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0015 - Der siebenarmige Tod

0015 - Der siebenarmige Tod

Titel: 0015 - Der siebenarmige Tod
Autoren: Friedrich Tenkrat
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ihm in Fachkreisen bereits jetzt sehr viel Lob und Anerkennung eingebracht hatte. Nie im Leben hätte er die Realisierung dieses Projekts verhindert. Er wollte, daß dieses Erholungszentrum gebaut wurde, wollte es mit seinem ganzen Herzen, denn damit würde ihm ein Denkmal gesetzt, das noch die Nachwelt mit Staunen betrachten würde. Dies hier war die beste Arbeit, die er jemals geleistet hatte. Er wäre nicht bei Trost gewesen, wenn er den Bau verhindert hätte.
    Allmählich ebbte die Erregung ab.
    Er drückte die Zigarette im Ascher aus und betrachtete wohlgefällig sein zweifellos einmaliges Werk.
    Plötzlich wurde das Modell von einem heftigen Beben geschüttelt. Flammen schlugen aus den Segmenten. Die ineinandergreifenden Miniaturgebäude stürzten nacheinander ein. Kleine Menschen flohen schreiend und in großer Panik. Grauenvolle Szenen spielten sich vor Peacocks schockgeweiteten Augen ab. Die winzigen Menschen wurden von herabstürzenden Trümmern erschlagen. Einige von ihnen rannten als lebende Fackeln ziellos umher. Sie schrien gräßlich. Will Peacock konnte diese furchtbaren Geräusche nicht mehr länger mit anhören. Er preßte seine Hände auf die Ohren, drehte sich hastig um und wankte bis zur Wand zurück. Der Spuk währte nur wenige Augenblicke. Dann ragte das Modell wieder so unversehrt wie zuvor vor dem fassungslosen Architekten auf.
    Er schrieb diese Halluzination seinen angegriffenen Nerven zu. Er hatte in letzter Zeit zuviel gearbeitet, mußte in Zukunft etwas kürzer treten, damit sich seine Nerven langsam wieder erholten. Er hatte gewußt, daß sich der Raubbau an der Gesundheit früher oder später rächen würde, aber daß es auf diese schreckliche Weise geschehen würde…
    Tags darauf war Peacock dabei, als man die Vorbereitungen zur Sprengung der Kirche traf.
    Marcus Mills, der Bauunternehmer, stand neben ihm. »Also, ich muß schon sagen, heute gefallen Sie mir gar nicht, Will.«
    »Ich habe verdammt schlecht geschlafen«, erwiderte Peacock müde.
    »Sie sollten mal ein, zwei Monate Urlaub machen. Warum fliegen Sie nicht auf eine einsame Insel? Sagen Sie bloß nicht, das können Sie sich nicht leisten.«
    Peacock nickte. »Vielleicht mache ich dieses Jahr Urlaub.«
    »Es würde Ihnen guttun. Hier werden Sie ohnedies nicht mehr gebraucht.«
    »Ich bin immer gern dabei, wenn eines meiner Kinder das Licht der Welt erblickt. Es gibt aber ab und zu Probleme…«
    »Mit denen werden wir auch ohne Sie fertig«, sagte Mills mit einem freundschaftlichen Lächeln. Man berichtete ihm, daß die Vorbereitungen für die Sprengung abgeschlossen waren. »Okay«, meinte der schwergewichtige Mann. »Dann laßt es mal kräftig donnern, Jungs.«
    Peacock fühlte sich mit einemmal nicht wohl in seiner Haut. Er dachte an seinen Alptraum und an die Halluzination, die er gehabt hatte. Plötzlich wollte er die Sprengung der Kirche verhindern, aber da hatte Mills bereits das Zeichen gegeben, und die Explosion erfolgte in derselben Sekunde mit ohrenbetäubendem Getöse. Als die Mauern der Kirche auseinanderbrachen, hatte Will Peacock den Eindruck, seinem eigenen Ende beizuwohnen. Nach allen Seiten kroch eine dicke Staubwolke davon. Sie wälzte sich durch den verwilderten Park, und die Kirche, die Red Rozzo als Höllenstützpunkt ausbauen wollte, versank in dieser schmutziggrauen Wolke wie in einem tiefen, geheimnisvollen See.
    Als sich der Staub gelegt hatte, lag in der Mitte des Parks ein großer Trümmerhaufen.
    »Und jetzt die Planierraupen!« rief Marcus Mills einem seiner Männer zu. Der Mann nickte. Die Motoren von acht mächtigen Stahlungetümen knurrten los, und die Kettenfahrzeuge setzten sich in Richtung Trümmerhaufen in Bewegung.
    Mills wandte sich an den Architekten. »Eine vorbildliche Sprengung, wie?«
    Plötzlich knisterte es über den Köpfen der beiden Männer, und eine donnernde Stimme brüllte: »Das wird euch noch mal leid tun!«
    Mills zuckte heftig zusammen. Er schaute nach oben. Nichts war zu sehen. »Was war das? Haben Sie das eben auch gehört, Peacock?«
    »Ja«, sagte der Architekt kreidebleich, und er wußte auch schon, wann ihnen beiden das leid tun würde: sieben Tage nach der Fertigstellung dieses Projekts. So jedenfalls hatte er es von jenem schwarzen schleimigen Ungeheuer erfahren, das sich ihm in der vergangenen Nacht auf die Brust gesetzt hatte.
    ***
    Von da an geschahen auf der Baustelle fortlaufend unheimliche, unerklärliche Dinge. Zwei Männer verloren urplötzlich den
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