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0015 - Der Morddämon

0015 - Der Morddämon

Titel: 0015 - Der Morddämon
Autoren: Traute Maahn
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Verwesung ihn streifte. Und er erkannte, daß im Mund des Changs keine Zähne waren, sondern nur Knochen, Splitter, die zum Teil sogar über die Unterlippe herausragten.
    McTrash taumelte von der roten Samtliege, gepackt von maßlosem Entsetzen.
    »Ming-Li«, keuchte er, »pfeifen Sie diesen Typ zurück.«
    Ming-Li hatte seine Arme gekreuzt und verbarg seine Hände jetzt in den weiten Ärmeln des blutroten Seidengewandes.
    Er sprach schnell und seltsam schrill mit dem Chang. Der wie ein Chinese aussehende Mann – ein aus dem dreizehnten Jahrhundert zum Leben erweckter Toter – nickte. Er drehte sich um und winkte den anderen Changs zu, die jetzt in geschlossener Front nachrückten.
    »Nein, nein…«, stammelte McTrash.
    »Die Formel, McTrash…«, hörte er Ming-Li wie aus weiter Ferne sagen. »Die Formel …«
    Ein blitzendes Schwert hing über ihm. Wie gebannt starrte McTrash es an.
    »Die Formel…«, hämmerte die Stimme des Mongolen.
    Wer war Ming-Li wirklich? Kein Mensch konnte so grausam sein.
    McTrashs Lippen zuckten. Noch verhielt er sich ruhig. Noch wollte er sich vor diesen Geschöpfen keine Blöße geben.
    Vor allem die Changs durften seine Schwäche nicht merken.
    Doch schon wenige Sekunden später schrie er auf.
    Ihm war, als ob eine lange, spitze Nadel sich in seine Brust bohrte.
    Immer hatte er das Schwert mit der glänzenden Klinge vor Augen.
    Jeder der vielen Changs machte sich an ihm zu schaffen. Schließlich gab es keine Körperstelle mehr, die nicht schmerzte. Was machten sie mit seinen Knien, mit seinen Zehen, mit den Fingerspitzen?
    Stephen McTrash brüllte. Erbarmungslos war McTrash den gnadenlosen Krallen der Changs ausgeliefert. »Ich sag’ Ihnen die Formel, Ming-Li…!« Aber Ming-Li antwortete nicht. Grelles Licht blendete Stephen McTrash. »Aufhören – aufhören …«, weinte er.
    Sein gemarterter Körper glühte wie im Fieber. Wie kann ein Mensch solche Folter aushalten? dachte er.
    »Ich sterbe!« schrie McTrash. »Hilfe, aufhören…«
    Die Changs aber folgten nur dem Befehl von Ming-Li. Und Ming-Li war verschwunden. Mit teuflischem Grinsen machten die Changs weiter. Sie waren Meister in der Kunst des Marterns.
    Sie trieben McTrash stets an die Grenze des erträglichen Schmerzes, dann kippten sie ihm kaltes Wasser über den Körper und begannen ihr Satanswerk von neuem.
    Warum werde ich nicht bewußtlos? dachte McTrash. Warum bleibt mein Herz nicht stehen? Wenn ich doch sterben könnte!
    ***
    Kai Tak, der Flughafen von Hongkong, sah aus wie alle Flughäfen der Welt.
    Professor Zamorra schlenderte neben Nicole Duval über das Rollfeld auf das Flughafengebäude zu. Er trug einen hellgrauen Zweireiher mit einem Nadelstreifenhemd und farblich abgestimmter Krawatte.
    Nicole Duval trippelte neben ihm her, weil ihr hautenger knieumspielender Rock keine größeren Schritte zuließ. Ihr kinnlanges blondes Haar besaß einen sanften Jadeschimmer, der sich in den Accessoires ihrer Kleidung – Hut, Handtasche, Schuhe und Handschuhe – wiederholte. Bei Nicole mußte alles bis aufs I-Tüpfelchen stimmen, was die Kleidung anbetraf.
    Sie freute sich auf Hongkong. Das merkte man ihr förmlich an.
    »Ob Bill schon da ist und auf uns wartet?« fragte sie und warf ihrem Chef einen langen Blick unter feuchten Wimpern zu.
    »Das will ich stark hoffen, Nicole«, erwiderte der Professor. Er runzelte die Stirn. »Das typisch feuchtwarme Hongkong-Klima«, sagte er. »Hoffentlich haben Sie Ihren Bikini mitgebracht, Nicole.«
    Nicole rümpfte ihre reizende Nase. »Ich will hier Einkäufe machen, Chef, während Sie mit Bill Dämonen jagen«, erklärte sie. »Ich verlasse Hongkong nicht ohne die sagenumwitterten Elfenbeinkugeln und die Porzellanfigur eines Buddhas.«
    »Und falls ich Sie brauche, Nicole? Sie wissen, ich brauche Sie immer«, fügte er hinzu. Seine Miene blieb unbeweglich.
    Irritiert sah Nicole ihn von der Seite an. In seltenen Momenten wurde sie nicht ganz schlau aus ihm. Aber das machte ihn ja gerade so interessant.
    Dann – vorn am Flugsteigausgang – sah sie Bill Fleming.
    Sie blieb stehen und winkte. »Da ist er!« rief sie aufgeregt und beschleunigte ihre Trippelschritte. »Was macht er eigentlich hier in Hongkong? Urlaub?«
    »Nein. Er ist der historische Berater für einen Fernsehfilm, der hier gedreht wird.«
    »Was?«
    Nicoles dunkelbraune, hell gesprenkelten Augen glitzerten. Es war, als ob die Sonne auf pures Gold niederschien und es zum Leuchten brachte. »Warum erzählen Sie
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