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0026 - Die Braut des Henkers

0026 - Die Braut des Henkers

Titel: 0026 - Die Braut des Henkers
Autoren: Michael Kubiak
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verstummten die Stimmen. Die gesamte Einwohnerschaft von Coryhead musste sich hier eingefunden haben.
    Zamorra sah die bleichen Gesichter, die gespannt auf den Zauberer gerichtet waren.
    Der trat aus dem Haus, und die Leute wichen einen Schritt zurück.
    Er hob das umgedrehte Kreuz hoch über seinen Kopf.
    »Seht her!«, rief er über den Platz. »Seht her! Das ist das Zeichen des Satans. Ich habe euch eine interessante Neuigkeit zu verkünden. Heute kam dieser Mann hierher und brachte mir das Henkerbeil unseres alten Hexenhenkers, den ihr über alles gehasst habt. Er bot sich an, die Arbeit von Douglas Thromby zu übernehmen. Er will der neue Henker sein.«
    Ein erregtes Stimmengemurmel war die Antwort. Mit einer Handbewegung verschaffte sich der Magier erneut Gehör.
    »Wir alle wissen, wie grausam der alte Henker gewütet hat. Leute, ich frage euch, können wir es zulassen, dass wieder jemand kommt und die schrecklichen Taten des alten Henkers fortsetzt?«
    Wieder erklangen aufgeregte Stimmen.
    »Nein! Wir haben lange genug gelitten. Wie viele unserer Frauen mussten auf dem Scheiterhaufen ihr Leben lassen. Tötet den Fremden! Hängt ihn auf, ebenso wie wir es mit dem alten Henker gemacht haben. Gebt keine Gnade!«
    Es war der Vater von Ophelia Killaern, der diese Worte gerufen hatte. Er hatte den Verlust seiner Tochter noch nicht überwunden.
    Seit zwei Tagen schon war Ophelia, sein einziges Kind, verschwunden. Er begriff nicht, dass er nicht mehr Herr seiner selbst war, dass er eine Marionette des Bösen war, das hier in diesem Dorf seine schreckliche Herrschaft aufgebaut hatte.
    Er konnte auch nicht ahnen, dass Elias, der Zauberer, alle Menschen in seiner Macht hatte und mit ihnen alles tun konnte, was ihm einfiel. Er hatte sie zu seinen Werkzeugen gemacht.
    Elias lachte leise.
    »Na, Zamorra, hörst du diese Idioten? Von ihnen kannst du keine Unterstützung erwarten. Sie sind genauso Opfer der dämonischen Mächte, wie du es bist. Sie wollen dein Blut sehen, denn du erinnerst sie an ihre eigenen Untaten, die sie nur aus ihren Albträumen kennen und für die sie eigentlich gar nicht verantwortlich sind. Mein Vater hat es immer schon gesagt. ›Geh aufs Land, mein Sohn, und verbreite dort die Lehre des Bösen. Wenn du es richtig anstellst, dann wird man dir zuhören und dir auch Glauben schenken‹. Du siehst es ja selbst, Zamorra. Mein Vater hatte Recht.«
    Er drehte sich wieder um und ließ seinen glühenden Blick über die Schar schweifen. »Ihr habt Recht, Leute. Wir dürfen kein Mitleid mit dem Fremden haben. Er soll ebenso sterben, wie eure Frauen und Töchter gestorben sind und wie er sie selbst auch sterben lassen wollte. Lasst uns hinuntergehen zum Strand und das Werk vollenden. Der Sand soll mit seinem Blut getränkt werden, und wir werden wieder unsere Ruhe haben, Leute. Folgt mir jetzt!« Damit setzte er sich in Bewegung.
    Zamorra ging ihm nach. Der Magier hatte ihn völlig in seiner Gewalt. Er verdrängte jeden normalen Gedanken aus seinem Gehirn und ließ ihn zu einer Puppe werden, die dem gehorchen muss, der sie in Gang setzt und mit ihr spielt.
    Die Menschen bildeten eine Gasse. Am Tag war in ihren Gesichtern noch Neugierde gewesen, jetzt lag der blanke Hass darin.
    Als Zamorra durch die Gasse aus Menschenleibern hindurchging, hörte er wüste Flüche und Verwünschungen. Fäuste reckten sich und drohten ihm. Man spuckte ihn an.
    Er ertrug es, weil er musste und sich nicht zur Wehr setzen konnte. Wie ein Automat setzte er Schritt vor Schritt und ging hinter dem Magier her, der die Schar anführte. Fackeln wurden geschwungen und beleuchteten die Häuser am Wegrand.
    Sie standen leer, denn alle hatten sich vor dem Haus des Magiers eingefunden, waren seinem Ruf gefolgt, von dem sie nicht ahnten, dass er sie zu Kreaturen des Satans werden ließ.
    Die ersten Dorfbewohner fanden den Mut, den Fremden anzufassen. Hände griffen nach Zamorra, rissen ihm den Pullover herunter.
    Fingernägel fetzten ihm ins Fleisch. Blutige Striemen bedeckten bald seinen Oberkörper.
    Zamorra spürte die Schmerzen, konnte sich jedoch nicht wehren.
    Langsam und unter wüstem Wutgeheul bewegte sich die makabre Prozession auf den Strand zu.
    Mittlerweile war auch der Mond aufgegangen und beleuchtete diese unwirkliche Szene des Grauens und der Gewalt. Stürmischer Wind fegte durch die Gassen zwischen den Häusern.
    Frauenstimmen kreischten Nerven zerfetzend. Die Männer grölten. Immer noch benahm Professor Zamorra sich wie ein
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