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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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Sie denn bloß ?« fragte Willem.
    »Heu will ich für die Geißen. Jetzt hab’ ich es satt, euch schlafen zu lassen! Jetzt kann das Biest bellen, so laut es will, ist mir Wurscht ! Aber ihr seid ja auch wach !«
    »Wollten Sie auch in der Nacht Heu haben ?« fragte Willem. — »Ja, freilich!«
    »Weshalb haben Sie denn keins genommen ?«
    »Nun, wegen dem Hundevieh da, das hätte ja alle wach gebellt, und ihr wart ja doch alle so müde, daß ihr bald umfielt !«
    »So, Sie wollten uns nicht wachmachen? Das war aber nett von Ihnen !«
    » Nuja , meine Mutter hat so gesagt. Aber nun muß ich Heu haben, die Geißen haben mächtig Hunger !«
    »Und ich mal erst !« sagte der kleine Theo aus seiner Heumulde heraus, »mir rubbelt schon die ganze Nacht der Bauch, und ich meine, wir sollten jetzt wirklich aufstehen, damit wir auch was zu essen kriegen!«
    Eine halbe Stunde später stand die gesamte Wallfahrt der »Verstoßenen« um die Pumpe des Hofes herum und wusch sich. Dabei wurden einige Mängel in der Prozessionsausrüstung deutlich bemerkbar. Keiner hatte ein Stück Seife bei sich, keiner ein Handtuch, ein halber Kamm mit vielen Lücken mußte für alle herhalten. »Waschen können wir uns ja auch zu Hause genug«, meinte der rote Philipp, »jetzt geht es auch mal so«, und er hielt die Finger unter den Wasserstrahl der Pumpe und rieb sie durchs Gesicht. » Nuja , du hast ja Sommersprossen, da sieht man den Dreck sowieso nicht«, meinte Ludwig, der es mit der Sauberkeit etwas genauer nahm und den ganzen Kopf unter die Pumpe hielt. Bloß hatte er nicht mal ein Taschentuch, sich abzutrocknen, und tat es deshalb mit dem Hemdärmel. Dann kam das Morgengebet. Willem, der daran dachte, daß er gestern morgen bei »Alles meinem Gott zu Ehren« nicht weitergekommen war, schlug vor, das Vorbeten umgehen zu lassen. »Heut ist Theo dran«, sagte er, in der Hoffnung, der kleine Kerl wage nicht zu streiken. Aber Theo streikte heftig. »Das kann ich nicht. Aber Emil soll mal beten, vielleicht meckert er dann nicht mehr so arg !« Der dicke Emil wollte auch nicht. Schließlich blieb es doch an Willem kleben, weil er ja nun doch der »Hauptmann« sei, wie Jupp erklärte. Da kam Willem eine ganz großartige Idee: »Schön«, sagte er, »ich weiß ja nicht, weshalb die Hauptmänner vorbeten sollen, aber mir soll’s recht sein. Also los, stellt euch mal hier rum !« Eine solche Aufforderung zum Morgengebet kam den »Verstoßenen« zwar etwas seltsam vor, aber gehorsam kamen sie alle heran. Der kleine Theo brachte auch das Vortragskreuz mit. Nun standen sie da und sahen Willem an. »Nun mach doch voran !« sagte der dicke Emil, als Willem noch eine Weile stumm dastand. Da machte dieser groß und andächtig das Kreuzzeichen, jetzt kam ein so seltsames Gebet über seine Lippen, daß alle »Verstoßenen« nicht wußten, ob es ganz Ernst oder Spaß sein sollte. Aber Willem schaute so bitter ernst drein und hielt die Hände so andächtig gefaltet, daß trotz seines knallroten Gesichtes kein Zweifel sein konnte, wie er es meinte: »Lieber Gott, wir danken Dir recht herzlich für die vergangene Nacht. Du hast uns gut beschützt. Ich habe aber trotzdem die ganze Nacht nicht schlafen können, weil ich Angst hatte. Und ich bin bange, daß ich in den nächsten Tagen noch mehr Angst kriege, wenn es so weitergeht. Darum glaube ich, bist du sicher damit einverstanden, daß wir uns jetzt gleich an die Obermauelsbacher Wallfahrt heranmachen und mit der zusammen nach Heiligkreuz weiterwallfahren . Hilf uns deshalb, daß wir keine Senge kriegen, daß sie uns nicht nach Hause schicken, sondern weiter mitnehmen. Erleuchte den Herrn Pastor, daß er gut gelaunt ist, und erleuchte uns, daß wir alle einsehen, daß es so das Beste ist und nicht anders geht. Amen.« Wieder kam ein großes andächtiges Kreuzzeichen, und dann gab es einen gewaltigen Krach.

    »Du bist wohl knatschverrückt geworden«, schrie Ludwig der Müllerssohn , und seine kleinen Äuglein funkelten giftig. » So’n Gebet! Die anderen hauen uns den Buckel voll, setzen uns auf die Eisenbahn und jagen uns heim .«
    » Eisenbahnfahren ist aber auch ganz schön«, sagte der kleine Theo, »da kriegten wir auch Spaß !«
    »Quatsch nicht so dumm«, fuhr ihn der rote Philipp an, »es wird weiter gewallfahrtet , das wäre ja noch schöner !«
    »Und überhaupt«, krakeelte der dicke Emil los, »Angst haben! Kinders , der Hauptmann hat Bange, er will bei Mutti, weil er nicht schlafen kann, und da

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