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Zwölfender

Zwölfender

Titel: Zwölfender
Autoren: Britta Schröder
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geschickt: Robert mit Stirnlampe, Robert verdreckt in einem Erdloch, Robert und Matías mit ein paar Scherben, einer Karte und zwei Flaschen Bier vor sich.
    Ich sah mir die Bilder lange an.
     
    Auf meinem Zimmer rief ich kurz bei Aaron an. Ich berichtete ihm von meinem Tag und er mir von seinem.
    Dann ging ich leichten Herzens zu Bett.
     
    Heute hat es den ganzen Tag lang geregnet. Schon am Morgen war der Himmel regenschwer.
    Ich stellte die knapp zwanzig Büchsen und Flaschen auf, die ich in den letzten Wochen gefunden habe, setzte mich auf meinen Stein und vertrieb mir das Warten damit, den richtigen Namen für die Farbe des Himmels zu suchen.
     
    Als der Regen losbrach, ging ich ins Zelt und zog meine Sachen aus. Dann stellte ich mich ins Freie und wartete, bis mir das Wasser die Haare durchweicht hatte und mir den Körper hinablief, sodass ich mich waschen konnte.
    Das Gefühl, wieder sauber zu sein, erschien mir weit weniger befriedigend als erhofft.
    Ich suchte Heimat in meinem Anzug.
     
    Immerhin: Für trinkbares Wasser ist erstmal gesorgt.
    Und ich spekuliere auf den einen oder anderen Steinpilz in den nächsten Tagen.

16
    Um 10 Uhr morgens stand ich wieder vor der Jacht. Wenige Minuten nach mir trafen auch Jott und Aki ein. Das Wetter war wie am Vortag: silbergrau, kühl und trocken. Wir stiegen aufs Boot.
    »Ich habe Frühstück mitgebracht«, sagte ich und breitete meine Einkäufe auf dem Deck aus.
    »Was meinst du«, fragte Aki, an seinen Bruder gerichtet: »Könnten wir sie nicht fest engagieren?«
    »Geht leider nicht«, erwiderte Jott. »Sobald sie sich vergessen hat, reist sie weiter.«
    »Stimmt auch wieder«, bestätigte Aki und reichte mir die Hand: »Ich bin übrigens Aki.«
    Auch Jott stellte sich erneut vor.
    »Ihr seid Pfeifen«, sagte ich.
     
    Nach dem Frühstück nahmen Jott und ich uns noch einmal die Kajüte vor. Wir wählten denselben Ablauf wie beim ersten Durchgang und wechselten auch diesmal kaum ein Wort. Aki schraubte weiter an der Spüle.
    Am frühen Nachmittag war alles erledigt.
     
    »Wenn du willst«, schlug Aki mir vor, als wir wieder beisammensaßen, »kannst du heute Abend mit uns essen.«
    »Gern. Wo wollen wir hingehen?«, fragte ich und biss in ein Sandwich.
    »Zu uns nach Hause«, sagte Jott.
    »Es gibt Pfeifengulasch«, ergänzte Aki.
    »Ausgezeichnet«, gab ich zur Antwort.
     
    Ich ging ins Hotel, duschte und zog mich um. Um 18 Uhr trafen wir uns auf dem Parkplatz am Fischereihafen.
    Wir bestiegen einen dunkelgrünen Ford, Aki setzte sich ans Steuer. Die Dachbespannung hing an einigen Stellen lose herunter, und der Motor jammerte bei jedem Brems- und Beschleunigungsvorgang.
    Wir verließen die Stadt und fuhren in eine höher gelegene, verlassene Gegend.
    Ich hätte mich auch fürchten können, allein mit den zwei Männern, aber ich fürchtete mich vor gar nichts mehr. Irgendwo zwischen dem Haus meines Vaters und Antofagasta waren mir nach und nach ein paar Dinge abhandengekommen. Vielleicht war das schon der Anfang des Vergessens.
    Wie in der Bar redete Jott auch im Auto beinahe flüsternd auf seinen Bruder ein. Wie dort konnte ich auch jetzt nicht hören, worum es ging. Ich sah nur Akis gutmütiges Gesicht im Rückspiegel. Manchmal nickte er.
    Nach 20 Minuten bogen wir von der asphaltierten Straße in einen schmalen sandigen Seitenpfad ein. Wir bretterten über eine Hügelkuppe.
    »Von hier aus kannst du es sehen«, sagte Aki.
    Am Ende des Pfades, ungefähr einen halben Kilometer entfernt, stand ein blau getünchtes, zweistöckiges Haus aus dem letzten Jahrhundert. Es war von Palmen und niedrigen Büschen umsäumt.
     
    Wir parkten bei einem alten Brunnen. Erst aus der Nähe sah ich, dass an einigen Stellen die Farbe von der Hausfassade blätterte.
    Es war kühl. Ich strich meine Sachen glatt und folgte den beiden Brüdern. Die Tür wurde geöffnet, vor uns stand eine Frau von etwa sechzig Jahren. Sie winkte ihre Söhne an sich vorbei, begrüßte mich förmlich und schob mich mit einer ungelenken Bewegung in den Eingang.
     
    Im Esszimmer setzten sich die drei auf ihre, so schien es, angestammten Plätze.
    »Bitte«, sagte die Señora und wies mir den Stuhl gegenüber Jott zu.
    Im Haus war es noch kühler als draußen. Ich spürte, wie mir die Kälte von den Bodenkacheln langsam in die Waden kroch. Ich fröstelte. Niemand sagte ein Wort. Eine Weile lang wünschte ich, ich hätte die Einladung nicht angenommen.
    Der Raum war nur spärlich beleuchtet, an den
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