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0028 - Insel der Seelenlosen

0028 - Insel der Seelenlosen

Titel: 0028 - Insel der Seelenlosen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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ein Wesen nachts durch diese friedlichen Straßen rennen? Als er mich sah, kam er auf mich zu. Seine kalten Augen starrten mich mordlüstern an. Er wollte über mich herfallen. Es war schrecklich. Da… da… habe ich geschrieen – und diese grauenerregende Bestie löste sich vor meinen Augen in Luft auf. Sie müssen mir glauben, was ich sage, Sir. Ich bin nicht verrückt. Genauso hat es sich zugetragen.«
    »Ich glaube Ihnen«, sagte ich.
    Ich ließ das Mädchen langsam los. Sie kippte nicht um, blieb auf ihren eigenen Beinen stehen.
    Es ärgerte mich, daß es dem Dämon gelungen war, sich in Luft aufzulösen. Jetzt würde ich wohl nie erfahren, aus welchem Grund die ganze Geschichte inszeniert worden war.
    Hatte das Wesen aus den Dimensionen des Grauens etwa eine Extratour gegen mich geritten?
    »Sie haben mir das Leben gerettet«, sagte das Mädchen mit bebender Stimme.
    »Das ist ein bißchen übertrieben«, sagte ich bescheiden.
    »Doch, doch. Wenn Sie nicht gekommen wären, hätte dieser Kerl mich glatt umgebracht. Ich weiß es. Mein Name ist Maeve Easton.«
    »John Sinclair«, stellte ich mich vor.
    Maeve blickte mich erstaunt an. »Ist es möglich, daß ich von Ihnen schon mal in der Zeitung gelesen habe?«
    »Ja, das könnte sein«, erwiderte ich.
    »Dann sind Sie Oberinspektor Sinclair von Scotland Yard?«
    »Richtig.«
    Maeve Easton sah mich mit riesigen Augen an. »Oberinspektor John Sinclair, der Geisterjäger!« faßte sie schnell hervorsprudelnd zusammen. Sie wies dorthin, wo ihr der Dämon begegnet war. »Sie waren hinter diesem entsetzlichen Kerl her, nicht wahr?«
    Ich nickte. »So ist es.«
    »Wer war das?«
    »Das weiß ich auch nicht. Jemand rief mich an…« Ich erzählte dem Mädchen, wie sich die Sache zugetragen hatte, Maeve hörte mir mit halb offenem Mund zu. Sie kam aus dem Staunen nicht heraus. Ich fragte sie, was sie allein in dieser finsteren Ecke zu suchen hatte. Sie erklärte mir, sie wäre bei einer Freundin gewesen, habe sich nach dem Besuch noch ein bißchen die Füße vertreten wollen und sei deshalb zu Fuß nach Hause gegangen.
    »Ich wohne gleich hier um die Ecke«, sagte Maeve. Angst schimmerte in ihren schönen Augen. »Ob dieser Kerl sich noch einmal zeigen wird?« fragte sie gepreßt.
    »Das nehme ich nicht an.«
    »Aber mit Sicherheit können Sie meine Frage nicht verneinen.«
    »Dämonen sind hin und wieder äußerst unberechenbar.«
    Maeve schluckte. »Sie machen mir nicht gerade Mut.«
    »Möchten Sie, daß ich Sie nach Hause begleite?«
    »Das wäre nett von Ihnen. Ich bin vollkommen durcheinander, seit ich diesem Burschen begegnet bin. Warum wollte er sich auf mich stürzen?«
    »Vielleicht überkam ihn bei Ihrem Anblick ein Blutrausch.«
    Maeve Easton fuhr sich an die bebenden Lippen. »Großer Gott.«
    »Versuchen Sie, ihn zu vergessen. Sie werden ihn wahrscheinlich nie mehr wieder sehen. Ich glaube, er ist froh, daß er sich vor mir aus dem Staub machen konnte.« Ich ging mit ihr. Sie hakte sich wortlos bei mir unter und stöckelte neben mir her. Ich überragte sie um mehr als einen Kopf. Ein zierliches, zerbrechlich wirkendes Persönchen war sie. Rundum nett. Wenn der Kerl sie angefallen hätte, wäre von ihrer Schönheit jetzt nichts mehr übrig gewesen.
    »Einen gefährlichen Job haben Sie«, sagte Maeve, als wir in die Straße einbogen, in der sie wohnte.
    »Ich habe mich an die Gefahr gewöhnt«, erwiderte ich.
    »Sie kann wohl nicht so schnell etwas erschüttern, wie?«
    »O doch, es gibt einiges, das mich selbst heute noch aus der Bahn zu werfen vermag. Ich bin schließlich kein Supermann.«
    Wir erreichten das Haus, in dem Maeve wohnte.
    »John«, sagte sie leise.
    »Hm?« machte ich.
    »Ich habe Sie vorhin belogen. Entschuldigen Sie. Ich hätte Ihnen die Wahrheit sagen sollen. Zu einem Mann, der einem das Leben gerettet hat, sollte man Vertrauen haben.«
    Sie schaute mich verlegen und um Verzeihung bittend an. Ihre Lippen glänzten feucht und verführerisch. »Ich war bei keiner Freundin. Ich war bei einem Mann.«
    Ich hob die Schultern. »Das geht mich doch nichts an, Maeve. Sie sind mir keine Rechenschaft schuldig.«
    »Das weiß ich, aber ich möchte, daß Sie über mich Bescheid wissen. Sie haben sehr viel für mich getan, John.«
    Ich wollte protestieren, doch sie legte mir den Finger auf den Mund und schüttelte den Kopf.
    »Sagen Sie nichts«, bat sie mich. »Ich gehöre zu der Sorte von Mädchen, die ein Mann anrufen kann, wenn er sich einsam
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