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0013 - Die Knochengrube

0013 - Die Knochengrube

Titel: 0013 - Die Knochengrube
Autoren: Horst Friedrichs
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auf.
    Er setzte sich an die Orgel. Kalt fixierte er den Spiegel, während seine Krallenfinger die Tasten traktierten und die dreizehn Geistermatrosen tuschelnd am Eingang Aufstellung nahmen.
    Das Bild der Schaluppe erschien auf dem Spiegel.
    Raspani preßte die Finger auf einem Mollakkord fest. Wieder verzerrte sich sein bleiches Gesicht. »Sie sind schon weit auf die See hinaus«, würgte er, »wir müssen uns beeilen. Sie wollen die ›Quimper‹ erreichen! Los, ihr Halunken, bringt die ›Estrella Negra‹ in Gang!«
    ***
    Zamorra war von der Widerstandsfähigkeit der Schaluppe angenehm überrascht. Seit einer Stunde steuerten sie unter strenger Einhaltung der Richtung nach Nord-Nordost. Das bedeutete indes nicht, daß die Biskaya unter ihnen ruhiger wurde. Im Gegenteil: Je weiter sie in das Herz des Golfes vorstießen, desto urweltlicher wurde das Gewitter und damit der Sturm.
    Die Windstärke betrug inzwischen mindestens 8. Regen peitschte auf die Schaluppe nieder, dann Hagel, dann wieder Regen. Rosa und Micaela schöpften Wasser. Das war alles. Mehr trauten sie nicht zu tun, um seetüchtig zu bleiben.
    Energisch stampfte das Fischerboot gegen die Wellen an. Zamorra stand gebückt am Ruder und prüfte immer wieder den Richtungsweiser des Kompasses.
    »Wie weit noch?« rief Rosa.
    »Rund zehn Seemeilen«, erwiderte der Professor. Aber das war untertrieben. Er wußte nicht, wo sich die »Quimper« genau befand.
    Aber im günstigsten Fall hatten sie noch zwanzig bis fünfundzwanzig Seemeilen zurückzulegen.
    Zamorra wollte den Schwestern Mut machen. Sie taten ihm leid, wie sie durchnäßt und zu Tode erschöpft dastanden und Salzwasser aus der Schaluppe schöpften. Die Erfahrung, die sie in den letzten Stunden gemacht hatten, würde unauslöschlich in ihren Hirnen haften bleiben. Würden sie sie verarbeiten können? Rosa bestimmt.
    Aber die temperamentvolle Micaela?
    Zamorra wagte nicht daran zu denken, was ihnen noch bevorstand. Es würde eine Fleißarbeit sein, auf den Grund des Meeres zu tauchen und nach dem Amulett zu suchen. Wenn er es fand, stand immer noch die Wahrscheinlichkeit gegen ihn, daß Raspani die Flucht bemerken und voll Wut einschreiten konnte, bevor er den Talisman in Anwendung bringen konnte.
    Der Professor hatte die flachen Behälter durchstöbert, die sich unter den Sitzbänken der Schaluppe befanden. Ein Fernglas hatte er nicht gefunden, geschweige denn ein Funkgerät. Lediglich eine einfache Leuchtkugelpistole gab es. Aber sie hatte nur eine Patrone.
    Erstens war es fraglich, ob die funktionierte, zweitens wußte Zamorra nicht, wem er signalisieren sollte.
    Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er einen hellen Lichtschein am Horizont ausmachte. Ein Schiff bewegte sich unter voller Beleuchtung durch die Gegend – oder jemand hatte einen Suchscheinwerfer eingeschaltet? Suchte man nach ihnen?
    Kaum möglich, dachte Zamorra.
    Dennoch brachte er die Leuchtpistole in Anschlag. Er krümmte den Zeigefinger um den Abzug, riß durch – vergebens. Die Patrone blieb im Lauf.
    Zum Glück öffnete er die Pistole. Er stellte fest, daß es sich bei der Patrone um ein Randfeuergeschoß handelte. Die konnten im Gegensatz zu den Zentralfeuergeschossen manchmal auch bei neuen Waffen fehlzünden. Zamorra versuchte also, die Patrone in der Kammer zu drehen. Es gelang.
    Er klappte die Pistole zu, hob sie von neuem. Regen klatschte gegen den Rahmen und den Lauf. Zamorra hatte nicht viel Hoffnung, daß es noch klappen würde. Trotzdem zog er mit dem Ehrgeiz des Verbissenen durch.
    Das Geschoß fauchte aus dem Lauf. Jetzt erreichte es über ihren Köpfen den toten Punkt, sackte etwas tiefer und platzte dann auseinander. Strahlend rutschte der gelb flackernde Kern der Leuchtkugel dem Meer entgegen. Ungefähr zehn Sekunden hielt der Zauber an, danach tauchte das Projektil in die Fluten.
    Der Professor preßte die Lippen zu einem Strich zusammen.
    Falls die Besatzung des fremden Schiffes die Leuchtpatrone durch einen unglücklichen Zufall nicht bemerkt hatte, war es aus.
    Plötzlich zuckte über dem Strahl des Suchscheinwerfers eine rote Flamme empor. Was wie Feuerschein wirkte, war in Wirklichkeit ein zweites Leuchtgeschoß – die Fremden hatten sie gesehen und antworteten. Sie wollten ihm zu Hilfe kommen.
    Unwillkürlich blickte sich Zamorra um.
    Das Schrecklichste, was jetzt geschehen konnte, war ein Zusammenstoß mit der »Estrella Negra«. Aber von dem Geisterschiff war weit und breit nichts zu sehen. Hatte Raspani
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