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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Autoren: Jean M. Auel
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schlang ihren Inhalt hinunter. Andere verstaute sie in der Falte ihres hochgerafften Umhangs; dann kletterte sie wieder hinunter.
    Sie streifte die Füßlinge ab und watete in das schäumende Wasser am Ufer, um die Miesmuscheln, die sie von niedrigen Felsen im Wasser losgebrochen hatte, vom Sand zu reinigen. Blumenähnliche Seeanemonen zogen ihre blütenblattähnlichen Auswüchse ein, als sie versuchte, sie in den Tümpeln zu pflücken, die die Ebbe zurückgelassen hatte. Allerdings waren diese Gewächse von einer Form und einer Farbe, die ihr nicht vertraut waren. So rundete sie ihre Mahlzeit statt dessen mit ein paar Venusmuscheln ab; kleine Vertiefungen im Sand verrieten, wo sie saßen, so daß sie sie leicht ausgraben konnte. Sie machte kein Feuer, sondern genoß die Gaben des Meeres roh.
    Vollauf gesättigt, ließ die junge Frau sich am Fuß der Klippe nieder, um sich auszuruhen, doch dann kletterte sie nochmals hinauf, um einen besseren Überblick über Küste und Festland zu bekommen. Die Arme um die Knie geschlungen, hockte sie auf der höchsten Spitze des Monolithen und schaute über die Bucht hinaus. Der Wind, der ihr ins Gesicht blies, duftete würzig nach dem üppigen Leben, das die See barg.
    Die Südküste des Erdteils zog sich in sanftem Bogen nach Westen. Hinter einem schmalen Saum aus Bäumen bot sich ihr ein weiter Blick auf Steppenland, das sich nicht von der kalten Grassteppe der Halbinsel unterschied; von irgend welchen menschlichen Behausungen keine Spur.
    Da liegt es, dachte sie, das Festland, das nach der Halbinsel kommt. Und wohin wende ich mich jetzt, Iza? Du hast gesagt, da wären Andere, aber ich sehe niemand. Während sie die Blicke über das weite leere Land schweifen ließ, wanderten ihre Gedanken zurück zu jener schrecklichen Nacht vor drei Jahren, in der Iza gestorben war.
    »Du bist nicht vom Clan, Ayla. Du bist ein Kind der Anderen; du gehörst zu ihnen. Du mußt fort, Kind, mußt deine eigenen Leute finden.«
    »Fort? Wohin sollte ich, Iza? Ich kenne die Anderen nicht, wüßte nicht, wo ich sie suchen sollte.«
»Nach Norden, Ayla. Geh nach Norden. Im Norden gibt es viele von ihnen, auf dem Festland hinter der Halbinsel. Du kannst nicht hierbleiben. Broud findet Mittel und Wege, dir wehzutun. Zieh los und such’ sie, mein Kind. Such’ deine eigenen Leute und such’ dir selbst einen Gefährten.«
    Sie war nicht fortgezogen, hatte es nicht fertiggebracht. Jetzt jedoch blieb ihr keine Wahl. Sie mußte die Anderen finden, es gab niemand sonst. Zurück konnte sie nicht; sie würde ihren Sohn nie wiedersehen.
    Tränen rannen Ayla übers Gesicht. Zuvor hatte sie nicht geweint. Ihr Leben hatte auf dem Spiel gestanden, als sie fortgezogen war, und Kummer war ein Luxus, den sie sich nicht leisten konnte. Doch nun, da die Barriere überwunden war, gab es kein Halten mehr.
    »Durc … mein Kleiner«, schluchzte sie und barg das Gesicht in den Händen. Warum hat Broud dich mir weggenommen?
    Sie weinte um ihren Sohn und um den Clan, den sie hatte verlassen müssen; und sie weinte um Iza. Eine andere Mutter kannte sie nicht; dann weinte sie um ihre Einsamkeit und aus Angst vor der unbekannten Welt, die sie erwartete. Aber nicht um Creb, der sie um ihrer selbst willen geliebt hatte – noch nicht. Dieser Gram war zu frisch; sie war noch nicht soweit, sich dem zu stellen.
    Nachdem die Tränen geflossen waren, ertappte Ayla sich dabei, daß sie auf den Schaum der sich unten brechenden Wellen hinabstarrte. Sie beobachtete, wie die heranrollenden Brecher Gischtfontänen in die Höhe schießen ließen und die zerrissenen Felsen umbrodelten.
    Es würde ein Leichtes sein, dachte sie.
Nein! Kopfschüttelnd straffte sie sich. Ich habe ihm gesagt, meinen Sohn könne er mir nehmen und mich zwingen, fortzugehen; auch zu Tode verfluchen könne er mich, nicht jedoch, mich dazu zu bringen zu sterben.
Sie schmeckte Salz, und ein schiefes Lächeln verzog ihr Gesicht. Ihre Tränen hatten Iza und Creb immer durcheinandergebracht. Den Leuten des Clan stieg nicht das Wasser in die Augen, es sei denn, sie wären krank – nicht einmal Durc konnte das. Zwar hatte er viel von ihr, und selbst Laut geben wie sie konnte er – aber die braunen Augen, die Durc hatte, waren Clan-Augen.
    Rasch kletterte Ayla hinunter. Als sie sich die Kiepe auf den Rücken lud, überlegte Ayla, ob sie wohl wirklich schwache Augen hatte, oder ob den Anderen auch Tränen in die Augen stiegen. Dann ging ihr ein anderer Gedanke echogleich
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