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Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Zwischen Pflicht und Sehnsucht

Titel: Zwischen Pflicht und Sehnsucht
Autoren: Deb Marlowe
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Selbstverachtung getrieben, von sich gestoßen hatte. Noch bevor er fertig war, hatte er selbst Tränen in den Augen. Er blickte seine Mutter an, um ihre Reaktion zu sehen.
    Sie starrte in mit liebevoller Verzweiflung an. „Ich hätte nie gedacht, dass du so ein Einfaltspinsel bist, Charles. Ich schwöre, ich nehme jedes verzeihende Wort zurück, wenn du nicht sofort dieses Mädchen zurückholst“, drohte sie.
    „Das werde ich. Versprochen. Aber erst muss ich noch etwas anderes tun.“

19. KAPITEL
        
    Der Pinsel war über das Blatt hinausgeglitten. Sophie bemerkte es erst, als ihre lustlosen Striche einen tiefblauen Fleck auf ihren Zeichentisch zauberten.
    „Ach …“ Angewidert warf sie den Pinsel weg und suchte nach dem Lösungsmittel.
    Forsch wurde an die Tür geklopft, und Nell trat mit einem Tablett ein. Sie stellte es ab. „Nicht schon wieder.“ Das Mädchen seufzte. „’tschuldigung, Miss, aber vielleicht sollten Sie sich mal lieber drauf konzentrieren, was zu essen, bevor Sie arbeiten. Sonst sieht ihr Tisch bald aus, als wäre Klein Edward dran gewesen.“
    „Danke, Nell. Du könntest recht haben.“ Sophie setzte sich auf den Stuhl, den Nell ihr hinschob, aber sie aß nicht. Sie konnte nichts essen, sie konnte nicht arbeiten, und sie konnte sich nicht überwinden, Besuche zu empfangen oder zu machen. Alles, was sie geschafft hatte, seit sie in Emily Lowders Haus in London zurückgekehrt war, war, an ihrem Tisch zu sitzen, aus dem Fenster zu starren und sich zu fragen, ob Charles zur Besinnung kommen würde.
    Sie rieb sich die Schläfen. Langsam sah es so aus, als würde er das nicht. Sie weigerte sich zu weinen; seit sie Sevenoaks verlassen hatte, hatte sie das schon zu oft getan.
    „Miss?“ Nell stand vor ihr und sah besorgt aus, wie so oft in letzter Zeit. „Darf ich Ihnen eine Tasse Tee einschenken?“
    „Ja, natürlich.“ Sophie versuchte zu lächeln und nahm die Tasse, vergaß aber zu trinken. Sie musste anfangen, Pläne für die Zukunft zu machen. Sie hatte einige schmeichelhafte Angebote verschiedener Kunstausschüsse erhalten. Mateo hatte seine Einladung wiederholt, sie nach Philadelphia mitzunehmen. Nur als Cousine, hatte er augenzwinkernd gesagt. Sie sollte wenigstens darüber nachdenken.
    Der Tee war kalt geworden, als Nell etwas später zurückkam. Kopfschüttelnd nahm das Dienstmädchen Sophie die Tasse aus der Hand. „Es ist Besuch unten. Für Sie, Miss.“
    „Oh nein. Ich bin nicht in der Verfassung, jemanden zu empfangen. Bitte, sag einfach, ich bin nicht da.“
    Nell nahm ihre Hand und zog sie auf die Füße. Sie ordnete ihr Haar und zupfte ihr Kleid zurecht. „Oh, den wollen Sie bestimmt sehen. Glauben Sie mir, Miss.“
    Verwirrt ging Sophie nach unten. Nells Verhalten sagte ihr, dass es nicht Charles sein konnte. Sie war nicht sicher, ob das Mädchen sich freuen oder ihm eins mit der Bettpfanne überziehen würde, wenn er auftauchte.
    Ein fremder Mann saß in Emilys Salon. Er erhob sich, als Sophie eintrat, und verbeugte sich nervös.
    „Miss Westby.“
    „Sir.“ Sie knickste. „Ich fürchte, ich kenne Sie nicht.“
    „Mills, Ma’am. Ich bin der Herausgeber des ‚Augur‘. Sie kennen die Zeitung vielleicht?“
    „In der Tat.“ Sie hob eine Augenbraue. Dieser Mann wollte doch nicht etwa über sie schreiben? Nein, die Dienerschaft hätte nicht zugelassen, dass man sie derart belästigte.
    „Ah, gut. Nun, dann wissen Sie, dass ich mit Lord Dayle zu tun hatte?“
    Sophie stockte der Atem. „Nein, das wusste ich nicht.“
    „Oh. Nun ja, ich hatte mit ihm zu tun, und er bat mich darum, Ihnen dies zu geben.“ Er reichte ihr eine Ausgabe seiner Zeitung.
    Sie warf einen Blick darauf. Die Überschrift nahm die halbe Seite ein.
Lord Dayles politische Karriere beendet
    Sophie sah erschrocken auf, aber der Mann war schon verschwunden. Sie schlug die Zeitung auf, um weiterzulesen.
Gerüchte besagen, der schwer mitgenommene Charles Alden, Viscount Dayle, habe genug von Skandalen und Verunglimpfungen. Aus gut informierten Kreisen war zu erfahren, er werde das Stadtleben aufgeben, aus der Partei austreten und auf seinen Sitz im Parlament verzichten. Er will sich auf seinen Landsitz zurückziehen, heißt es, um Moosbeeren zu züchten und mit der Hilfe des Universalgenies William Geißbock Ziegenkäse herzustellen.
    Sophie lachte laut auf. Sie blätterte um. Die restlichen Seiten waren leer. Aber etwas fiel heraus und landete zu ihren Füßen: ein Fliederzweig und eine
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