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0021 - Anruf aus dem Jenseits

0021 - Anruf aus dem Jenseits

Titel: 0021 - Anruf aus dem Jenseits
Autoren: Jason Dark
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er ist überfahren worden. Von einem Lastwagen. Fahrerflucht. Wir haben nie gehört, wer dieser Mann war. Nun ja, das ist zwei Jahre her. Ich mußte mich durchschlagen, konnte die Wohnung nicht mehr halten und habe diese miese Stelle angenommen. Wissen Sie was?« Sie hob den Kopf und sah mir ins Gesicht. »Irgendwann ist auch der letzte Rest von Ehre weg. Dann ist dem Menschen alles egal.« Sie begann zu weinen.
    Ich ließ ihr Zeit. »So dürfen Sie nicht reden, Mrs. Wayne«, sagte ich dann.
    Sie schluckte zweimal, hob den Kopf und entschuldigte sich. »Es tut gut, wenn man mit jemandem über seine Probleme reden kann«, erwiderte ich, »aber um noch einmal auf Ihren Mann zurückzukommen: Hatte er keinen Club, in den er ging, keine Hobbys, keine Freunde, mit denen er sich traf? Bitte, Mrs. Wayne, überlegen Sie sehr genau, es ist sehr wichtig.« Sie dachte nach, stützte den Kopf in beide Hände.
    Ich sah förmlich, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Dann nickte sie. »Da war tatsächlich etwas. Aber das ist so unbedeutend…«
    »Erzählen Sie es.«
    »Einmal im Monat traf sich Peter mit Freunden auf einem alten Hausboot.«
    »Im Themsehafen?« fragte ich.
    »Ja.«
    »Kennen Sie den Namen des Schiffes?«
    »Moment, er hat ihn mir gesagt.« Sie überlegte wieder. Dann wußte sie den Namen. »Dark Cloud heißt das Schiff.«
    »Dunkle Wolke«, wiederholte ich. »Sie wissen nicht zufällig, wer der Eigner des Kahns ist?«
    »Nein, das hat er mir nie gesagt. Ich habe auch gar nicht danach gefragt.«
    Ich kam wieder auf die Telefonate zurück. »Haben sich die Telefonate wiederholt?«
    »Nein, bis jetzt nicht.«
    »Und eine Botschaft hat Ihnen Ihr verstorbener Mann auch nicht hinterlassen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Sagen Sie mir eins, Sir, glauben Sie daran, daß es wirklich mein verstorbener Mann war, der mich angerufen hat?« In ihrer Stimme schwang ein ängstliches Zittern mit.
    »Ja, Mrs. Wayne.«
    »Wie ist das möglich?«
    Ich hob die Schultern. »Eine Erklärung kann ich Ihnen auch nicht geben. Wenigstens jetzt noch nicht.«
    »Er – er hat noch etwas gesagt«, flüsterte sie.
    »So?«
    »Er sagte, er – er will mich besuchen. Ich soll auf ihn warten.«
    »Und wann will er Sie besuchen?«
    Ellen Wayne zögerte mit der Antwort. Schließlich sagte sie kaum hörbar: »Heute.«
    ***
    Sheila Conolly hatte selten freundlicheres Personal kennengelernt als in dieser Privatklinik. Die Schwestern taten alles für sie. Vor allen Dingen bei der kleinen Koreanerin Clou hatte die blonde Sheila einen Stein im Brett.
    »Haben Sie noch einen Wunsch, Mrs. Sheila?« wurde sie immer wieder gefragt. »Möchten Sie etwas zu lesen haben oder was trinken?«
    »Nein, danke, wirklich nicht.«
    Die Schwester zupfte das Bett zurecht. Sie hatte ein Puppengesicht mit Mandelaugen und ein ewiges Lächeln auf den vollen Lippen.
    »Wenn Sie etwas möchten, Mrs. Sheila, nur klingeln. Wir sind immer für Sie da.«
    »Ich danke Ihnen, Schwester.«
    Die Koreanerin winkte noch mit einem letzten Lächeln und schloß dann sacht die Tür.
    Sheila lag auf dem Rücken. Die Wehen hatten noch nicht wieder eingesetzt. Ich hätte doch noch zu Hause bleiben sollen, dachte sie. Das Abendessen hatte sie hinter sich. Eine leichte, gut verdauliche Kost, mit zahlreichen Vitaminen angereichert.
    Die Sonne wanderte bereits in Richtung Westen, um sich von der Dunkelheit ablösen zu lassen. Aber noch fielen die tiefstehenden Strahlen durch das Fenster und übergossen den Teppichboden des Zimmers mit ihrem hellen Schein. Sheila wollte nicht, daß die Jalousien heruntergelassen wurden. Die Natur zu beobachten, das tat ihr gut.
    Ein kleiner Vogel hockte auf der Fensterbank, lugte durch die Scheibe und flatterte davon.
    Das Telefon summte. Sheila brauchte nur die Hand auszustrecken, um den Hörer zu erreichen.
    Bill, ihr Mann, war am Apparat.
    »Wie geht es dir, Darling?« fragte er.
    »Ach, Bill.« Sheila lachte leise. »Gut geht es mir. Wirklich gut. Ich vermisse nur eines. Dich.«
    Bill räusperte sich. Er sagte seiner Frau Dinge, die er ihr lange Zeit nicht mitgeteilt hatte. Und Sheila freute sich. Sie wurde sogar rot.
    Dann wurde das Gespräch wieder sachlicher. »Hast du John Bescheid gesagt?« fragte Sheila.
    »Ja, er läßt dich übrigens grüßen und wünscht dir alles, alles Gute.«
    »Grüß ihn zurück.«
    »Und es geht dir wirklich gut?«
    »Wieso, Bill? Ist etwas? Es geht mir prächtig, und das sagt auch Professor Harris. Du hast doch etwas,
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