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0032 - Der Turm der 1000 Schrecken

0032 - Der Turm der 1000 Schrecken

Titel: 0032 - Der Turm der 1000 Schrecken
Autoren: Friedrich Tenkrat
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mißtrauisch. Seit Holding über ihn hergefallen war, glaubte er, keinem Menschen mehr trauen zu können. Ich ließ es zu, daß er mir meinen Dienstausweis aus der Hand nahm und eingehend prüfte.
    Erst danach ließ er uns eintreten. Das Erlebnis lag drei Tage zurück. Doch Barclay hatte es noch nicht ganz verdaut. Kopfschüttelnd sagte er: »Ich kann es immer noch nicht begreifen. George und ich waren Freunde. Zwischen uns gab es nie ein böses Wort. Wir hatten uns noch nie gestritten. Sie können sich meinen Schrecken nicht vorstellen, als er plötzlich bei mir aufkreuzte und mir sagte, daß er mich töten wolle. Einfach so.« Barclay schnippte mit dem Finger.
    »Sagte Holding sonst noch was?« wollte ich wissen.
    »George war ganz käsig im Gesicht. Seine Stimme klang anders.«
    »Was war damit?« wollte ich wissen.
    »Es war nicht die Stimme von George. Es war eine fremde Stimme, mit der er sprach. Ich habe keine Erklärung dafür, aber Sie können mir glauben, was ich sage. Ich war zwar furchtbar aufgeregt, aber wenn man einen Menschen so lange kennt wie ich George kenne, dann fällt einem so etwas auf.«
    »Haben Sie nachher mal wieder mit Holding gesprochen?« wollte ich wissen.
    Barclay schüttelte den Kopf.
    »Sie können ihm nicht verzeihen, was er getan hat, nicht wahr?« sagte ich.
    »Könnten Sie das?« fragte Barclay mit erhobener Stimme.
    »Keine Ahnung«, erwiderte ich.
    »Er ist heute erst aus der Heilanstalt zurückgekommen«, sagte Jim Barclay. »Ich denke, es läge bei ihm, zu mir zu kommen und sich zu entschuldigen.«
    »Vielleicht schämt er sich dessen, was er getan hat.«
    »Mag sein. Jedenfalls kann er nicht verlangen, daß ich ihm nach allem auch noch nachlaufe.«
    Ich äußerte die Hoffnung, daß zwischen ihm und George Holding wieder alles in Ordnung kommen würde, und verabschiedete mich dann von Barclay. Er wies mit den Augen in die Richtung, in der sich Holdings Wohnung befand.
    »Gehen Sie jetzt zu ihm?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Seien Sie vorsichtig«, warnte er mich. »Man kann schließlich nie wissen…« Den Rest ließ er offen. Ich wußte dennoch, was er damit sagen wollte.
    Wenige Augenblicke später standen wir vor George Holdings Tür. Bevor ich schellte, zog sich Jim Barclay zurück, um von Holding nicht gesehen zu werden. Es würde wohl sehr lange dauern, bis es zwischen den beiden Männern wieder so war, wie es einmal gewesen war.
    Holding machte einen niedergeschlagenen Eindruck. Er war deprimiert. Was er getan hatte, lastete schwer auf seinem Gewissen, das merkte ich sofort. Ich erklärte ihm, weswegen wir zu ihm kamen, nannte meinen und Sukos Namen, wies mich auch ihm gegenüber aus.
    Er nickte gleichgültig. Nichts schien ihn mehr erschüttern zu können. Das schlimmste, was ihm hatte zustoßen können, war ihm bereits passiert. Mehr konnte seiner Meinung nach nicht mehr geschehen.
    Er bot uns im Wohnzimmer Platz an, blieb selbst aber stehen. »Möchten Sie etwas trinken, Oberinspektor?« fragte er mit tonloser Stimme.
    »Danke nein«, sagte ich.
    »Und Sie, Mr. Suko?«
    Mein Partner schüttelte schweigend den Kopf.
    Auf mich machte Holding einen völlig vernünftigen Eindruck. Er sah nicht aus wie ein Amokläufer. Mir fiel auf, daß ihn unsere Anwesenheit nervös machte.
    Er knetete ununterbrochen seine Finger. Sie knackten hin und wieder. Schließlich hielt er das Schweigen nicht mehr aus und er sagte heiser: »Sie haben mich heute erst aus dem Sanatorium entlassen. Ich war da zur Beobachtung.«
    »Sie sind okay, nicht wahr?«
    »Das behaupten die Ärzte. Jedenfalls konnten sie nichts feststellen. Meine Reaktionen entsprechen der üblichen Norm. Ich bin kein Idiot – und doch habe ich eine absolut idiotische Tat begangen. Sie waren bei Jim Barclay, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Was hat er Ihnen erzählt?«
    »Nicht sehr viel«, antwortete ich ausweichend.
    »Ich bin für ihn erledigt, wie?«
    »Er erwartet von Ihnen, daß Sie sich entschuldigen.«
    George Holding senkte den Blick. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen. »Ja. Ja, ich denke, er hat das Recht, das zu erwarten. Ich werde ihn aufsuchen. Heute noch. Sie können sich nicht vorstellen, wie ich mich schäme.«
    »Sie können nichts für die Tat«, sagte ich.
    Holding schaute mich erstaunt an. »Sagen Sie das bloß, um mir Sympathie abzuringen, Oberinspektor?«
    »Ich sage nur, was ich auch ehrlich meine«, gab ich zurück. »Ist es zuviel verlangt, wenn ich Sie bitte, meinem Freund und mir zu erzählen,
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