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0019 - Ich - und der große Ausbruch

0019 - Ich - und der große Ausbruch

Titel: 0019 - Ich - und der große Ausbruch
Autoren: Delfried Kaufmann
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Stahlstücken hing. Als Lewis nahe genug an der Türwache war, machte er eine schnelle und kräftige Drehung in der Hüfte und schleuderte Zange und Korb in der Art eines Hammerwerfers nach dem Beamten Christer.
    Dem Korb und der Zange hätte Christer, obwohl er ein wenig vor sich hin gedöst hatte, vielleicht ausweichen können. Der Masse der glühenden Stahlstücke, die sich wie die Kugeln einer Schrotladung verstreuten, konnte er nicht ausweichen.
    Christer brüllte auf vor Schmerz. Seine Hände rissen an der qualmenden Uniform, schlugen nach dem sengenden Stahl wie nach Mücken.
    Hundert Augenpaare hatten Nummer 3136, Leb Lewis, auf seinem Gang vom Feuer zur Presse beobachtet. Im Augenblick, als der Eisenkorb flog, stürzten die Männer wie eine Springflut über South, Leber und Fondaci, die drei anderen Beamten der Schlosserei.
    Sie warfen sie zu Boden. Doch bevor sich das Toben richtig entfalten konnte, sprang ein Mann, eine hagere, hohe Gestalt mit leicht gekrümmtem Rücken, auf eine Werkbank. Das schmale Schild auf seiner Zuchthausjacke zeigte die Nummer 11 354.
    »Ruhe,« rief er schneidend.
    Schlagartig wurde es still. Die Gesichter aller wandten sich ihm zu.
    »Stellt die Wärter auf die Beine«, befahl er. Die vier Beamten wurden hochgezerrt. Die wenigen Augenblicke hatten genügt, um sie böse zuzurichten. Ihre Uniformen waren zerfetzt, ihre Gesichter blutig.
    »Wer hat ihre Kanonen?« fragte Frederic Collin, der Mann mit der Nummer
    11 354. »Bringt sie mir!«
    Vier Revolver mit Gurten wurden ihm gereicht. Er nahm nur einen davon.
    »Die anderen bekommen Böbbers, Twin und Secchi!« entschied er.
    Drei Sträflinge traten vor, nahmen die Waffen und gingen sofort, als handelten sie nach einem festgelegten Plan, jeder zu einem Fenster.
    Collin sprang von der Werkbank. Mit langen Schritten trat er vor die überwältigten Beamten, die von vielen Fäusten gehalten wurden.
    »Hört zu, Leute«, sagte er kalt, »auf mein Zeichen fangt ihr an, um Hilfe zu schreien, laut zu schreien. Wenn ihr es nicht laut genug tut, legen wir euch ein wenig auf das Schmiedefeuer, verstanden?«
    Er ging ebenfalls zum Fenster und kauerte sich neben den Sträfling, den er mit Bobbers angeredet hatte.
    Die Schlosserei lag am nächsten jenem kleinen, flachen Bauwerk, das als Aufenthaltsraum, Büro und Waffenkammer der Wärter von Block III diente. Die Fenster waren vergittert, und die massive Tür war immer von innen verriegelt. Gewöhnlich hielten sich zwei Beamte dort auf, aber einer von beiden ging regelmäßig am Montag um Viertel vor zehn Uhr zum Hauptgebäude hinüber, um die neuen Wochenberichtsformulare zu holen.
    »Jetzt!« befahl Collin. »Schreit!«
    Unsicher setzten die Beamten ein. »Hilfe, Hilfe!«
    »Lauter!« schrie Collin, und ein paar unmißverständliche Handbewegungen unterstützten seinen Befehl. Die Wehrlosen schrieen lauter.
    Es war der entscheidende und zugleich schwächste Punkt im Plan der Zuchthäusler. Mit den Revolvern der entwaffneten Aufseher konnten sie sich den Weg in die Freiheit nicht erkämpfen. Das Gebäude aber, in dem genügend Waffen lagen, konnte von einem Mann leicht verteidigt werden. Diesen Mann mußten sie aus dem Hinterhalt treffen. Sie wußten, daß dieser Mann strikten Befehl hatte, das Gebäude nicht zu verlassen, aber sie hofften darauf, daß die Hilferufe ihn neugierig machen würden.
    Zu je zweien hockten sie hinter den Fenstern, die Revolver schußbereit, und warteten, daß das Gesicht des Mannes zwischen den Stäben der Gitter auftauchen würde.
    »Da ist er!« flüsterte Bobbers seinen Kumpanen zu.
    In einer Entfernung von vierzig Schritten erschien Lieutenant Brex’ besorgtes Gesicht hinter dem Gitter.
    »Jetzt!« stieß Collin hervor. Sie feuerten alle vier gleichzeitig durch die geschlossenen Scheiben. Das Glas klirrte. Sie hatten verabredet, daß jeder vier Schuß hintereinander abgeben sollte, aber der Lieutenant wurde schon vorher getroffen.
    Diese Schüsse waren ein vereinbartes Signal im Aufstand der Zuchthäusler des State Jail. Ein paar kurze Kommandos, und die Gefangenen formierten so etwas Ähnliches wie einen Demonstrationszug. Sie gingen in Reihen zu dritt, aber vor ihnen, als Geisel und Kugelfang, gingen die vier überwältigten Aufseher, geführt von Collin und den Männern mit den Pistolen.
    Als die Gefangenen aus der Schlosserei den Hof betraten, erschienen gleichzeitig die Gefangenen aus der Schneiderei, der Küche, der Autowerkstatt. Genau nach dem gleichen
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