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0026 - Die Braut des Henkers

0026 - Die Braut des Henkers

Titel: 0026 - Die Braut des Henkers
Autoren: Michael Kubiak
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lebender Toter, den der Zufall aus seinem Grab geholt hatte.
    Die letzten Häuser des Dorfes blieben zurück, und die Menge ergoss sich über den Sandstrand.
    Der Magier steuerte auf die beiden Felsblöcke zu, vor denen Zamorra am späten Nachmittag gelandet war. Der Anblick der Felsen brachte seine Gedanken wieder in Bewegung. Erinnerungen regten sich in seinem Gehirn. Irgendwoher kannte er diese urweltlichen Felsblöcke. Sie erschienen ihm als ungeheuer wichtig und bedeutend für seine Existenz.
    Deutlich erkannte er den schmalen Spalt zwischen ihnen. Der Spalt war finster. Ein Erinnerungsfetzen gaukelte ihm eine Lichterscheinung vor, die er schon einmal dort erlebt haben musste.
    Vor den Felsen blieb der Magier stehen. Er ließ die Leute herankommen und bedeutete ihnen, sie sollten sich im Halbkreis aufstellen. Sie folgten der Aufforderung sofort.
    Zamorra trat in die Mitte des Kreises neben den unheimlichen Zauberer. Mit gesenktem Kopf und in sein Schicksal ergeben stand er da und harrte der Dinge.
    Auf eine Handbewegung des Magiers hin verstummten die wütenden Schreie der Masse. Aufmerksam folgten sie dem Geschehen, und die Vorfreude auf das Kommende stand in ihren Gesichtern geschrieben.
    »Leute, wir sind hierher gekommen, um ein Urteil zu fällen. Dieser Mann hier wollte das Henkerbeil nehmen und ein Amt ausüben, das ihm nicht ansteht. Er wollte euch weiterhin in Angst und Schrecken stürzen, wollte den Kindern die Mütter nehmen, den Männern die Frauen. Er hat sich eingeschlichen. Er gehört nicht zu unserer Gemeinschaft. Was soll mit ihm geschehen?«
    Ein höhnischer Unterton lag in seiner Stimme, doch niemand schien es zu bemerken. Er hatte sie fest in der Hand. Niemand wagte es, sich ihm entgegenzustellen. Alle hingen an seinen Lippen und lauschten gierig auf das, was er ihnen sagte.
    »Tötet ihn! Tötet ihn!«, gellten die Schreie auf.
    Er grinste bösartig. Ja, so war es richtig. Sollten diese Schwächlinge ruhig Schuld auf sich laden. So hatte er sie später nur um so fester in seiner Hand. Und dann konnte er mit einem Heer aus Satansdienern seine grausigen Werke fortsetzen.
    »Nun gut«, rief er mit dröhnender Stimme. »Ihr habt also euer Urteil gesprochen. Er soll sterben durch die Waffe, mit der er euch das Verderben bringen wollte. Hier an dieser Stelle, wo eine aus eurer Mitte, Ophelia, die Tochter des alten Killaern, sich das Leben genommen hat, soll sein Blut im Sand versickern. So ist auch ihr Tod gerächt und der Tod der anderen unschuldig Hingerichteten. Es sei. Ich werde das Urteil ausführen.«
    Damit wandte er sich an Zamorra. »Du siehst, wie es ist. Keiner will dir helfen. Hier ist dein Weg zu Ende. So geschieht es jedem, der sich mit den Mächten des Bösen einlässt und sie herausfordert.«
    Zamorra hörte die Worte, doch sie drangen nicht bis in sein Gehirn. Er hielt immer noch das Beil des Hexenhenkers von Coryhead.
    Jetzt kam der Magier auf ihn zu und griff danach. Ohne irgendwelche Gegenwehr ließ Zamorra sich von ihm das Beil aus der Hand nehmen.
    »So, du großer Geisterjäger, dein letztes Stündlein hat geschlagen. Knie dich nieder, damit wir es bald hinter uns bringen. Zu lange haben wir dein Tun geduldet.«
    Zamorra hob den Kopf. Sein Blick saugte sich an dem weißen Streifen der Brandung fest, die donnernd an den Strand rollte. Bilder tauchten vor seinem geistigen Augen auf, die er schon einmal gesehen hatte. Erinnerungen an eine Nacht wie diese, in der er ebenso am Strand, an diesem Strand, gestanden hatte und ähnlich Unwirkliches erlebt hatte wie jetzt.
    Er hatte etwas gerufen, hatte etwas erlebt, was über die Grenzen normalen Verständnisses hinausging. Langsam, zögernd sank er in die Knie.
    Sein Innerstes sträubte sich, dem Befehl des Magiers zu folgen. Im Zeitlupentempo beugte sich sein blutverschmierter Oberkörper vor.
    Der Kopf sackte nach vorn, sodass der Hals eine waagerechte Linie bildete.
    Wie ein Opferlamm kniete er da.
    Der Magier trat zurück und hob das Henkerbeil. Es schimmerte im Mondlicht. Ein Raunen ging durch die Menge.
    »Ihr Herren der Finsternis, seht, welches wertvolle Opfer ich euch darbringe«, dröhnte die Stimme des Zauberers. »Mit ihm stirbt unser größter Feind, der Mensch, der zwischen uns und unserer Herrschaft auf der Erde steht. Das soll jetzt ein Ende haben!«
    In sein Schicksal ergeben erwartete Zamorra, dass der Zauberer zuschlug.
    Da durchzuckte ihn ein elektrisierender Funke. Ein Schrei ertönte in seinem Inneren.
    Es war
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