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0047 - Die Geisterfürstin

0047 - Die Geisterfürstin

Titel: 0047 - Die Geisterfürstin
Autoren: Franc Helgath
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überrascht auf. Man konnte ihm ansehen, dass er nach Worten rang. »Das wundert mich«, brachte er schließlich nach einer kürzeren Pause hervor. »Dass Professor Zamorra ihn kennt, damit hatte ich eigentlich gerechnet, aber für einen Historiker…?«
    Er vollendete seinen Satz nicht. Professor Zamorra räusperte sich.
    »Ich habe in der Tat von diesem Kult gehört, und mich wiederum wundert es, dass ein Mann aus dem Showgeschäft ihn kennt. Es würde mich interessieren, wie Sie auf diesen Stoff gestoßen sind. Doch lassen Sie sich zuerst sagen, dass ich Ihre Show bisher ausgezeichnet fand. Wirklich. Das ist nicht nur so dahingesagt, weil es nichts kostet. Ich meine das auch. Die Wirkung auf das Publikum war ungeheuer. Das ist Ihnen sicherlich nicht entgangen.«
    St. Laurent strahlte.
    »Dann wird Sie der Block nach der Pause noch mehr überzeugen. Dann kommt die große Beschwörungszeremonie.«
    Schlagartig fiel ein Schatten über Professor Zamorras Gesicht. »Die Beschwörungszeremonie?«
    In diesem Augenblick klingelten die Glocken, die das Ende der Pause ankündeten.
    »Tut mir wirklich Leid«, sprudelte es aus Yves St. Laurent heraus.
    »Die Pause war leider viel zu kurz. Ich muss jetzt unbedingt zurück hinter die Bühne. Darf ich Sie anschließend ins Sheraton bitten? Alle drei natürlich. Sie sind meine Gäste. Im Sheraton findet eine kleine Premierenfeier statt. Ich darf doch mit Ihnen rechnen?«
    St. Laurent sah sich noch einmal rasch um, und bevor der Professor ein weiteres Wort sagen konnte, war der Regisseur zwischen den Leuten verschwunden, die wieder den Türen zustrebten. Zurück blieb nur der zweifelnde Ausdruck in Zamorras Gesicht.
    Seine Stirn war gerunzelt.
    »Was ist plötzlich los mit dir, Chef?«, fragte Nicole, die empfindlicher als jeder Seismograph Zamorras wechselnde Stimmungen registrierte und meist sogar richtig zu deuten vermochte. »Worüber machst du dir Sorgen?«
    »Du siehst tatsächlich aus, als hättest du unvorbereitet in eine Pfefferschote gebissen«, witzelte Bill. »Was ist los, Bruder im Herrn?«
    »Keine Scherze jetzt«, sagte Professor Zamorra ernst. »Ihr habt es doch soeben gehört: er will die Beschwörungszeremonie bringen. Der Gedanke daran gefällt mir gar nicht. Man spielt nicht mit solchen Dingen. Die Dämonologie ist kein Thema, dessen sich Showregisseure annehmen sollten. Dafür ist das Gebiet viel zu gefährlich.«
    »Ich weiß, was du meinst«, sagte Bill und versuchte, seiner Stimme einen beruhigenden Klang zu verleihen. »Du fürchtest, die Beschwörung könnte so wortgetreu und fachgerecht ausfallen, dass etwas Unvorhergesehenes passiert. Aber du bist doch auch Wissenschaftler. Für dich ist doch Logik nicht irgendein nebulöser Begriff. Sicher, heute Abend ist Premiere, aber vorher haben doch auch zahlreiche Proben stattgefunden, von einer originalgetreuen Generalprobe gar nicht erst zu reden. Dann wäre das doch schon längst hinfällig gewesen, was du jetzt anscheinend befürchtest.«
    Professor Zamorra nickte gedankenverloren.
    »Klingt recht plausibel, was du sagst. Du vergisst nur eines dabei: Dämonen denken nicht logisch, soweit man bei ihnen überhaupt von denken reden kann. Du hast meine Zweifel nicht zerstreuen können. Ich bin nach wie vor beunruhigt.«
    Bill Fleming zuckte mit den Schultern.
    »Ich will und kann dir nicht in dein Fachgebiet hineinreden, aber so schlimm, wie du denkst, wird es bestimmt nicht werden. Wenn wir jetzt übrigens nicht bald auf unsere Plätze zurückgehen, werden wir es wohl auch nie erfahren. Die Vorstellung läuft gleich weiter.«
    »Okay, gehen wir.«
    Sie wandten sich wieder dem Zuschauerraum zu und reihten sich in den Strom der letzten ein, die das weiträumige Foyer verließen und sich auf die bequemen Polstersessel verteilten.
    Die Lichter verloschen flackernd. Wieder diese jahrhundertealte, monotone Musik, ein arhythmischer Singsang in einer fremden Sprache, die niemand verstand. Auch Yves St. Laurent nicht, so sehr er sich auch um eine Übersetzung der gefundenen Texte bemüht hatte. Doch mit dem sicheren Gespür eines Showmannes, der haargenau weiß, worauf es ankommt, hatte er bei seiner Inszenierung auf weitgehende Originalität geachtet und ihr nur ein paar dramaturgische Glanzlichter aufgesetzt.
    Aus dem Dunkel der Bühne glomm langsam das Innere eines prächtigen exotischen Palastes auf. Palmen wuchsen am Rande eines Wasserbeckens mit pechschwarzer, fluoreszierender Flüssigkeit, in der einige Mädchen
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