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0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig

Titel: 0015 - Ich starb um elf Uhr zwanzig
Autoren: Heinz Werner Höber
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Verdacht schöpfen.«
    »Nein, Jerry, natürlich nicht. Ich mach Ihnen ja auch keinen Vorwurf. Ich frage mich nur, warum man Sie ermorden wollte. Denn daß die Bombe einen Mordanschlag auf Sie darstellt, darüber kann doch wohl kein Zweifel bestehen.«
    »Natürlich nicht. Sie explodierte etwa drei Minuten nach Beginn meiner Dienstzeit. Chef, und wenn ich manchmal ganze Wochen lang unterwegs bin — wenn Sie mich mit Sicherheit antreffen wollen, sobald ich mich in New York aufhalte, dann müssen Sie frühmorgens kommen, in der ersten Viertelstunde meiner Dienstzeit.«
    Mister High sah mich groß an. Er legte schweigend die Fingerspitzen seiner schlanken, weißen Hände gegeneinander und musterte sie lange. Dann hob er den Kopf, sah an mir vorbei und meinte:
    »Also muß dieser Mordanschlag von einem Menschen ausgehen, der sehr gut um Ihre Dienstgepflogenheiten Bescheid weiß. Das ist sehr überraschend. Es sollte mich wundern, wenn dieser Mordversuch nicht wiederholt werden sollte.«
    »Das war ja bereits der zweite!« platzte ich heraus.
    Mister High und Phil machten recht verdatterte Gesichter. Ich erzählte die Geschichte von gestern abend.
    ***
    Danach war betretenes Schweigen. Phil rieb sich das Kinn. Mister High ging in seinem Zimmer auf und ab.
    »Was soll das nur bedeuten?« fragte er halblaut.
    Ich zuckte die Achseln.
    »Ich habe keine Ahnung, Chef. Vielleicht ist es ein Racheakt irgendeines Gangsters, den ich vor Jahren hinter Schloß und Riegel gebracht habe, der inzwischen wieder freigelassen wurde und sich nun an mir rächen will.«
    »Vergessen Sie nicht, daß es mehrere waren, Jerry. Für die bloße Befriedigung einer Rachsucht scheint mir der Aufwand ein bißchen zu groß.«
    Sicher, von der Seite her gesehen, hatte der Chef recht. Aber, zum Henker, warum wollte man mich sonst beseitigen?
    »Ich wette, daß irgendeine dicke Sache dahinter steckt, die wir jetzt, ohne jede Anhaltspunkte, überhaupt nicht ahnen können.«
    Da konnte Phil wieder recht haben. Ach, es war zum Haareausraufen! Mister High blieb stehen.
    »Sie werden sich um diese mysteriöse Angelegenheit kümmern, Jerry«, sagte er entschlossen. »Und Sie werden Jerry helfen, Phil, Aber seien Sie vorsichtig. Das FBI bezahlt lieber für seine Leute auf Lebenszeit ein Gehalt, als vorzeitige Beerdigungskosten.«
    Ich maulte.
    »Die City Police kümmert sich doch schon darum. Können wir die Sache nicht weiterhin in ihren Händen lassen, Chef?«
    »Jerry, ich will Sie nicht zwingen, den Leuten hinterherzulaufen, die es auf Ihr Leben abgesehen haben. Ich dachte, Sie würden sich freuen, wenn ich Ihnen diesen Fall übertrage.«
    »Nein, Chef. Vielen Dank. Ich habe noch eine Menge Papierkrieg nachzuholen. Und ich glaube, daß es die Leute aufgeben werden, wenn sie merken, daß sie ihr Ziel doch nicht erreichen.«
    »Also' gut, Jerry. Lassen wir den Fall in den Händen der City Police. Aber wenn noch ein einziger Mordanschlag auf Sie vorkommt, dann ist meine Geduld unweigerlich am Ende. Dann kümmern Sie sich mit Phil selbst um die Geschichte.«
    »Einverstanden, Chef.«
    Wir verließen das Office von Mister High. Phil hatte anscheinend seinen aktiven Tag.
    »Du hättest die Sache ruhig annehmen können«, brummte er. »Es wäre eine Möglichkeit gewesen, dem verdammten Papierkrieg zu entfliehen.«
    »Ach was! Irgendwann müssen wir doch unsere Akten von den letzten Fällen abschließen. Wenn jetzt noch ein neuer Fall dazukäme, kommen wir nie dahinter. Wir sind mit unseren Akten weit genug im Rückstand. Ich will sie jetzt endlich mal loswerden.«
    Schön, dabei blieb es denn auch. Wir wühlten bis zum Mittagessen in Bergen von Papieren. Sie kennen das ja. Über jede Kleinigkeit, die heute in der Welt passiert, müssen doch gleich ein paar Dutzend Akten angefertigt werden. Das ist beim FBI nicht anders.
    Es mag gegen ein Uhr gewesen sein, als Phil stöhnend ankam und sagte: »Deinen bürokratischen Eifer in allen Ehren, aber meinst du nicht auch, daß uns eine Mittagspause guttun könnte?« Hören Sie, auch wenn ich selbst darauf gedrungen hatte, daß wir unsere Akten aufarbeiten, deswegen bin ich noch lange kein Bürokrat und die Nullacht in der Hand ist mir lieber als ein Paket Papier auf dem Schreibtisch.
    »Okay, alter Bursche«, brummte ich und stand auf. »Gehen wir etwas essen.«
    Wir steckten uns eine Zigarette an und verließen das Dienstgebäude. Mein Jaguar stand noch immer friedlich an der Stelle, wo ich ihn am Morgen abgestellt hatte.
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