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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt
Autoren: Franz Seinsche
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mit ihrer Wallfahrt zusammenschwindelten und wie sie sich sonnten in ihrem zweifelhaften Ruhm. Er sagte sich: Es wird Zeit, daß wir aus den Elfen wieder halbwegs gescheite Obermauelsbacher Dorfjungen machen! Ich werd euch schon wieder kleinkriegen, ihr Strolche! Und als am Abend der Herr Pastor mit seinen Brudermeistern bei einem Glase Bier zusammenhockte, da sprach er: »Liebe Leute, morgen in der Frühe geht’s also wieder heim. Und jetzt haben wir elf Pilger mehr als beim Hinmarsch. Hm! Auf diese Elf gebt mir ja acht! Die sind ein zünftiges Wallfahren nicht gewöhnt, aber jetzt sollen sie es lernen. Ich denk, am besten ist es so, wenn jeder von euch einen oder zwei der Kerle besonders unter seine Fuchtel nimmt. Und daß sie mir andächtig beten und nicht zu oft beisammenstecken !« Die Brudermeister schmunzelten. O, sie waren alle handfeste Bauern, und den Auftrag ihres Pastors, ja, den wollten sie schon aufs Tüpfelchen erfüllen.
    So kam denn der Morgen. Alles Obermauelsbacher Volk hatte nach der Abschiedsmesse, bei der die »Auserwählten« ministrierten und die »Verstoßenen« in den Bänken hocken mußten, noch schnell gefrühstückt und versammelte sich vor der Kirche. Da kamen denn auch unsere »Verstoßenen« an mit ihrem Leiterwagen und mit Karo. Sie dachten, in der großen Wallfahrt wieder ihre eigene Gruppe bilden zu dürfen. Gepfiffen! Der Herr Pastor verteilte sie auf die ganze Prozession unter die Männer und Frauen, immer in die Nähe der Brudermeister. Karo kam zu Frauchen, und der Leiterwagen kam auf den großen Pferdewagen der Prozession, der hinterher fuhr mit dem Gepäck. Und nun ging’s los, das Tal hinab mit kräftigem Gebet und tüchtigem Gesang. Die Fahnen flatterten im Morgenwinde, und die roten Ministrantenröcke der »Auserwählten« leuchteten im Sonnenschein. Alle waren frohen Mutes, denn nun ging es wieder auf Obermauelsbach zu, und mit jedem Kilometer schien die Freude zu wachsen. Selbst die alten Leute kannten kaum Müdigkeit. Bei der großen Mittagspause hofften die »Verstoßenen« wieder zusammenkommen zu können. Aber da wurde nichts draus. Sie mußten bei ihren Vätern und Müttern bleiben, und die Herren Brudermeister hatten eine Unmenge von Aufträgen für sie bereit. Es war zum Heulen, und langsam merkten die »Elf«, was gespielt wurde. Das steigerte ihren Ärger ganz gewaltig. Aber machen konnten sie nichts dagegen.
    Am frühen Nachmittag war man in Hildenfeld . Da wartete auf die »Verstoßenen« die Einladung in die schönsten Betten des Dorfes. Pustekuchen! Die Lebensretter mußten mit den übrigen Männern in eine Scheune und allein die Frauen und Mädchen bekamen ein Bett für die Nacht. Und wieder hieß es alle Augenblicke: »Philipp, geh doch mal...« oder »Emil, hol mir doch...« oder »Theo, du könntest wohl...« Und wenn es der Theo nicht war, dann war’s der Jupp oder der Franz, und wenn’s der Emil nicht war, dann war es eben der Pitt oder der Willem, es war einfach nicht zu ertragen. Und wo auch nur zwei »Verstoßene« bloß für einen Augenblick die Köpfe zusammensteckten, da war auch gleich ein Brudermeister da mit einem neuen lächerlichen Auftrag. Selbst der Herr Pastor dachte schon im stillen, daß es des Guten etwas zu viel sei. Aber, aber...
    Der dicke Emil kam eben wutschnaubend von einem der höchst wichtigen Aufträge seines Brudermeisters zurück. Er hatte dem Mann drei Zigarren kaufen müssen und schimpfte leise vor sich hin... patsch! da flog ein Stein ihm vor die Füße! Emil witterte eben eine neue Biesterei, da sah er, daß der Stein in Papier gewickelt war. Er hob ihn auf und las:
    »Nach der Abendandacht hinter der Kirchhofsmauer! Philipp .«
    Emil tat einen kräftigen Atemzug. »Endlich«, brummte er, »ich hätt’s auch nicht mehr lange ausgehalten .«
    Als er zu seinem Brudermeister kam, stand Ludwig an der Pumpe vor der Schlafscheune und zwinkerte ihn an. Aha! Der wußte also auch Bescheid! Die Andacht wurde Emil viel zu lang. Kaum stimmte der Organist nach dem Segen das Schlußlied an, da drückte Emil sich schon zum kleinen Pförtchen auf der Männerseite hinaus und lief prompt seinem Brudermeister in die Arme. »Ach, schön, daß du kommst, Emil! Könntest mir noch ein Döschen Schwefelhölzchen holen! Hab kein Stück mehr da. Bring sie grad hierher, daß ich mir ‘ne Zigarre anmachen kann !«
    Emil bekam fünf Papiermark in die Hand gedrückt und zog von dannen. Aber keineswegs zum Schwefelhölzchenkaufen, o nein! »Da
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