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0028 - Insel der Seelenlosen

0028 - Insel der Seelenlosen

Titel: 0028 - Insel der Seelenlosen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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betrat ich die Horrorbahn. Eine undurchdringliche Schwärze umgab mich sofort.
    Der Lärm der Hölle brandete mir entgegen. Boshaftes Gelächter, Geheul. Knurren und Grunzen. Nach wie vor hatte ich die Eisenstange, mit der ich den Dämon in die Flucht geschlagen hatte, in meiner Hand.
    Ich stolperte über Schienen und Stufen.
    Der Ausrufer plärrte draußen in sein Mikrophon: »Wer ist an einer handfesten Gänsehaut interessiert? Nur für starke Nerven! Bei uns kriegen Sie garantiert einen Schock fürs Leben!«
    Etwas zischte durch die Dunkelheit. Instinktiv zog ich den Kopf ein. Tack. Ein Messer steckte knapp neben mir brummend im Holz. Ich federte zur Seite. Beinahe wäre ich über einen Sarg gefallen. Die Kiste stand mitten im Weg. Sie öffnete sich polternd.
    Ein fluoreszierendes Skelett richtete sich mit grinsendem Totenschädel auf. Ich begriff sofort, daß dies kein alltäglicher mechanischer Spuk war. Der Dämon, hinter dem ich her war, hatte das Skelett aus dem Sarg geholt. Die Kraft des Bösen belebte den Knochenmann. Er griff mich mit knarrenden Gelenken an.
    Sein Unterkiefer klapperte, als ich ihm mit der Eisenstange Einhalt gebot. Mit einem Tritt beförderte ich den Knochenmann in den Sarg zurück. Ich warf hastig den Deckel darauf und fixierte ihn mit einem rasch gesprochenen Bannspruch.
    Das Skelett polterte wütend im Sarg, war aber nicht mehr in der Lage, herauszukommen und mich zu attackieren.
    Doch schon zog der Dämon, den ich mir greifen wollte, die nächsten Register. Kreisend griff mich ein mächtiger Aasgeier an, dessen Augen bernsteinfarben funkelten. Sein großer Schnabel hackte nach meinen Augen, während seine Fänge mein Gesicht zerfleischen wollten.
    Ich warf mich herum, stieß gegen die Wand, nahm das Silberkreuz ab und hieb damit beim zweiten Angriff nach dem Blutvogel. Der Aasfresser peitschte daraufhin entsetzt die Luft mit seinen gewaltigen Schwingen. Torkelnd wirbelte er durch die Finsternis, und ich hörte ihn gleich darauf hart zu Boden fallen.
    Und dann sah ich den Kerl, dessen Herz gebrannt hatte, wieder.
    Er stand neben der hoch gewachsenen Gestalt eines Folterknechtes, der eine scharlachrote Kapuze trug.
    Der Knecht setzte sich mit ungelenken Schritten in Bewegung. Er kam knurrend auf mich zu. Gluthelle Augen funkelten mich aus den Schlitzen der Kapuze an. Er hielt in seinen Händen ein schweres Richtschwert, das er jetzt hoch schwang und surrend auf mich herabsausen ließ.
    Mit einem wilden Satz brachte ich mich vor dem blitzenden Schwert in Sicherheit. Es gelang mir, die ungedeckte Flanke des Folterknechtes zu erreichen.
    Mein silbernes Kruzifix brannte ihm, als ich ihn damit berührte, eine tiefe Wunde in den Leib.
    Er heulte und brüllte, drehte sich um die eigene Achse und schlug wie verrückt um sich. Ich kümmerte mich nicht weiter um ihn. Mein ganzes Augenmerk richtete sich auf den Burschen, der mich auf der Baustelle fertigzumachen versucht hatte. Er sah mich auf sich zukommen, und ergriff sofort wieder die Flucht.
    Es gelang ihm, die Geisterbahn zu verlassen.
    Ich war ihm zwar dicht auf den Fersen, aber er schaffte es dennoch, den Rummelplatz hinter sich zu lassen. Wieder vergrößerte sich sein Vorsprung. Wieder keuchte ich hinter ihm durch schmale, finstere Straßen her.
    Einen Moment verlor ich ihn aus den Augen.
    Dann auf einmal ein Schrei, der mir die Haare zu Berge stehen ließ.
    Der Schrei eines Mädchens! Ausgestoßen in allergrößtem Schrecken!
    Mir fuhr ein Eissplitter ins Herz.
    ***
    Ich jagte um die Ecke. Mein Gesicht war vor Anstrengung verzerrt. Ein Mädchen wankte mir entgegen. Gut angezogen. An jedem Finger einen Ring. Sie war hübsch, doch leichenblaß unter der dezenten Schminke. Ihr nußbraunes Haar war kurz geschnitten. Ihre großen, kindlichen Augen waren starr auf mich gerichtet.
    Sie drohte umzufallen, deshalb eilte ich ihr entgegen und fing sie auf, als ihre Knie nachgaben. Sie hing in meinen Armen, war unfähig, ein Wort zu sagen. Tränen stiegen ihr in die Augen. Ich spürte, daß sie am ganzen Leib zitterte.
    »Ich… ich habe etwas Entsetzliches gesehen«, preßte sie mühsam hervor, nachdem sie ihre Stimme wieder gefunden hatte. »Einen Mann… Nein, eigentlich war es kein Mann… Ein Monster war es. Oh, es war so schrecklich. Ich dachte, meine letzte Sekunde hätte geschlagen. Ich kann es immer noch nicht glauben. Sir, ich habe ein Monster gesehen. Wirklich. Einen Kerl, halb Mensch, halb Spinne. Wie ist so etwas möglich? Wie kann so
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