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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt
Autoren: Franz Seinsche
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nicht allzeit für »das Feierliche« gewesen wäre, hätte er jetzt höchstselbst die »Verstoßenen« hinter die Löffel geschlagen. So aber verschob er das für später und schrie seine Heiligkreuzer an: »Los, marsch, in den Turm und geläutet! Sonst steht der Herr Pastor noch morgen früh vor dem Dorf! Und ihr Lümmel, los, ihr kommt mit mir .« Die »Verstoßenen« ahnten Unheil. »Wir wollten hier bloß beichten, in der Kirche da drin«, klärte Willem jetzt mit sanfter Stimme die Lage. »So«, sagte Klötenich , »ist das vielleicht gebeichtet ?« und seine Hand wies mit großer Geste auf den verlassenen Kampfplatz hin. »Nachher könnt ihr beichten, und ich glaube, daß ihr das auch mächtig nötig habt. Aber erst geht ihr mit mir! Los und ab !«
    Mit gesenkten Köpfen trotteten die »Verstoßenen« hinter Küster Klötenich her zum Dorfanfang hin. Ein geschlagenes Heer! O, weh! Mußte das jetzt erst ein Strafgericht absetzen, wenn die neue Untat dieser Prügelei bei den Obermauelsbachern ruchbar wurde. »Können wir nicht stiften gehen ?« flüsterte der dicke Emil ganz verzweifelt zu Willem hin.

    »Ach, laß doch, Mensch !« seufzte der, »jetzt kommt es doch knüppelhageldick. Mir ist jetzt alles Wurscht !« So trotteten die »Verstoßenen« in ihrer Trübsal daher, indessen die Läutebuben von Heiligkreuz ebenso niedergeschlagen die Turmleitern hinaufkletterten. Das war bitter für sie, nun auch noch diesen »hergelaufenen Drecksäcken« die Glocken läuten zu müssen zu feierlichem Empfang! Aber Küster Klötenich war ein zu gestrenger Herr. So hingen sich die Läutebuben an die Stricke und ließen ihren ganzen Bubenzorn an den armen Glocken aus. Die klangen wie noch nie!
    »Hoho! jetzt läutet’s !« rief der Herr Pastor Gais von Heiligkreuz. »Gleich werden die Buben kommen !« Und die ganze feierliche Versammlung vor dem Dorfe geriet in kribbelnde Erregung. Man reckte die Hälse, stellte sich auf die Zehenspitzen und spähte den Weg nach Talleiten hinab. Die Fahnenträger setzten ihre Banner in die ledernen Tragehülsen, die Dorfmusik feuchtete die Trompeten an. »Seht ihr sie f Kommen sie ?« riefen die, die nicht vorne standen. Ein paar Frauen wischten sich jetzt schon vor Rührung mit dem Taschentuch die Augen aus. »Die heben Jungen, ach, die prächtigen Buben !« schluchzte Frau Knisterpott aus Obermauelsbach und nahm schnell noch einen Schluck aus ihrem Milchfläschchen.
    »Jawohl! Hier sind sie schon !« ertönte in diesem Augenblick von hinten her ins helle Glockengeläute eine mächtige Männerstimme. Mit gewaltigem Arm teilte Küster Klötenich den Volkshaufen auseinander, und durch die Gasse der maßlos überraschten Festversammlung zog nun von rückwärts het die Bubenwallfahrt von Obermauelsbach auf die HerrenPfarrer los. Wie arme Sünder auf dem letzten Gang schlichen sie durch den Volkshaufen nach vorne hin. Man riß die Augen auf, man war entsetzt. Was da angekrochen kam, das war ein armseliges Häuflein verschüchterter Buben, aber keine tapferen Helden und Lebensretter. Und wie sahen sie aus > Der letzte Kampf hatte zu den alten Narben neue Wunden hinzugefügt. Das Haar war zerzaust, die Kleider zerdrückt und verdreckt, die Schuhe voller Lehm, dann der Leiterwagen, und der humpelnde Karo erst! Ein paar Heiligkreuzer begannen zu lachen. Vorne drehte sich der Herr Pastor um, als er hinten das Volksgemurmel hörte. Was war denn das für eine Störung? Und dann stand die erwartete Wallfahrt vor ihm.
    »Wo kommen die denn her ?«
    Der Herr Pastor setzte den Kneifer auf und musterte maßlos überrascht das arme Häuflein verwahrloster Buben, das da vor ihm stand. Das konnte doch nicht...!
    »Doch !« sagte der Pastor von Obermauelsbach, »sie sind es!« Alle Eltern schämten sich. »In Gottes Namen denn !« sagte Pastor Gais , nahm den Weihwedel und spritzte die »Verstoßenen« mächtig mit geweihtem Wasser an. »Hier besonders nötig !« seufzte er dabei vor sich hin. In diesem Augenblick dröhnte die Blasmusik auf, und schon sang alles Volk:
    »Lobt froh den Herrn, ihr jugendlichen Chöre! Er höret gern ein Lied zu seiner Ehre .«
    Das klang nun so feierlich in das Geläute der Glocken hinein, und die Nachmittagssonne warf dazu ein so strahlendes Licht über Tal und Berge, daß selbst die schuldbeladenen »Verstoßenen« in diesem Augenblick ihre müden Gesichter hoben. Als der kleine Theo als erster begann mitzusingen, da fielen auch die anderen mit ihren rauhen Stimmen ein in das
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