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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition)
Autoren: Kristin Hannah
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Mit Bartschatten an seinem markanten Kinn sah er verführerisch wie ein Rockstar aus.
    Sie gab ihm einen Becher mit Kaffee.
    Begierig griff er danach. »Danke.«
    »Du siehst müde aus«, stellte Jolene fest und presste sich an ihn. Er lehnte sich an die Küchentheke und stellte den Becher ab, um sie am Po zu packen und an sich zu drücken.
    »Ich bin auch müde«, meinte er grinsend. »In letzter Zeit krieg ich nicht viel Schlaf.«
    »Ist ja ekelhaft«, bemerkte Betsy vom Tisch aus.
    Lulu setzte sich auf und sah sich um. »Was ist ekelhaft?«
    Jolene lachte, löste sich von ihm und vollbrachte eine ziemlich gute Drehung auf ihrer wuchtigen Prothese. Sie gab den Mädchen Orangensaft und fing an, die Pausenbrote zu machen.
    Michael küsste die Mädchen zum Abschied und ging nach oben duschen. Jolene absolvierte ihre Morgenroutine mit einer Leichtigkeit, die ihre Nervosität Lügen strafte.
    Die ganze Woche hatte sie versucht, nicht zu hohe Erwartungen wegen ihrer neuen Prothese aufkommen zu lassen. Wiederholt hatte sie sich gewarnt, nicht zu viel zu erhoffen, und bis heute Morgen war ihr das ehrlich gesagt auch ziemlich gut gelungen.
    »Viel Glück«, sagten ihre Töchter, als sie das warme Haus verließen und die nasse Einfahrt hinunter zu dem gelben Schulbus rannten, der auf sie wartete. Jolene winkte ihnen von der Veranda nach, bis der Bus um die Kurve gebogen war.
    Sie spürte, wie Michael hinter ihr näher kam. »Hey, du«, sagte er, fasste sie an den Schultern und küsste sie auf den Nacken. »Bist du bereit?«, fragte er.
    Sie drehte sich zu ihm um. »Seit Monaten.«
    »Dann lass uns aufbrechen.«
    Sie stiegen in den Wagen und fuhren los. Auf dem Weg zum Rehazentrum starrte Jolene hinaus auf den strömenden Regen. Ihre Hoffnung war wie ein Aufzug, der sich von den Kabeln losgerissen hatte. Sie spürte, wie sie mit ihm in die Tiefe stürzte.
    Im Rehazentrum trafen sie Conny am Empfang.
    »Hallo, hallo, jetzt sehen Sie nur, wie gut Sie schon auf diesem hässlichen Plastiktrumm laufen können.«
    »Sie haben doch gesagt, er wäre gar nicht so übel«, zog sie ihn auf.
    »Das war gelogen.« Er hielt ihr die Hand hin. »Kommen Sie.«
    Die drei gingen den breiten, hellen Gang zur Prothesenfertigung hinunter.
    Jolene roch Plastik. An den Wänden hingen künstliche Arme, Beine, Hände und Füße.
    »Jolene Zarkades ist da!«, rief Conny ins Hinterzimmer.
    Kurz darauf kam eine Asiatin mit einem künstlichen Bein zu ihnen.
    Jolene sah es staunend an. Es war wohlgeformt, fast hübsch und hatte einen beweglichen Fuß, mit dem man auch hohe Schuhe tragen konnte.
    Conny nahm es der Frau ab und kniete sich vor Jolene hin. Er schnallte ihr das schwere, sperrige Provisorium ab und warf es beiseite. Da die Schwellung ihres Oberschenkels in den letzten Monaten immer weiter zurückgegangen war, hatte sie immer mehr Gelüberzüge anziehen müssen, damit die Prothese noch passte. Jetzt streifte Conny auch diese ab und ließ sie auf einen Haufen fallen, bis nur noch einer übrigblieb. Den glättete er sorgfältig, bis keine Fältchen mehr da waren. Dann passte er Jolene die neue Prothese an.
    »Wow«, sagte sie kopfschüttelnd. Natürlich sah man, dass es ein künstliches Bein war, trotzdem wirkte es täuschend echt. Sie machte einen Schritt und staunte, wie leicht und mühelos das ging. »Es ist fast, als hätte ich mein altes Bein zurück.« Sie sah Michael mit glänzenden Augen an. »Damit könnte ich sogar tanzen.« Sie wandte sich zu Conny. »Darf ich joggen?«
    »Immer eins nach dem anderen, Jolene«, erwiderte Conny sanft.
    In der nächsten Stunde arbeitete Jolene mit Conny im Physiotherapieraum, während Michael sich Notizen für eine Zeugenaussage machte.
    Jolene entdeckte, dass sie sogar hüpfen konnte. Sie war seit ihrer Kindheit nicht mehr gehüpft, aber jetzt konnte sie nicht damit aufhören. Sie lachte so oft und so laut, dass die anderen Patienten sie wahrscheinlich für verrückt hielten, aber das war ihr egal.
    »Gut, Jolene«, sagte Conny am Schluss. »Es war schön, Sie kennengelernt zu haben.«
    Jolene spürte einen Kloß im Hals. Wie sollte sie diesem Mann, der jeden Schritt ihres Weges für sie da gewesen war, jemals danken? Sie ging zu ihm. Dabei fühlte sie keinerlei Schmerz und musste kaum humpeln. »Sie waren mein Retter, Conny. Ohne Sie …«
    »Nein, das waren Sie ganz allein, soldier girl . Sie haben das Herz eines Champions.« Er küsste sie auf die Wange. »Sie werden mir fehlen, aber machen Sie jetzt
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