whisky — die Planken unter den Füßen und ließ sein Schifflein, durch den Motor Phantasie angetrieben, lustig durch die Wellen der Romantik schaukeln.
    Ich sollte mich vor einer Frau in acht nehmen? Ausgerechnet ich, der harte G-man aus der
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