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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt
Autoren: Franz Seinsche
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Finchen. Der Pastor entschied, daß aus den drei Schirmen in Dickendorf ein Postpaket gemacht werden solle. Ludwig müsse eine Entschuldigung an Finchen dazu schreiben und ein Bildchen von Heiligkreuz dazulegen, dann... »wird Hintertuxers Florian das schon nach Biesternich herauf besorgen«, vollendete der kleine Theo. In Klein-Dickendorf durften die »Verstoßenen« wieder zur Mutter Täpper schlafen gehen. Ach, war Frau Täpper froh, als sie »ihre Jungen« und auch den Karo heil und munter wiedersah. Die »Verstoßenen« mußten alles haargenau erzählen, was sie unterdes erlebt hatten, und diesmal flunkerten sie nur noch ein bißchen. Man merkte es kaum. Und wie dann der nächste Tag kam, da waren zur Mittagszeit die Obermauelsbacher wieder in der großen Stadt. Die »Verstoßenen« zeigten den anderen das Kreuz, unter dem sie hatten schlafen wollen. Von den frechen Großstadtbengels war am hellen Tage keiner zu sehen. Wieder marschierten sie über die große Brücke und in den Dom hinein. Dann stieß auch Herbert wieder zu ihnen. Er hatte nur noch ein schönes rotes Pflaster auf dem kurzgeschorenen Hinterkopf kleben. Aber das sah gar nicht schlecht aus. Im Gegenteil, das machte ihn geradezu bedeutend. Die »Verstoßenen« hätten Herbert am liebsten der Reihe nach umarmt. Aber davon wollte der nichts wissen. »Willem hat mir nur einmal geschrieben«, sagte er giftig, »und die Schwester hat mir gesagt, ihr hättet versprochen, jeden Tag zu schreiben .« Da schämten sich die »Verstoßenen«. Aber Willem sagte: »Weißt du, Herbert, es ging einfach nicht. Wenn du erst hörst, was wir alles erlebt haben, wirst du es verstehen !«
    Am Nachmittag war man dann in Hinterkessenich , wo der Pastor wohnte, der auch ein Telefon hatte.
    Ja, und dann kam die letzte Nacht vor Obermauelsbach. Die »Verstoßenen« waren froh, daß sie nicht in der Pinte zu schlafen brauchten, wo es so unheimlich gewesen war, sondern mit den anderen zusammen in einer großen Scheune. Alle Obermauelsbacher überfiel eine seltsame Unruhe. »Heute abend sind wir daheim«, flüsterte der eine dem anderen zu, und als die Prozession auf der Landstraße war, ging es selbst den alten Weiblein, die mitgewallfahrtet waren, kaum schnell genug. »Vorwärts, Brudermeister, vorwärts«, riefen sie, »macht nicht so lange Pausen !«
    Und die Brudermeister hoben gehorsam ihre Stäbe und ließen die Wallfahrt weiterziehen. Zur Mittagszeit waren die Obermauelsbacher glücklich auf der Höhe, hinter der der Weg ins Tal von Obermauelsbach hinunterlief. Hier stand das Dotzweiler Kreuz, von welchem aus die »Verstoßenen« damals beim Ausmarsch die Prozession unten im Tale hatten daherwallfahren gesehen. Nun schauten alle zur anderen Seite von der Höhe aus herab. Da lag das heimatliche Tal im stillen Licht der goldenen Sonne, da schaute der Kirchturm von Ückersdorf spitz aus dem bunten Herbstlaub der Obstgärten, hinter dem Dorf lief die Straße wie ein helles Band durch die Wiesen auf Obermauelsbach zu... Hoh ! der Wind blies wieder über die Höhe, daß die alten Weiblein unter ihren Umschlagtüchern zusammenschauerten. »He, ihr Brudermeister, macht die Mittagsrast nicht zu lang, es ist kühl hier oben, und wir müssen heim !« so riefen sie und bissen herzhaft ins letzte Schinkenbutterbrot.
    »Also weiter denn mit Gott !« sagte der Herr Pastor nach einer Stunde schon. Alsogleich zogen sie die steile Straße hinab nach Ückersdorf . Hell klangen ihre frommen Lieder in den stillen Nachmittag. Jetzt wurde schon der letzte Psalter begonnen. Wenn der zu Ende war, mußte man in Kottenheim sein, und von da war’s nur noch knapp eine Stunde bis Obermauelsbach. Weit bauschten sich die Fahnen im Abendwind, als die Wallfahrer um den letzten Berghang bogen und mit einemmal das hebe Heimatdorf vor ihnen lag, als sie die Dächer über den Baumwipfeln hervorlugen und den Kirchturm hoch darüberstehen sahen. Aber was war denn das? Aus den Turmfenstern wehten bunte Fahnen, ja, auch von den Giebeln der Häuser flatterten sie wie sonst nur an Fronleichnam oder am Kirchweihtag. Und sah man recht? War da nicht gar am Eingang zum Dorf ein großmächtiger Triumphbogen aufgebaut, als wenn der Bischof käme? Der gute Pastor bekam einen gewaltigen Schreck. Da hatten die Obermauelsbacher auch von der Heldentat der drei Lebensretter gehört und wie feierlich sie in Heiligkreuz empfangen worden waren. Gib acht, jetzt bereiten die Obermauelsbacher den Strolchen eine ebensolche
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