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0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt

0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt

Titel: 0021 - Der Atomkrieg findet nicht statt
Autoren: Kurt Mahr
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Teufel zu bedauern, die um diese Zeit arbeiten mußten.
    Er hatte eine Zigarette zwischen den Lippen und kümmerte sich nicht darum, daß sie längst ausgegangen war. Kalenkin war Nichtraucher und hatte sich die Zigarette nur der Echtheit halber in den Mund gesteckt. Seine Geduld wurde auf keine allzu lange Probe gestellt. Etwa eine Dreiviertelstunde, nachdem er den Posten bezogen hatte, kam der Mann die Straße entlang, auf den er zu achten hatte, und strich sich mit der rechten Hand von hinten her über den Kopf.
    Das verabredete Zeichen! Der Mann war in Ordnung!
    Vor dem Fabriktor bog er ab und marschierte auf dem schmalen Weg an der Mauer entlang, die in einer Höhe von nahezu drei Metern das ganze Fabrikgelände umgab. Major Kalenkin tippte auf seine Armbanduhr, die in Wirklichkeit keine war, und löste durch die Bewegung einen Kontakt aus, der die Männer alarmierte, die im Hintergrund der Szene auf ihren Einsatz warteten. Dann stieß er sich von seiner bequemen Hausecke ab und folgte dem Mann, der das verabredete Zeichen in regelmäßigen Abständen wiederholte, um Kalenkin zu versichern, daß er immer noch in Ordnung sei.
    Der schmale Weg war zum Beschatten wie geschaffen. Kleine Traktoren mit langen Reihen beladener oder unbeladener Anhänger schoben sich pausenlos aneinander vorbei, dazwischen marschierten Arbeiter, und drei Bautrupps waren damit beschäftigt, die an verschiedenen Stellen schadhafte Mauer auszubessern.
    Alles in allem war es ein Gewimmel, in dem Kalenkin gute Aussichten hatte, unbemerkt zu bleiben. Der Mann, der sich von Zeit zu Zeit von hinten her über das Haar strich, betrat schließlich durch ein Seitentor das Fabrikgelände. Kalenkin folgte ihm in sicherem Abstand. Er war jetzt überzeugt davon, daß nichts mehr schiefgehen könne.
    Der gewaltige Abdampfkessel der Reaktorstation, die die Fabrik unabhängig vom städtischen Netz mit Energie versorgte, war nur noch hundert Meter entfernt.
     
    *
     
    Nikolaj und Deringhouse sprachen unterwegs kein Wort miteinander. Nikolaj marschierte voran und verließ sich darauf, daß der Agent ihm folge.
    Er führte ihn bis zum Tor einer staatlichen Fabrik und bog dann nach links ab. An der Fabrikmauer entlang führte der Weg bis zu einem Seitentor, durch das Nikolaj, im Trubel der Arbeiter und Fahrzeuge offenbar unbemerkt, in das fabrikeigene Gelände hineinmarschierte. Unbeirrbar hielt er auf einen gewaltigen Metallkessel zu, der sich abseits der eigentlichen Fabrikanlagen aus dem Boden bis zu einer Höhe von etwa achtzig Metern erhob.
    Als der Strom der Arbeiter, die Nikolajs seltsames Gespräch mit einem Unsichtbaren vielleicht hätten hören können, weit genug entfernt war, sagte der Alte: „Strelnikow hält sich nicht etwa in diesem Kessel versteckt, sondern in jener Wachstube in halber Höhe, zu der der Außenlift hinaufführt. Sehen Sie sie?"
    Deringhouse sah den Lift und die kurze Fensterreihe, die die Metallwand des Kessels in etwa vierzig Metern Höhe durchbrach. „Nur weiter!" befahl er. Niemand hielt sie auf, als sie den Lift betraten und an der Kesselwand entlang in die Höhe schwebten. Sie stiegen aus und betraten - Deringhouse voran - den ersten der Überwachungsräume, die hier ein Stück weit unter der Wand des Kessels entlangliefen. Nikolaj schien es aufs neue mit der Angst zu tun zubekommen.
    „Wenn er mich sieht", flüsterte er, „ wird er..."
    „Keine Angst!" sagte Deringhouse. „Kommen Sie!"
    Der Raum hatte außer dem Eingang, durch den sie gekommen waren, noch zwei Türen. „Wohin?" fragte Deringhouse. Nikolaj wußte es nicht. „Ich werde es hier versuchen", kündete Deringhouse an und ging auf die Tür zu, die an der Seitenwand des Raumes lag.
    Nikolaj sah ihn nicht, aber er sah den Eindruck seiner Stiefel oder vielmehr des Prallfeldes der Stiefel in dem weichen Plastikbelag des Bodens. In der Nähe des Eingangs blieb Nikolaj stehen.
    „Sie ist offen", stellte Deringhouse fest und stieß die Tür auf.
    Nikolaj hob die Hand. Es sah harmlos aus, als wolle er sich an dem Türrahmen festhalten, aber bevor er den Rahmen noch erreicht hatte, tauchte aus der Luft der Lauf einer Waffe auf, und Deringhouses harte Stimme sagte: „Weit genug, alter Mann! Heb deine Hand nur einen einzigen Zentimeter höher, und du wirst deinen eigenen Triumph nicht mehr erleben."
    Nikolaj wurde blaß, aber man sah es nicht. Die Hand fing an zu zittern, schwankte ein wenig und sank schließlich herab. Deringhouses Fußtritte kamen über den
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