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0019 - Ich - und der große Ausbruch

0019 - Ich - und der große Ausbruch

Titel: 0019 - Ich - und der große Ausbruch
Autoren: Delfried Kaufmann
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Bau von Block II betrat, erblickte er bereits ein quirlendes Durcheinander von Männern, die sich vor dem Feuer auf dem Hof in den Gefängnisbau geflüchtet hatten.
    Pauls, der auf der Balustrade der ersten Etage stand und einen guten Teil des Baues übersehen konnte, feuerte kurzerhand eine Kugel in die Luft. Dann brüllte er mit Stentorstimme: »Jeder geht sofort in seine Zelle! Jeder in seine Zelle!«
    Zwei Kugeln schlugen eine Handbreit neben ihm in die Wand und belehrten ihn, daß die Zuchthäusler mit so einfachen Mitteln nicht zur Räson zu bringen waren. Schnell ging er wieder hinter der Tür in Deckung.
    Die Aufständischen von Block II besaßen nur die paar Revolver, die sie den Aufsehern abgenommen hatten, aber sie besaßen außerdem noch die Aufseher selbst, und so hart Pauls sein konnte, so dachte er doch nicht daran, das Leben der Leute leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
    Pauls merkte sehr bald, daß nur wenige Leute entscheidend waren. Er beorderte die paar Büromänner, die er bei sich hatte, zu dem Treppenaufgang, und als der Trupp der Rädelsführer unter einem Schirm von taumelnden, blutenden Aufsehern anrückte, ließ der Captain das Feuer eröffnen.
    Seine Männer schossen blind, fußhoch über die Köpfe ihrer Gegner und ihrer Kameraden hinweg, wie Pauls es befohlen hatte, aber das plötzlich einsetzende Schießen bewirkte doch, daß die Anführer sich panikartig zurückzogen. Pauls, der ein ausgezeichneter Schütze war, benutzte die Gelegenheit, einen der Burschen mit einem gezielten Schuß unschädlich zu machen.
    Die Zuchthäusler flüchteten in eine Ecke des Baues, in der sie für die Verteidiger des Zugangs nicht erreichbar waren.
    Der Captain fuhr sich mit dem Handrücken über den Schnurrbart.
    »So«, sagte er grimmig, »jetzt nehmt jede Zelle unter Feuer, in der sich ein Bursche unters Bett verkrochen hat, aber trefft ihn nur nicht. Ich will, daß sie an ihrem eigenen Durcheinander kapitulieren.«
    Nicht wenige Zuchthäusler hatten sich in ihre Zellen zurückgeflüchtet, teils, weil sie den Aufstand als gescheitert betrachteten und gewissermaßen mit ihrer Rückkehr in die Zelle dokumentieren wollten, daß sie nicht an der Revolte beteiligt seien, teils, weil die Zelle mit ihrem massiven Tisch, der Pritsche und den Stühlen den besten Schutz vor Kugeln bot.
    Jetzt pfiffen ihnen die Kugeln um die Ohren, rissen Splitter aus den umgestürzten Tischen, ratschten lange Schrammen in den Kalk.
    Viele hielten das nicht aus. Sie stürzten aus den Zellen auf die Gänge, rannten die nördliche Treppe hinunter, um sich in Sicherheit zu bringen, und verstärkten, wie Pauls es gewollt hatte, das Durcheinander.
    Dann drangen die ersten der bewaffneten Leute von Block III in Block II ein, und der Captain bekam das sofort zu spüren, als die erste Maschinenpistolengarbe durch den Raum hämmerte.
    »Zurück!« befahl er. Sie zogen sich bis ans Ende des schmalen Ganges zurück, der Block II und den Verwaltungstrakt trennte.
    »Durch diesen Gang kommt niemand!« erklärte Pauls.
    Keuchend stürzte der Beamte heran, den er zum Block I geschickt hatte.
    »Dort ist alles ruhig, Sir«, meldete er. »Sie sind dabei, die Gefangenen in die Zellen zurückzubringen. Sobald das geschafft ist, kommen sie.«
    Pauls nickte nur.
    In Block II rief eine scharfe Stimme: »Alles was keine Waffen hat, raus nach Block III. Wartet dort, bis wir sie ausgeräuchert haben, oder trollt euch meinetwegen. Das Tor steht sperrangelweit offen. Aber geht uns hier aus dem Weg!«
    »Wer ist das?« fragte Pauls.
    »Nach der Stimme kann ich es nicht beurteilen«, antwortete der gefragte Aufseher, der neben ihm kniete.
    Erst hörte man noch das Trampeln und Scharren vieler Füße, dann wurde es ruhiger, schließlich fast still. Etwas später dröhnten schwere Schritte auf der Eisentreppe von dem Parterre zur ersten Etage, und der Captain flüsterte: »Achtung!«
    Sie lauschten. Eine wankende, fast überkippende Stimme sagte unsicher, »Nicht schießen, Captain. Ich bin’s. Bolder von Block III.«
    »Okay, Bolder, Was wollen Sie?« Drüben am anderen Ende des Ganges tauchte die Gestalt des Aufsehers in seiner zerfetzten Uniform auf. Er hielt die Hände über dem Kopf.
    »Nicht schießen, Captain«, wiederholte er. Sein Gesicht war völlig verzerrt, und aus seinen Mundwinkeln sickerte Blut.
    »Neben mir steht einer von den Gefangenen, Captain«, erklärte er. »Er hat ’ne Waffe, und er schießt mich ab, wenn ich oder Sie eine falsche
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