Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen

Titel: 0012 - Ich - und der Mörder ohne Waffen
Autoren: Delfried Kaufmann
Vom Netzwerk:
steckte in die Trenchcoattaschen, was mir brauchbar erschien. Ich knüpfte den Schal so zurecht, daß ich ihn mit einem Griff bis an die Augen ziehen konnte, und zog den Hut tief in die Stirn.
    Es war fast drei Uhr, die beste Zeit für einen Besuch, der nicht länger als eine Stunde dauert, denn ab vier Uhr besteht die Gefahr, daß man den Zeitungsfahrern begegnet.
    Ich schlenderte die einhundertzweiunddreißigste hinunter, und als ich in Höhe des linken Flügels des Ypsilonbaues war, drückte ich mich an der seitlichen Hauswand entlang und suchte nach einem Fenster, aber Fenster schien dieser Bau nicht zu haben. Wahrscheinlich wurde er durch eine Klimaanlage mit Frischluft versorgt. Man konnte in solchen Fällen durch den Zufuhrschacht eindringen, aber dazu mußte ich nicht nur auf das Dach gelangen, sondern auch das Schutzgitter entfernen, und das war keine Arbeit für einen einzelnen Mann.
    Ich tastete mich weiter. Ich fühlte, daß die Hausmauer jetzt in einem sanften Bogen verlief. Sie mußte an dieser Stelle den kreisrunden Saal im Mittelpunkt umschließen. Dann kam wieder ein gerades Stück, hinter dem sicherlich die Räume lagen, die ein normales Klubmitglied nicht betreten durfte. Auch hier kein Fenster. Aber an der Stirnwand entdeckte ich eine stabile Holztür. Ich fingerte nach dem Schloß. Kein Sicherheitsschloß. Ich stocherte mit einem mitgenommenen Stück Draht, um die Schloßtiefe zu messen. Dann bog ich mir den Draht mit der Zange aus dem Werkzeugkasten zurecht.
    Es dauerte gar nicht so lange, bis ich das Schloß zurückschnappen hörte.
    Okay, ich drückte die Tür geräuschlos auf, zupfte meinen Schal über die Nase und begab mich ins Innere des Theaters.
    Eine kleine Taschenlampe besaß ich. In ihrem bescheidenen Strahl bewegte ich mich durch den engen, nicht verputzten Gang vorwärts, der sich hinter der Tür öffnete. Er war nicht sehr lang, wenig mehr als zehn Schritte, und er endete an einem schweren, in Falten gelegten Vorhang, wie ich ihn oft genug in diesem Bau gesehen hatte.
    Ich fühlte in dem Vorhang herum, fand den Spalt und schlüpfte durch. Der Raum, in dem ich stand, war nicht groß, und mir fällt es schwer, ihn zu beschreiben. Mein Taschenlämpchen riß nur Einzelheiten aus der Dunkelheit. Hier einen tiefen schwarzen Ledersessel, dort eine fellbelegte Couch. Mitten im Raum glitzerte etwas, ein großes silbernes Ypsilon, das von der Decke zu schweben schien. Dann erwischte ich einen großen schwarzen Schreibtisch.
    Kein Zweifel, daß ich mich im Allerheiligsten des Krischnaisten-Klub befand, und besonders der Schreibtisch zog mein Interesse an.
    Lautlos bewegte ich mich darauf zu. Ich war selbst nicht ganz sicher, was ich zu finden hoffte. Jedenfalls etwas, das mir Aufklärung über die wirklichen Absichten der Leute gab, die in diesem Verein die Drähte in der Hand hielten.
    In diesem Augenblick flammte mir genau gegenüber ein Lichtschein auf, der viel stärker war als der meiner bescheidenen Taschenlampe. Gleichzeitig sagte eine Stimme, die ich kannte: »Keine Bewegung, oder ich knalle dich ab.«
    Es war die Stimme des ›Weißen‹, der die Sitzungen leitete, nur sprach er im Augenblick alles andere als einen feierlichen Ton.
    »Pfoten hoch«, sagte er, und ich tat es zunächst einmal.
    Während ich so stand, dachte ich, wie sie meinen Besuch bemerkt haben konnten. Ich war sicher, nicht das geringste Geräusch verursacht zu haben. Sie mußten eine dieser verdammten Sicherungsanlagen mit Selenzellen installiert haben.
    Der Lichtstrahl schwankte ein wenig zur Seite, und der ›Weiße‹ befahl einem Mann, der sich in meinem Rücken befinden mußte: »Jacky, sieh nach, ob er Waffen hat, und zieh ihm den Lappen vom Gesicht, damit wir sehen können, wer uns die Ehre eines so späten Besuches gibt.«
    Ich fühlte mehr, als ich hörte, daß sich mir jemand von hinten näherte. Es war ganz klar, daß ich mich unmöglich hier einkassieren lassen konnte. Dann war meine Rolle als Denver Cool in diesen Fall ausgespielt.
    In der Sekunde, in der ich die fremden Hände an meiner Jacke spürte, ging’s los. Ich feuerte meine Taschenlampe, die ich noch brennend in der Hand hielt, in Richtung des anderen Lichtes, und ich nahm mir nicht die Zeit abzuwarten, ob ich getroffen hatte oder nicht.
    Ich schwang herum und ließ beide Fäuste auf den Burschen niedersausen, der mich betastete. Er hatte den Kopf gehoben, als ich mich herumwarf, und so traf ich ihn ziemlich genau an der Schläfe, aber ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher