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Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger

Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger

Titel: Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Autoren: Jean M. Auel
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des rechten Auges ließ flüchtig an eine dunkle Augenhöhle oder Augapfel denken, und einen Herzschlag lang dachte sie, es sei Creb. Doch der alte Mann vom Clan, der sie zusammen mit Iza großgezogen und sie geliebt hatte, war tot, genauso wie Iza. Wer aber mochte dieser Mann sein, der so starke Gefühle in ihr weckte? Warum saß sie zu seinen Füßen wie eine Clan-Frau? Und wieso hatte er die richtige ClanReaktion gewußt?
»Steh auf, meine Liebe. Wir unterhalten uns später«, sagte der Mamut.
»Du brauchst Zeit, dich auszuruhen und zu essen. Das hier sind Betten – Lagerstätten zum Schlafen«, erklärte er und zeigte auf die Bänke, als sei er sich darüber im klaren, daß man es ihr erklären müsse. »Da drüben liegen noch weitere Felle und Bettzeug.«
Ayla erhob sich anmutig. Der alte Mann, dem nichts Wesentliches entging, erkannte jahrelange Übung in der Bewegung und fügte dies Bißchen an Information dem Wissen hinzu, das er schon jetzt über diese Frau besaß. Aufgrund ihrer kurzen Begegnung wußte er bereits mehr über Ayla und Jondalar als irgend jemand sonst im Lager. Aber er war darin auch im Vorteil. Er wußte auch mehr darüber, woher Ayla kam, als irgend jemand sonst im Lager.
    Der Mammutbraten war zusammen mit verschiedenen Wurzeln, Gemüsen und Früchten auf einem gewaltigen Beckenknochen hinausgetragen worden, damit man das Mahl in der spätnachmittäglichen Wärme im Freien genießen könne. Das Mammutfleisch war genauso wohlschmeckend und zart, wie Ayla es in der Erinnerung hatte; Schwierigkeiten hatte sie jedoch für einen Moment, als das Essen begann. Sie kannte das Protokoll nicht. Bei gewissen Gelegenheiten, zumal bei besonderen Feiern, hatten die Frauen des Clans nicht zusammen mit den Männern, sondern abseits für sich gegessen. Für gewöhnlich hatte man jedoch in Familiengruppen zusammengehockt; doch selbst dann hatten die Männer sich immer zuerst bedient.
    Ayla wußte weder, daß die Mamutoi Gäste dadurch ehrten, daß sie ihnen das erste und wohlschmeckendste Stück anboten, noch daß die Sitte es – als ehrerbietiges Zeichen der Mutter gegenüber – erheischte, daß die Frau den ersten Bissen bekam. Ayla hatte sich zurückgehalten, als das Essen hinausgetragen worden war, war hinter Jondalar hergegangen und hatte sich bemüht, die anderen unauffällig zu beobachten, die verwirrt von einem Fuß auf den anderen getreten waren und darauf gewartet hatten, daß sie den Anfang machte, während sie sich ihrerseits bemühte, sich hinter sie zu stellen.
    Einige Lagerangehörige merkten, was hier vorging, und fingen an, sich darüber lustig zu machen. Ayla jedoch kam das in gar keiner Weise komisch vor. Sie war sich darüber im klaren, daß sie etwas falsch machte; aber sich an Jondalar zu halten half in diesem Falle nicht, denn auch er bemühte sich, sie zum Vortreten zu bewegen.
    Da kam Mamut ihr zur Hilfe. Er nahm sie beim Arm und führte sie zu dem Beckenknochen mit dem in dicke Scheiben geschnittenen Mammutbraten. »Es wird von dir erwartet, daß du dir als erste nimmst«, sagte er.
    »Aber ich bin eine Frau!« wehrte sie ab.
»Gerade deshalb erwartet man das von dir: daß du als erste zulangst. Auf diese Weise bringen wir der Mutter ein Opfer dar, und es ist besser, wenn eine Frau es an ihrer Stelle annimmt als ein Mann. Nimm dir das beste Stück, nicht um deinetwillen,
    sondern um Mut zu ehren«, erklärte der alte Mann.
Erst überrascht, dann von Dankbarkeit erfüllt, sah sie ihn an.
Sie nahm sich einen Teller – ein leicht gewölbtes, von einem
Stoßzahn abgespaltenes Stück Elfenbein, und wählte dann mit
großem Ernst die beste Scheibe aus. Beifällig nickend, lächelte
Jondalar ihr zu. Dann drängten sich die anderen um das Essen,
um sich zu nehmen. Als sie fertig war, stellte Ayla den Teller auf
den Boden vor sich, so wie sie es andere hatte tun sehen. »Ich habe mich gefragt, ob du uns vorhin einen neuen Tanz
gezeigt hast«, sagte eine Stimme dicht hinter ihr.
Als Ayla sich umdrehte, sah sie die dunklen Augen des Mannes mit der braunen Haut auf sich gerichtet. Sie verstand das Wort »Tanz« nicht, aber sein Gesicht war zu einem
freundlichen Lächeln verzogen. Sie erwiderte das Lächeln. »Hat dir jemals jemand gesagt, wie schön du bist, wenn du
lachst?« sagte er.
»Schön? Ich?« Lachend und ungläubig schüttelte sie den Kopf. Jondalar hatte einst fast dasselbe zu ihr gesagt, doch hielt Ayla
sich nicht für schön. Längst bevor sie zur Frau erblüht war, war
sie
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