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Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt

Titel: Zwoelf Verstossene auf Wallfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Seinsche
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sollen wir schön mit. So siehste aus!« Und dem dicken Emil wurde heftig zugestimmt. »Nee, das geht wirklich nicht, Willem«, sagte selbst Herbert, »du mußt vernünftig sein !«
    »Ich bin aber nicht vernünftig«, schrie der angefeindete Hauptmann zurück, und alle sahen, daß er richtige Tränen in den Augen hatte, »ich tu nicht mehr mit! An mir hängt nachher der ganze Schlamassel. Und wenn was passiert, muß ich es ausfressen, weil ich den ganzen Kram angefangen habe! Und nicht mal vorbeten wollt ihr...« und weiter fiel ihm nichts mehr ein. Das war aber auch nicht nötig. Denn mit einem Male öffnete sich die Haustüre der Wirtschaft. Eine mächtig dicke Frau mit einem sehr gutmütigen Gesicht wurde sichtbar und sagte: »Nee nee , Kinders , dat dürft ihr nun nicht machen, wenn ihr auf Prozession seid! Da zankt man sich doch nicht! Und nun kommt ihr mal rein und trinkt lecker Kaffee. Dann geht ihr schön weiter, und es kostet auch nichts !«
    Pause! Die »Verstoßenen« sahen sich einen Augenblick schweigend an. Dann kommandierte der rote Philipp: »Los, ran an die Kartoffeln !« - Und es war Waffenstillstand.
    Der Kaffee dampfte aus dickbauchigen Tassen, mächtige Schnitten Bauernbrotes mit Schinken und Wurst saftig belegt: das war das Rechte für die »Verstoßenen«. »Sag doch selbst«, kam es aus dem gewaltig kauenden Munde des roten Philipp mühsam heraus, »so ‘ne Wallfahrt ist doch ein Vergnügen. Meinst du, wenn wir zu den anderen kämen, kriegten wir das auch noch ?« Und Ludwig fügte hinzu: »Wenn das so weiter geht, dann bringen wir unsern Leiterwagen wieder voll heim !«
    »Bloß, daß die Limonade alle ist !« meinte Jupp. »Was denkst du, Willem ?«
    Willem tat immer noch sehr unfreundlich. Aber mit jedem Bissen Brot und jedem Schluck Kaffee spürte er, wie ihm besser wurde. Sehr widerstrebend mußte er jedoch selbst gestehen: Auf einmal ging das Wallfahren wieder ganz prima. »Wir werden ja sehen«, antwortete er einstweilen diplomatisch. Nachdem alle Jungen sich an Mutter Habekorns — so hieß die Wirtin — Kaffee gestärkt und einschließlich Willem und Herbert ihr Haus für recht gemütlich erklärt hatten, wurde Karo, der auch satt geworden war, vor den Leiterwagen gespannt, und nun ging es wieder los. Es war aber auch recht spät geworden. Als sie nach zehn Minuten ins nächste Dorf kamen, war die Prozession der Obermauelsbacher natürlich längst über alle Berge, aber selbst Willem war darüber jetzt weiter nicht betrübt. Er fand es ganz in Ordnung, daß sie alle bei einem kleinen Kapellchen, das gleich hinter dem Dorfe dicht am Wege stand, auf Philipps Vorschlag haltmachten zu einem richtigen Morgengebet. Er sagte: »Das Gebet von Willem war heut morgen doch komisch, und außerdem ist es billig und recht, sich für Mutter Habekorns Kaffee durch ein eigenes „Vaterunser“ erkenntlich zu zeigen .« Dem stimmten alle, auch Willem, zu.

Es wird abgekocht

    Der 4. Oktober war ein so sonnenheller, himmelklarer Herbsttag, daß der heilige Franz sicher seine größte Freude daran hatte. Auch die zwölf kleinen Vagabunden, die da mit Kreuz und Leiterwagen singend und betend über die Landstraße wanderten, werden dem frohen Heiligen an seinem Namensfeste ganz sicher ein rechtes Vergnügen bereitet haben. Wenn alle die kleinen und großen Mißgeschicke, die diese zwölf Buben ausgerechnet an diesem 4. Oktober erlebten, doch noch zu einem guten Ende kamen, dann wird der heilige Franz, den wir ja neben dem heiligen Christophorus kühnlich den Schutzpatron aller Tippelbrüder und Wandervögel nennen dürfen, ein gut Teil mit dafür gesorgt haben. Einstweilen aber ging es den »Verstoßenen« recht leidlich. Sie waren satt, sie waren im großen und ganzen ausgeruht, und wenn auch die Beine noch ein wenig steif und müde waren, mit der Zeit kamen sie doch wieder in den rechten Trott. Von Dorf zu Dorf sorgten sie durch geschicktes Nachfragen, daß sie der Obermauelsbacher Wallfahrt auf der Spur blieben, die ihnen mit einem Vorsprung von gut zwei Stunden voranzog. Sie waren alle guter Dinge, sie beteten den Rosenkranz, sie sangen alle Lieder aus dem Diözesanbuch, die sie singen konnten. Es war Mittag, ehe sie es recht gemerkt hatten. Und nun sollte Mittagsrast sein. »Dabei kochen wir nun auch ein richtiges Mittagessen«, entschied Willem, der wieder ein ganz zufriedener Hauptmann war. Alles machte sich prächtig. Gleich hinter einem Dorf, durch das die Obermauelsbacher vor anderthalb

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