Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0047 - Der Alptraum-Garten

0047 - Der Alptraum-Garten

Titel: 0047 - Der Alptraum-Garten
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
Vom römischen Legionär bis zum Soldaten des Zweiten Weltkrieges war alles vertreten.
    Die Männer kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. »So etwas habe ich noch nie gesehen«, flüsterte Tom Jeffers. »Die Alte hat wirklich ein einmaliges Hobby.«
    »Wenn wir sie schon gefunden hätten, wäre mir wohler«, erwiderte Pierre. »Verdammt, das Haus kann gar nicht so weit entfernt sein. Die Insel ist doch kein riesiges Land.«
    Sie gingen noch einige Schritte und wunderten sich plötzlich, daß der Weg breiter wurde. Und hinter dem Regenvorhang wurde ein gewaltiges Denkmal sichtbar. Allein der Sockel erreichte fast die Größe eines ausgewachsenen Menschen. Was dann folgte, war gigantisch. Ein riesiger steinerner Bogenschütze bot sich den Blicken des Betrachters. Die Figur trug Stiefel, ein enges Wams, einen Brustschurz und Stulpenhandschuhe. Auch diese Figur schien von innen heraus zu leuchten, und dieses Flimmern griff auch auf die Augen über.
    Was die beiden Männer jedoch am meisten entsetzte oder erstaunte, war der gespannte Bogen in seiner linken Hand. Dieser Arm war ausgestreckt, während er den rechten angewinkelt und einen Pfeil auf die Sehne gelegt hatte.
    Die Spitze des Pfeils war, wie die gesamte Figur, aus Stein.
    Pierre und Tom blieben stehen. Fast andächtig starrten sie zu der Figur hoch, die von Regenschleiern umspült wurde und die gesamte Breite des Weges einnahm. »Fantastisch«, sagte Pierre.
    Tom nickte nur.
    »Hast du die Figuren alle gezählt?« fragte der Franzose.
    »Nein, aber ich glaube, daß es nirgendwo auf der Welt so viele Steinfiguren und Denkmäler auf engstem Raum gibt. Und so etwas haben wir nicht gewußt.«
    »Sei froh, daß du im Urlaub den alten Dorftrottel getroffen hast.« Pierre schüttelte das Wasser aus der Kapuze.
    »Sollen wir die Figur jetzt aufnehmen oder später?«
    »Später«, sagte Pierre. »Ich will erst mit der alten Frau reden. Das Haus kann bestimmt nicht mehr weit entfernt sein.«
    »Glaube ich auch.«
    Sie gingen weiter. Auch Tom Jeffers hatte das Fieber gepackt. Er übernahm die Führung und stampfte durch den knöcheltiefen Schlamm.
    Der Regen rauschte vom Himmel und hüllte die Männer in seine eintönige Melodie ein. Sie nahmen sie schon gar nicht mehr wahr, auch das Prasseln der Tropfen auf den wasserdichten Stoff. Sie hatten sich an die Geräusche gewöhnt.
    Und deshalb hörte Tom Jeffers auch den erstickten Schrei hinter sich.
    Er wirbelte herum.
    Dicht vor sich sah er seinen Freund Pierre Balmain. Der Reporter hatte den Mund weit aufgerissen, in seinen Augen lag ein ungläubiger Ausdruck.
    Doch das war es nicht, was Tom so entsetzte. Wie hypnotisiert starrte er auf den Pfeil, dessen Spitze aus der Brust seines Freundes ragte…
    ***
    Pierre Balmain stand selbst wie ein Denkmal. Er hatte beide Arme halb erhoben und um den Pfeilschaft geklammert. Weit aufgerissen waren seine Augen, und die Lippen formten Buchstaben, aus denen Tom Jeffers unschwer seinen eigenen Namen ablesen konnte.
    Der Pfeil war von hinten auf Pierre abgeschossen worden. Aber wer hatte ihn abgefeuert?
    Toms Blick glitt an Pierres Schulter vorbei und traf die Statue des Bogenschützen. Er stand noch immer da wie zuvor.
    Doch etwas hatte sich verändert. Der Pfeil des Bogenschützen lag nicht mehr auf der Sehne. Er steckte in Pierres Körper.
    Dieses Bild traf Tom Jeffers wie ein Schock. »Nein«, keuchte er, »nein, das darf nicht wahr sein. Ich – ich…«
    Ein schreckliches Stöhnen machte ihn auf Pierre aufmerksam. »Tom«, gurgelte er, »Tom – ich…«
    Die restlichen Worte verstand der Engländer nicht mehr. Sein Freund Pierre Balmain kippte nach vorn und fiel zu Boden. Schwer krachte er auf die Seite, während die grauen Regenschleier den Toten wie ein riesiges Leichentuch bedeckten.
    Tom fiel neben dem Freund in die Knie. Mit beiden Händen umfaßte er das blasse Gesicht und schaute in die starr blickenden Augen. Da wußte Tom, daß seinem Freund Pierre niemand mehr helfen konnte, daß dieser bereits vor einem höheren Richter stand.
    Das Regenwasser vermischte sich mit dem warmen Tränenstrom auf Toms Gesicht. Nein, er schämte sich nicht zu weinen.
    Aber er dachte in diesen Momenten nicht an die Gefahr, in der auch er sich befand. Bis er die Schritte hörte.
    Sie klatschten über den aufgeweichten Boden. Hastig fuhr Tom Jeffers herum. Da kam er.
    Die Gestalt eines römischen Legionärs schälte sich aus dem grauen Regenvorhang. Auch er war aus Stein, konnte aber laufen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher