Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0011 - Das Todesschloß

0011 - Das Todesschloß

Titel: 0011 - Das Todesschloß
Autoren: Franc Helgath
Vom Netzwerk:
auch diese Prozedur vorbei, die Nicole stark an die Kondolenzen nach einem Begräbnis erinnerte. Müde und abgespannt zog sich das Paar in ein angrenzendes kleineres Zimmer zurück. Es wäre zu unhöflich gewesen, ihm jetzt zu folgen.
    Nicole saß auf Nesseln, bis das Paar schließlich wieder auftauchte.
    Doch wie hatte Gladys sich in dieser kurzen Zeit verändert! Einige Strähnen ihrer Frisur hatten sich gelöst und hingen am blassen schmalen Gesicht herab. An Winston konnte ihre plötzliche Wandlung nicht gelegen haben, denn er schaute sehr besorgt auf das Mädchen und stützte es ritterlich am Arm, als könne es aus eigener Kraft nicht mehr gehen.
    Kurz entschlossen trat Nicole näher.
    »Was ist mit Ihnen, Gladys?« fragte sie. »Ist Ihnen nicht gut?«
    Das Mädchen erkannte Nicole offenbar im ersten Augenblick nicht. Ihr Blick mußte erst aus weiten Fernen zurückkommen.
    »Ach Sie, Nicole. Nein. Mir fehlt nichts. Aber vielleicht war es doch ein wenig viel heute. Ich fühle mich ganz zerschlagen. Schon während des Gratulierens fürchtete ich, jeden Augenblick aus den Schuhen zu kippen. Aber es wird schon wieder besser. Das einzige, was ich brauche, ist etwas frische Luft.«
    In diesem Moment rief der Earl zum Mitternachtstoast. Von der Terrasse strömten Leute herein, die draußen geplaudert hatten.
    »Soll ich Sie begleiten?« fragte Nicole, noch bevor Winston Bannet dieselbe Frage stellen konnte.
    »Nein, das ist wirklich nicht nötig«, sagte Gladys überraschend überhastet, als hätte sie Angst vor einer Begleitung. »Ich möchte lieber allein sein. Wärst du so freundlich, Winston, und kümmerst du dich inzwischen um Mademoiselle Nicole?«
    »Aber natürlich, Liebes. Komm bald zurück.«
    Nicole wollte etwas einwenden, doch Winston Bannet zog sie mit sanfter Gewalt in die Menschenmenge hinein, die sich um Ernest Earl of Blakeborne versammelt hatte. »Gladys’ Gesundheit ist sehr robust«, erklärte er. »Sie werden sehen, nach fünf Minuten ist sie wieder hier. Frisch wie ein Fisch im Wasser.«
    Nicole wandte sich noch einmal um.
    Aber Gladys war schon verschwunden.
    Das Mädchen war auf die plötzlich leer gewordene Terrasse hinausgetreten. Wasser schwappte gegen die Treppen. Ihre Hände waren feucht geworden. Etwas zog sie hin zu dieser Treppe. Sie widerstand diesem plötzlichen Verlangen nur mühsam und lehnte sich flach atmend gegen das Geländer.
    Rief nicht jemand nach ihr?
    Rief nicht jemand nach Griselda?
    Das Medaillon um ihren Hals schien plötzlich wie Feuer zu brennen.
    ***
    Bill Flemings Maschine war zwar pünktlich gelandet, doch die Abfertigung hatte unmäßig viel Zeit beansprucht. So konnte sich Bill erst eine knappe halbe Stunde später als geplant einen Leihwagen besorgen. Seine Laune wurde auch dadurch noch verdorben, weil er einen Morris nehmen mußte. Es war der einzige Wagen, der im Augenblick greifbar war, und Bill Fleming mochte kleine Autos nicht.
    Er bekam Platzangst in ihnen.
    Mißmutig steuerte er das Gefährt aus London hinaus auf die 303 zu, die direkt nach Exeter führte. Die Straße war gut ausgebaut, und die hohe Reisegeschwindigkeit, die er mit dem kleinen Morris trotz des starken Verkehrs erzielen konnte, versöhnte ihn etwas mit der Winzigkeit dieses Gefährts. Er brauchte für die knapp dreihundert Kilometer nur gute drei Stunden. Und von da ab nach Barnstaple war es auch nicht mehr weit.
    An einem Imbißladen neben der Straße versorgte er sich mit Kaffee und altbackenen Sandwiches, bevor er das Auto in jene Straßen lenkte, die sich wie tiefe Schluchten durch die schwarzen Wälder von Exmoor Forest zogen.
    Er mußte dreimal fragen, bis er die richtige Abzweigung zum Schloß des Earl of Blakeborne gefunden hatte. Im Dorf verfranste er sich nochmals, weil der Weg zum Schloß nicht beschildert war. Seine zwischenzeitlich bessere Laune hatte sich dadurch wieder aufgelöst. Dazu kam noch dieser miserable Weg, der der Federung des Kleinwagens das Letzte abverlangt. Manchmal schienen die Stoßdämpfer aus den Kotflügeln brechen zu wollen.
    Es war eine Schnapsidee von Zamorra, ihn hierher zu bestellen.
    Wenn sein Telegramm nicht gar so geheimnisvoll und gleichzeitig vielversprechend gewesen wäre, hätte Bill seinen Flug nach Paris nicht unterbrochen. Ja, er hätte ihn sogar erst zwei Tage später angetreten, denn er mußte erst am Montag in der französischen Hauptstadt sein. Heute war Samstag. Oder schon Sonntag?
    Bill Fleming versuchte seine Uhr abzulesen, doch die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher