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0021 - Anruf aus dem Jenseits

0021 - Anruf aus dem Jenseits

Titel: 0021 - Anruf aus dem Jenseits
Autoren: Jason Dark
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Stimme, und dazwischen hörte ich das Keifen einer Frau und das grölende Lachen eines Kerls. Die Menschen auf der Straße starrten mich an wie einen Marsmenschen. Ich paßte in meiner Kluft nicht in das Milieu. An den anderen beiden Tischen saß niemand. Dafür stauten sich die Gäste im Schankraum. Durch die Rauchwolken sah ich schemenhaft ihre Gestalten. Als sich nach fünfminütiger Wartezeit noch keine Bedienung sehen ließ, war ich es leid und betrat den Golden Shilling.
    Ein Duft strömte mir entgegen, der so manchen Menschen auf die Bretter gehauen hätte. Eine Mischung aus schalem Bier, menschlichen Ausdünstungen und Qualm.
    Das Lokal war schmal wie ein Schlauch. So schmal, daß gar keine Tische mehr aufgestellt werden konnten. Dafür war die Theke sehr lang.
    Von einer Bedienung sah ich nichts. Erst als es mir gelang, einen Blick über die Köpfe der an der Theke versammelten Gäste zu werfen, entdeckte ich die Frau.
    Sie bediente zusammen mit einem Mann, der aussah wie Kojak. Nur schleppte dieser Kerl hundert Pfund mehr mit sich herum. Gesicht und Glatze glänzten schweißnaß.
    Ich fixierte Ellen Wayne.
    Aus dem Protokoll wußte ich, daß sie dreißig Jahre alt war. Sie wirkte aber wesentlich älter. Dabei hatte sie eine passable Figur, doch das Gesicht sah verlebt aus.
    Ich hatte mich in ihr Revier gestellt. Sie sah mich und fragte nach meinem Wünschen. Ziemlich höflich sogar. Vielleicht merkte sie, daß ich mich ›verlaufen‹ hatte.
    Ich zeigte ihr meinen Ausweis. Und zwar so, daß ihn die anderen nicht sehen konnten.
    »Kommen Sie wegen des Anrufs?«
    »Ja. Wann und wo kann ich Sie sprechen?«
    »Ich habe in zehn Minuten Feierabend. Dann gehen wir zu mir. Da haben wir mehr Ruhe.«
    »Okay. Bringen Sie mir eine Cola.«
    Sie gab mir die Flasche. »Bei den Gläsern kann ich für nichts garantieren«, erklärte mir Ellen Wayne.
    »Danke.« Ich lächelte.
    Ich verdrückte mich in die Ecke und trank aus der Flasche. Zum Glück nahm niemand von mir Notiz, und genau zwölf Minuten später konnten wir das Lokal verlassen.
    Ellen Wayne hatte nur ihre Schürze abgenommen. »Sie wundern sich wohl, daß ich in solch einem Bumms arbeite?« sagte sie.
    »Nein. Jeder muß sein Geld verdienen.«
    »Aber ich bin nicht abgerutscht«, meinte sie. »Ich laß mich von keinem der Kerle anfassen. Schon allein wegen Peter.«
    »Wer ist Peter?«
    »Mein achtjähriger Sohn.«
    Wenig später betraten wir den Barackenbau. Durch einen engen Flur gelangten wir zu Ellen Waynes Wohnung. Die Tür war mit drei Schlössern versehen. »Hier ist eine alleinstehende Frau Freiwild«, klärte sie mich über die Sicherheitsmaßnahmen auf. Ellen Wayne ließ mich vorgehen.
    Die Wohnung war überraschend sauber. Zwei geräumige Zimmer, eine freundliche Tapete an den Wänden und schon ältere, aber gepflegte Möbel.
    Das erste Zimmer diente als Wohnzimmer.
    »Bitte, setzen Sie sich«, sagte Ellen Wayne und schlenkerte ihre Schuhe von den Füßen. Dann ließ sie sich aufatmend in einen hochlehnigen Sessel fallen.
    Für einen Moment schloß sie die Augen. Ich hatte Muße, sie zu betrachten.
    Sie trug ein schlichtes rotes Kleid mit einem spitzen Ausschnitt. Das schwarze Haargel glatt bis auf die Schultern. Ellen Wayne strich über ihr Gesicht. »So, Sir, was wollen Sie wissen? Die Uniformierten haben mich ausgelacht.«
    »Erzählen Sie mir die Geschichte.«
    »Es war kurz nach Mitternacht«, berichtete sie. »Ich hatte schon geschlafen. Sie können sich nicht vorstellen, wie fertig ich war, als ich die Stimme meines verstorbenen Mannes hörte.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Daß es ihm schlecht geht, daß er sich vertan hat, und daß er es nicht noch einmal tun will.«
    »Was will er nicht noch einmal tun?«
    »Einen Pakt schließen.«
    »Mit wem?«
    Ellen Wayne drückte die Zigarette aus. »Das weiß ich nicht. Ich habe auch nicht danach gefragt. Ich war so durcheinander, daß ich daran nicht gedacht habe.«
    Ich fragte sie nach dem Seelenhändler.
    Ellen Wayne schüttelte den Kopf. »Nein, Sir, diese Bezeichnung habe ich noch nie gehört.«
    »Hat Ihr Mann zu Lebzeiten Kontakt zu Personen gehabt, die sich mit Magie oder Okkultismus beschäftigten?« wollte ich wissen.
    Sie blickte mich erstaunt an. »Nicht daß ich wüßte.«
    »Überlegen Sie bitte genau. Ist Ihnen etwas aufgefallen?«
    »Peter war ruhig. Mehr in sich gekehrt. Wir haben eine glückliche Ehe geführt.« Ihre Stimme wurde leiser. Die Erinnerung überwältigte sie wieder. »Er –
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