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0012 - Der Dämonenknecht

0012 - Der Dämonenknecht

Titel: 0012 - Der Dämonenknecht
Autoren: Kurt Maurer
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der empfindsame Franzose. Hoffentlich sind die übrigen Schloßbewohner ein wenig zugänglicher. Unter diesen Erwägungen war er durch die Tür in eine Halle getreten. Die hohen Wände waren mit mittelalterlichen Waffen behangen. Der Boden bestand aus spiegelndem Parkett.
    Nachdem der Riese ihm den nassen Mantel weggenommen hatte, stiegen sie eine Treppe, die an der rechten Seite der Halle nach oben führte, empor. Sie erreichten den oberen Treppenabsatz und traten in einen durch gedämpftes Licht beleuchteten Gang. Der Riese öffnete eine Tür. »He, José. Wer?« drang eine harte Stimme an Georges'
    Ohr. Der Ton verriet Unwillen, wurde aber sofort ruhiger und freundlicher, als die Stimme fortfuhr. »Entschuldigen Sie bitte, aber wer sind Sie?«
    Ein Mann erhob sich aus einem Sessel und blickte Georges überrascht an. Er machte keinen sehr gepflegten Eindruck, die Krawatte war unordentlich gebunden, der dunkle Anzug wies speckige Stellen auf, und die Schuhe waren ausgetreten. Das tiefschwarze Haar des Mannes bildete einen starken Farbkontrast zu der hohen hellen Stirn und der rötlichen Gesichtshaut.
    »Mein Name ist Discoud. Ich hatte einen Autounfall«, erklärte Georges. »Autounfall, ja, natürlich«, murmelte der Mann.
    »Ich bin Don Marcelino de Almagro.« Er reichte dem Franzosen die Hand. »Das ist mein Verwalter José. Wir werden Ihnen selbstverständlich helfen, so gut wir können.«
    Don Marcelino war ein kleinerer, dürrer Herr mit lebhaften Gebärden und einem etwas katzenartigen Gang. »Bitte, nehmen Sie Platz, Señor Discoud.« Er wies auf einen brokatüberzogenen Sessel hinter Georges.
    »Danke.« Vorsichtig und leise stöhnend ließ Georges sich in den Sessel gleiten.
    »Sind Sie verletzt? Entschuldigen Sie mich bitte einen Augenblick.« Don Marcelino wieselte zur Tür und verschwand.
    Der riesenhafte Verwalter maß Discoud noch mit einem kalten Blick und folgte ihm.
    Der Franzose kniff die Augen zusammen und sah sich um.
    Die Lampen waren abgeschirmt und erhellten den Raum nur mäßig. Die schweren, mit mattgoldenen Ornamenten verzierten Vorhänge an den Fenstern waren zugezogen. Bis auf ein paar Sessel und einem runden Tisch nahe dem Kamin war der Raum leer.
    Georges' Blick blieb auf einem Kupferstich, der einen Totenkopf darstellte, hängen. Grotesk grinste der Schädel aus dem Rahmen an der sonst kahlen gegenüberliegenden Wand.
    Der Franzose spürte etwas in sich eindringen, das ihn in Unruhe versetzte. Sein Blick hing starr an dem eingerahmten Schädel.
    Das Bild verschwamm vor seinen Augen.
    Der Totenschädel saß plötzlich auf einem Gerippe, an dessen Knochen noch gelbliches Fleisch hing. Die Knochenhände winkten ihm, näher zu treten.
    Georges hielt den Atem an. Sein Herz begann wild zu hämmern.
    Trotz der Eiseskälte, die er spürte, standen plötzlich dicke Schweißtropfen auf seiner Stirn.
    »Ich bin Maria de Almagro«, drang plötzlich eine weiche Frauenstimme an sein Ohr.
    Das Gerippe verschwand, und nur der Schädel starrte grinsend aus dem Rahmen. Mit einem Seufzer der Erleichterung löste Discoud seinen Blick von dem Bild.
    Vor ihm stand eine junge Dame in einem weißen Kleid, das sich kraß von dem dunklen Teppich abhob.
    »Bitte, entschuldigen Sie«, sagte sie lächelnd. »Es war nicht nett von mir, Sie so aufzuschrecken.«
    »Aber ich bitte Sie, das – das macht doch nichts«, entgegnete Georges noch verwirrt und mit heiserer Stimme. Er erhob sich mühsam aus dem Sessel.
    Die Frau war noch sehr jung, hatte braune Augen und tiefschwarzes anliegendes Haar, das im Nacken zu einem Knoten gesteckt war.
    »Ich bin Georges Discoud«, stellte er sich vor. »Verzeihen Sie bitte, wenn ich Ihnen Ungelegenheiten mache.«
    »Ungelegenheiten?« wiederholte Maria de Almagro zögernd. Sie musterte Georges eine Weile schweigend, bevor sie hinzufügte:
    »Ganz im Gegenteil, ich freue mich, einmal wieder einen Menschen zu sehen. Das ganze Schloß und seine Umgebung ist – ich möchte fast sagen – wie ausgestorben.« Georges sah sie forschend an. »Soll das heißen, daß außer Ihnen, Don Marcelino und José niemand in diesem Schloß wohnt?«
    »Genauso ist es. Und auch im Dorf wohnt niemand mehr.«
    »Dann ist das Dorf ja menschenleer. Wo sind die Bewohner geblieben?« murmelte Georges verstört. Sein Blick lag wieder auf dem Totenschädel an der Wand.
    Die junge Dame zögerte. »Sämtliche Bürger des Dorfes sind auf geheimnisvolle Weise aus ihren Wohnungen verschwunden. Nicht zur gleichen
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