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Zwölf Wasser

Zwölf Wasser

Titel: Zwölf Wasser
Autoren: E. L. Greiff
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Freund derart verkannt zu haben. Schließlich hatte er sich so weit gefasst, dass er sprechen konnte.
    »Also, ich glaube, die Zeichnung bedeutet, dass Wigo selbst die Antwort auf seine Frage gefunden hat. Wo wird Asing zurückkehren? Wo beginnt der Untergang: in Agen oder Pram? Darüber hat er nachgedacht, das wollte er herausfinden. Hier sieht man zwei Punkte, also zwei Städte, aber nur eine Linie. Ich denke, er wollte damit sagen: Es gibt kein Entweder   –   Oder. Beide Städte werden untergehen, ihr Schicksal ist untrennbar miteinander verknüpft: zwei Punkte, eine Linie … und alles ist in Rauch gehüllt. In Agen brennt ein Feuer, das nicht natürlich ist. Pram wird auch brennen   – vielleicht tut es das schon jetzt.«
    Nun war es da. Das Entsetzen flutete Felts Bewusstsein, schwemmte jeden Gedanken weg bis auf einen: Estrid. Estrid und die Kinder. Estrid und die Kinder, im Feuer verbrennend. Er hörte kaum, was Helgend sonst noch sagte, geschweige denn, dass er es begriff.
    »… und jetzt, wo ich es mir so überlege, hat es durchaus Sinn: In der einen Stadt wurde Asing geboren, in der anderen starb sie. Beide Städte setzten große Hoffnungen in die begabte Adeptin, beide Male ist sie schließlich verleugnet und vertrieben worden. Die Legenden um ihr Ende sind zahlreich; AsingsAnfänge sind weit weniger bekannt, selbst ich weiß nicht viel darüber, aber –«
    Er brach ab. Felt hatte auf dem Absatz kehrtgemacht, war schon auf der Treppe nach unten. Fragend schaute Helgend die Unda an. Ihre hellen Augen hatten sich verdunkelt.
    »Was macht er denn?«
    »Er macht sich daran, ein Feuer zu löschen«, sagte sie.
12
    Seit sie den Eldron überquert hatten, lief der Wolf nicht mehr voraus, sondern trabte neben dem Braunen und Babu her. Ausgestattet mit unbekannten dämonischen Instinkten, hatte der Wolf eine seichte, strömungsarme Stelle gefunden und der Braune war ins eiskalte Wasser gegangen und schließlich sogar geschwommen, Babu auf dem Rücken. Das Pferd scheute die große schwarze Bestie nicht und auch Babu spürte keine Angst   – im Gegenteil: In der Nähe des Wolfs fühlte er sich sicher. Er wusste, dieses unheimliche Tier stand ihm dieses Mal zur Seite, würde ihn verteidigen und war nicht ohne Weiteres zu überwinden. Es sei denn, man war ein welsischer Kämpfer mit einem eisernen Willen und einem ungeheuer scharfen, langen Schwert. Doch selbst Felt hätte damals vor der Höhle ohne Juhuts und Babus Hilfe die Wölfe nicht besiegen können. Babu stieß verärgert die Luft aus. Er wollte nun nicht mehr so viel an die Vergangenheit denken, sondern nach vorn sehen.
    Der Braune machte einen stolpernden Seitwärtsschritt und riss Babu damit aus seinen Gedanken. Der Wolf blieb stehen, legte die Ohren an und knurrte tief. Der Erdboden antwortete ihm mit einem Grollen, als gehöre er zu seinem unsichtbaren Rudel. Also wieder ein Beben. Auf der anderen Seite des Flusses hatte Babu nichts gespürt; hier erzitterte der harte Boden mehrmals täglich. Die Stöße waren nicht heftig   – kleine Steine rollten ein Stück oder hüpften ein wenig wie träge Frösche. Der Eldron schlug einige größere Wellen ans Ufer und dann war es vorüber. Das machte Babu keine Angst. Aber was machte ihm überhaupt noch Angst? Er schnalzte mit der Zunge und sein Pferd setzte sich wieder in Bewegung. Voraus, nicht mehr weit entfernt, sah Babu ein Feuer.
    Offensichtlich ein Nachtlager von Reisenden bei der Straße. Den ganzen Tag lang hatte Babu niemanden zu Gesicht bekommen und war einfach der Straße gefolgt, die wie der Fluss von Nord nach Süd verlief. Drüben verschwand das andere Ufer des Eldrons immer mehr im Dunst und Babu vermutete, dass sich dort zu seiner Linken die Schleierfelder ausbreiteten. Wo er genau war, das wusste Babu nicht und es scherte ihn auch nicht; vermutlich weit im Süden. Als er nun aber Menschen sah, als er ein Lachen hörte, da zog es ihn dort hin. Auch weil der Hunger an ihm nagte und ihm schon mehrfach der eingebildete Duft von Lindnussbrot in die Nase gestiegen war.
    Steig ab und vertrau mir, ich bin bei dir.
    Babu tat es und legte dem Wolf kurz die Hand auf den großen Kopf. Das Fell war hart, beinahe scharf wie aufgesplitterter Knochen. Der Wolf setzte sich. Es war besser, wenn er etwas zurückblieb   – dieses Tier war nicht hilfreich, wenn man in der Dämmerung zu Fremden an ein Lagerfeuer treten wollte.
    Es waren vier Männer, deren wenig vertrauenerweckende, geradezu finstere
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