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0041 - Die Treppe ins Nichts

0041 - Die Treppe ins Nichts

Titel: 0041 - Die Treppe ins Nichts
Autoren: Franc Helgath
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diesen Höhen. Immerhin ragte der Pico de Aueto fast dreieinhalbtausend Meter weit in den Himmel.
    Jetzt sah man nichts von ihm. Piere Laguère schaltete in den ersten Gang zurück. Das kleine, für diese Strecke total untermotorisierte Auto zuckelte weiter. Es war eine Fahrt ins Ungewisse.
    »Hast du auch die Karte an Mama eingeworfen?«, fragte Nana plötzlich. Das Mädchen wollte sich ablenken. Nur um irgendetwas zu sagen hatte sie gefragt. Es wollte von der rauen Wirklichkeit abgelenkt werden.
    »Aber ja, ich habe die Karte eingeworfen«, antwortete Laguère und zwang sich zu einem Lächeln. Es sollte beruhigend wirken, doch im selben Augenblick wusste er, dass er seine kleine Tochter damit nicht beruhigen konnte. Zu nah war noch der schreckliche Tod, dem sie soeben um Haaresbreite entronnen waren. Der Weg wand sich in Serpentinen den Hang hoch. Die Kurven schienen kein Ende zu nehmen.
    Doch immerhin ließ der Regen nach, je höher sie kamen. Nach knapp zehn Minuten war er einem leisen Tröpfeln gewichen. Nur die Wolkendecke lastete immer noch dick und schwer über dem Land. Immerhin konnte man jedoch schon fast wieder hundert bis zweihundert Meter weit sehen.
    Und Piere Laguère sah auch etwas, das nicht unbedingt in diese Gegend passte. Er hatte ganze Reihen von Reiseführern gewälzt, bevor er mit seinen Töchtern ins nördliche Spanien gefahren war.
    Doch dass es hier eine Burg geben sollte, das hatte in keinem gestanden. Aber auch wenn er sich über die Augen wischte, das Bild blieb.
    Auf dem Gipfel des Berges erhoben sich weiße Mauern. Es war auch der Augenblick, in dem der Motor des Fourgonette von einer Sekunde zur anderen zu rattern aufhörte. Nicht einmal ein letztes Stottern. Der Motor lief einfach nicht mehr. Schnell zog Laguère die Bremse an, sonst wäre der Wagen zurückgerollt. Er trat das Kupplungspedal und drehte den Zündschlüssel im Schloss.
    Nichts, absolut nichts. Der Wagen war alt. Er hatte ihn schon öfter im Stich gelassen, doch so noch nicht. Nicht einmal das gewohnte Husten ließ sich unter der Motorhaube hören. Es war, als wäre die gesamte elektrische Anlage des Wagens außer Betrieb.
    »Wir sitzen fest«, sagte Piere Laguère. »Der Wagen tut’s nicht mehr. Habt ihr eine Ahnung, wo wir sind?«
    Im selben Moment bereute er die Frage. Seinen Töchtern saß immer noch der Schreck von vorhin in den Gliedern. Die Straße, auf der sie gefahren waren, war von den Gewalten der Natur weggespült worden. Natürlich konnten sie nicht wissen, wo sie sich gerade befanden. Er wusste es doch selbst nicht.
    Eine weiße Burg? Seltsam!
    Er hatte nie etwas von einer weißen Burg gelesen, und doch stand sie da. Nicht im eigentlichen Sinne abschreckend, nur die Tatsache, dass sie wirklich existierte, irritierte Piere Laguère. Sie durfte gar nicht hier stehen. Sie war in keiner Karte vermerkt gewesen.
    Aber was sollte jetzt das ganze Grübeln? Sie saßen fest, und es blieb ihnen gar keine andere Wahl, als zur Burg hinüberzugehen.
    Und den Weg nach Ainsa zurücklaufen? Ein Wahnsinnsgedanke.
    Sie wären mehr als einen Tag unterwegs gewesen.
    Unter ihnen lagen die Wolken. Tiefer im Tal tobte das Ungewitter wie vorher. Sie waren einer Hölle entronnen, und Laguère wollte nicht dorthin zurück. Er stieg aus. Inzwischen hatte es sogar aufgehört zu tröpfeln. Sie waren nicht weiter als einhundertfünfzig Meter von der weißen Burg entfernt.
    Warum eine weiße Burg? Warum hier in dieser Gegend?
    Laguère wusste keine Antwort darauf. Er war ein praktisch veranlagter Mensch. Er würde hingehen und fragen. Vielleicht konnte man ihm dort helfen. Vielleicht hatte der Burgherr einen Wagen, mit dem er ihn und seine Töchter zurückbringen konnte.
    »Vertretet euch die Beine«, sagte er. »Wir kommen hier ohnehin nicht weiter. Geht mal mit mir. Wer hier lebt, muss ein Eremit sein. Da kann es nicht schaden, wenn ich mit zwei jungen, hübschen Französinnen aufkreuze. Das wird ihn milde stimmen und Verständnis für unsere Lage wecken.« Wohlgefällig betrachtete er seine Töchter.
    Nana war siebzehn, trug einen Rock, der knapp über den Knien endete, und die Formen ihrer jungen Brüste drückten sich gegen die weiße, hochgeschlossene Bluse. Piere Laguère hatte schon immer darauf geachtet, dass seine Töchter modische Firlefanzen – wie er sie nannte – nicht mitmachten. Er wollte, dass sie stets züchtig gekleidet waren. Noch dazu, wo beide Töchter ausnehmend hübsch waren.
    Man musste schon aufpassen, wenn
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